Hermine stand am Gleis als der Zug mit Harry, Ron, Ginny, Dean, Lavender und all den anderen Schülern, die die Weihnachtsferien bei ihren Familien verbrachte, abfuhr, sie winkte ihnen hinterher, wie Hagrid es in den ersten Jahren, als sie alle noch klein waren, immer tat.
Als der Zug schon lange hinter einer Biegung und der Landschaft Schottlands verschwunden war, löste sie sich langsam aus ihrer Trance, zog sich die Strickjacke näher um den Körper und machte sich auf den Weg zurück zum Schloss.
Sie verzichtete auf eine der Kutschen, die von den sanften Thestralen gezogen wurden, lief stattdessen langsam und bedächtig durch den frischen Schnee, der unter ihren Schuhen knatschte.
So einsam sie sich in diesem Moment auch vorkam, es hatte etwas friedliches, beinahe schon verträumtes, den Weg zu Fuß nach oben zum Schloss zu nehmen.Nach einem halbstündigen gemächlichen Marsch, erreichte sie die alte Holzbrücke, die sie mit einem kleinen wehmütigen Lächeln überquerte, wie oft hatten sie von hier auf die Ländereien geblickt, wie oft waren sie über die Brücke zu Hagrid gerannt, der sie stets mit offenen Armen und einem heißen Kakao empfing.
Sie erinnerte sich an die Gespräche, die sie hier mit Harry geführt hatte, als Hogwarts Schauplatz des Trimagischen Turniers war, „sie testen eurer Können... eure Fähigkeiten... ich hab Angst um dich, Harry...", mittlerweile wünschte sie sich sogar die Drachen und Wassermenschen zurück, gegen die Harry antreten musste.
Sie wünschte sich die Zeit zurück, als sie noch keine Ahnung von den Schrecken Voldemorts und seinen treuen Gefolgsleuten hatte, als das alles noch nur eine Übung war, ein Test, ein Versuchen; aber das war es schon lange nicht mehr und das würde es auch niemals mehr werden.
Es ging nicht länger nur um Noten, sondern immer mehr um das nackte Überleben, selbst in dieser sicheren Umgebung wie Hogwarts.Mit einem undefinierbaren Gefühl stand sie vor dem großen Eingangstor, besah sich das alte Holz mit den Verzierungen und die Schlösser, die auch in diesen Zeiten wieder zum Einsatz kamen.
Wenn Dumbledore nur wüsste, was in diesen Mauern vor sich geht..., dachte sie müde, sie hatte keine Kraft mehr sich darüber aufzuregen, was der Mann in den Kerkern für Spielchen spielte, was er plante oder vorhatte, sie wünschte sich nur, dass all das endlich aufhörte.
Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass Snape doch zu den Bösen gehört, motzte die nervende Kopfstimme, egal, was zwischen euch passiert ist, er war, was das anging, doch immer ehrlich!
Konnte sie sich da so sicher sein?
Vielleicht hatte er ihr nicht nur einmal das Blaue vom Himmel gelogen, sondern vielleicht war einfach alles, jede Wort aus seinem Mund, falsch.
Sie würde es nie herausfinden und das fuchste sie ungemein, auch, wenn sie diese Tatsache nicht zugeben wollte.
Sie wollte nicht zugeben, dass, so sehr sie ihn auch verachtete, er immer noch einen sehr großen Einfluss auf sie hatte.„Miss Granger", eine beinahe schon empörte, alte, ihr nur allzu bekannte Stimme zog sie aus ihren Gedanken, „warum stehen Sie hier nur in Strickjacke vor dem Tor?", wollte McGonagall wissen, musterte sie ausgiebig.
„Ich hab Harry und die anderen zum Bahnhof gebracht, Professor", erklärte sie nach einem kurzen Schrecken, sie war durchaus froh, dass McGonagall nicht in Okklumentik geübt war.
McGonagall nickte, „bitte gehen Sie ins Schloss oder ziehen Sie sich etwas dickeres an...", eine deutliche Sorge legte sich in ihre Stimme, was Hermine ein kleines Schmunzeln auf die Lippen zauberte.
„Ich wollte gerade rein", stimmte Hermine zu, folgte dann ihrer Hauslehrerin, die sie auffordernd ansah, als sie die Tür öffnete und wieder ins Schloss trat, „ach... ist Professor Dumbledore eventuell zu sprechen?", wollte Hermine so unverfänglich wie möglich wissen.
„Professor Dumbledore ist zurzeit nicht im Schloss