Kapitel 78: Rührselig

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„Wahrscheinlich wäre Remus zu ihm geflüchtet", Tonks lachte traurig, stellte sich vor, wie die beiden Männer zusammen in der Küche in dem alten, kalten Haus sitzen und darüber diskutieren würden, wie kindisch Remus Verhalten war, „Sirius war immer seine Bezugsperson... auf ihn hat er immer gehört.."
Hermine erinnerte sich an den Moment im Ministerium, als Remus keine Sekunde gezögert hatte zu Harry zu rennen und ihn festzuhalten, ihm eine Stütze zu sein, als ihm selbst sein Halt entrissen wurde.
All das fühlte sich an, als wäre es vor hunderten Jahren passiert.
„Hat er mal darüber geredet?", fragte sie leise, versuchte sich vorzustellen, wie Remus sich gefühlt haben musste.
Tonks nickte langsam, „wir haben viele Nächte zusammengesessen und geredet... zusammen geweint... ich glaube nur McGonagall weiß so wirklich, wie stark dieses Band zwischen Remus und Sirius war, auch mit ihr hat er einige Male gesprochen."

Es war nicht fair, nichts davon.
Weder Sirius Leben noch das von Remus und so sehr Sirius Tod ihrer aller Leben auch verdunkelt hatte, zumindest Remus hatte mit Tonks nun einen Grund zu kämpfen, einen Grund, der ihm verdeutlichte, dass er nicht allein war und dass es sich lohnte weiter zu machen.
Tonks nahm einen tiefen Atemzug, „okay.. genug Trübsinn geblasen. Wir lenken uns jetzt ab... ich hab da von Fred und George einen Prototypen für ein neues Spiel bekommen... hast du Lust das auszuprobieren?"
„Unbedingt!", Hermine war ganz froh, dass Tonks die Kraft hatte ihre Melancholie, die Sorgen und Ängste selbst zu überwinden, sah ihr dann dabei zu, wie sie eine große Schachtel aus einer Schublade des Wohnzimmerschranks zog und auf den Tisch legte und das Spiel aufbaute.
Hermine schnappte sich die Anleitung, las sie mindestens dreimal durch und hatte immer noch keine Ahnung, was genau sie da eigentlich spielen würden.

Tonks nahm ihr die Anleitung aus der Hand, „ich glaube das ist eine Mischung aus Koboldstein und Zauberschnippschnapp..."
„Und was machen die Schachfiguren dann da?", Hermine sah fragend auf die Figuren, die sich in einem Kreis versammelt hatten und offenbar selbst Koboldstein spielten, bis eine der Figuren die andere anfing zu schubsen und sich auf sie warf, die anderen drum herum feuerten sie an.
„Hey!", brüllte Tonks, klopfte auf das Spielbrett, „Hört auf damit, wir müssen hier erstmal durchsteigen..."

Die nächsten Stunden verbrachten die beiden Frauen damit das Spiel zu studieren, zu spielen, daran zu verzweifeln und am Ende in Gelächter zu verfallen, weil offenbar niemand, nicht einmal die Figuren, irgendeine Idee hatte, was der Sinn und die Handhabung des Spiels waren.
Hermine strich sich lachend die Tränen aus den Augen, nahm dann einen tiefen Atemzug, „Ich mach mich langsam auf den Weg", sie sah auf ihre Uhr, es war mittlerweile Abend geworden und die Dunkelheit schob sich langsam, aber sicher über die Straßen.
„Ich bringe dich nachhause.", Tonks hatte sich mittlerweile auch wieder beruhigt.
„Das ist nicht nötig", Hermine winkte ab, „ich-"
„Mine, bitte...", Tonks gab ihr einen eindringlichen Blick, „du glaubst doch nicht, dass ich dich alleine durch London laufen lasse... ausgerechnet dich?"
Hermine wollte protestieren, aber sie hatte kein Argument, was stark genug wäre Tonks davon abzuhalten, natürlich war es gefährlich, allein, wovon Tonks ausging und ausgehen musste.
Sie hatte ja keine Ahnung, dass Hermine nur auf Severus wartete und dieser wahrscheinlich schon bei Fred und George auf und ab lief.
Jeder Protest wäre zwecklos gewesen und so gab sie sich geschlagen, nickte und stand auf, Tonks war bereits an der Tür, hatte den Zauberstab griffbereit, öffnete diese und sah geradewegs in das Gesicht von Remus, der ziemlich zerknautscht und nachdenklich vor ihr stand, Severus im Hintergrund.

Tonks stand wie versteinert vor ihm, schlang dann, als sie aus ihrer Trance aufwachte, ihre Arme um seinen Hals und drückte ihn so weit an sich, dass Hermine dachte, sie würden zu einer Person verschmelzen.
„Es tut mir leid", flüsterte er, hatte seine Arme ebenfalls um sie geschoben.
„Ich bin so froh, dass du wieder da bist", wisperte Tonks, löste sich von ihm und gab ihm einen Kuss, den er nur zu gern erwiderte.
Hermine beobachtete die ganze Situation mit einem erleichterten Lächeln, erkannte Severus im Hintergrund, der dem ganzen mit undefinierbaren Ausdruck zusah, er war froh und besorgt und irgendwie ergriffen, dachte über seine eigene Lage nach und nahm dann schließlich Hermines Blick wahr, der auf ihm lag.
„Severus hat mich zur Vernunft gebracht", meinte Remus, zog damit nicht nur Hermines Aufmerksamkeit auf sich, sondern auch die von Tonks.
Fragend löste sie sich von ihm, sah dann an Remus vorbei zu Severus, der immer noch kein Wort sagte.
„Seht mich nicht so an...", sagte er dunkel, deswegen beanspruchte er nie die guten Taten für sich, er hasste es im Mittelpunkt zu stehen.
„So langsam entwickelst du dich zu einem wirklich guten Kerl, Severus", schmunzelte Tonks, schob Remus in die Wohnung, sah dann dankbar über ihn, „bitte bleib ein wenig... wir könnten zusammen zu Abend essen...oder Hermine?", fragte sie, sah dabei bittend zu der Braunhaarigen.
„Ich bin die letzte, die dem Professor ein Abendessen verwehrt nach so einer guten Tat.", lächelte Hermine, Tonks quietschte leicht.
Severus nahm einen tiefen Atemzug, sah zwischen Hermine, Tonks und Remus hin und her und stimmte schließlich augenverdrehend zu, wurde dann von Tonks ins Wohnzimmer gezerrt, die ihn sofort auf die Couch schob, Hermine daneben und dann in der Küche verschwand.
Remus setzte sich derweil auf seinen Sessel, schloss die Augen, er sah aus als würde ein Stein von ihm abgefallen sein.
„Danke, Severus...", meinte er leise, „du hast einiges gut bei mir."
„Schon gut, Lupin...", Severus nickte, räusperte sich, er wollte das Ganze nicht zu emotional werden lassen, diese Situation war sowieso schon sehr merkwürdig.
Hermine lächelte zwischen den beiden Männern hin und her, „darf ich fragen, wo der Professor dich gefunden hat, Remus?"
Severus schürzte die Lippen, Remus sah ein wenig angespannt zu ihr, „sagen wir einfach, dass... es kein... schöner Ort war. Deshalb bin ich ihm umso dankbarer, dass er mich dort aufgegriffen hat."
Ein wenig besorgt musterte Hermine den Schwarzhaarigen neben sich, der ihren Blick natürlich spürte, sich aber nichts anmerken ließ, „in diesen Zeiten sollte sich niemand in Gefahr bringen... weder du noch Sie!", mahnte sie die beiden Männer.

Unsicher sah Remus zwischen Hermine und Severus hin und her, sie warf ihm weiter anklagende Blicke zu und er versuchte diese geflissentlich zu ignorieren.
„Ich... werde mal Tonks in der Küche helfen...", Remus stand auf, ging an den beiden auf der Couch vorbei und verschwand in der Küche.
Als sie sich sicher war, dass Remus in der Küche verschwunden war, drehte sie sich zu Severus, „was ist passiert?"
„Später..", flüsterte er dunkel.
„Geht es dir gut?", sie rutschte ein wenig näher, suchte seinen Blick und fand ihn, als sie ihre Hand auf sein Knie legte.
Severus angespannter Blick huschte zur Küche, er wollte unter allen Umständen verhindern, dass ausgerechnet Tonks und Remus die ersten wären, die von dieser Verbindung Wind bekämen, „es geht mir gut, ich erzähle es dir später.", versprach er, umschloss ihre Hand, drückte sie mit einem kleinen Lächeln und schob sie dann von seinem Bein, gerade im richtigen Moment, als Remus mit vier vollen Gläsern ins Wohnzimmer huschte.
„Tonks hat etwas zu trinken gemacht... fragt mich nicht, was das ist...", stoppte dann, als er die beiden sah, „alles in Ordnung?"
Hermine sprang auf, „alles gut... ich... helf dir, warte...", nahm ihm dann umständlich zwei Gläser ab, stellte sie dann zu Severus und sich und sah Remus dabei zu, wie er wieder auf seinen Platz ging.
„Was macht Tonks denn zu essen? Kann man ihr helfen?", fragte Hermine nach einer kleinen Stille.
„Also mich hat sie gerade rausgeworfen... aber vielleicht ist ihr deine Gesellschaft lieber", meinte Remus, lachte leicht und sah ihr freundlich hinterher als sie aufstand und in die Küche ging.
„Sie wirkt ein wenig nervös, oder?", fragte Remus, sah zu Severus.
„Sie macht sich Sorgen... wie wir alle.", gab er dunkel zurück.
„Dass sie sich um dich solche Sorgen macht ist neu", schmunzelte Remus wissend.

Severus rutschte das Herz ein Stückchen tiefer, wenn der Werwolf schon so anfing, dass wusste er meist, oder zumindest glaubte er etwas zu wissen und das könnte durchaus gefährlich werden für ihn.
„Granger hat ein gutes Herz... was ihr früher oder später noch zum Verhängnis werden wird...", brummte Severus, versuchte seine Abneigung deutlich zu machen.
Remus nahm so einiges mehr wahr, als es Severus lieb war, „nimm es doch einfach an... es ist ein schönes Gefühl, wenn es Menschen gibt, die sich um dich sorgen...", dachte dann über seine eigenen Worte und Tonks nach, welche Sorgen sie umgetrieben hatten, ein trauriges Lächeln huschte über seine Lippen.
„Um mich muss sich niemand sorgen...", gab er kühl zurück, vermied es den rührseligen Werwolf zu betrachten.
„Du magst einen großen Einfluss auf deine Slytherins haben... aber... so groß ist deine Macht nicht, als dass du jemandem vorschreiben könntest sich keine Sorgen um dich zu machen", meinte Remus ernst, Severus schnaubte.
„Ich gebe mir alle Mühe jegliche aufkommende Sympathie zu zerschlagen.", meinte er süffisant lächelnd.
Remus lehnte sich ein wenig zu ihm, „Das wird dir nicht bei jedem gelingen", flüsterte er wissend, lehnte sich wieder zurück und lächelte als Hermine wieder ins Wohnzimmer kam.
Severus seufzte, beobachtete Hermine dabei, wie sie sich wieder zu ihm auf die Couch setzte und zu ihm sah, „hab ich was verpasst?"

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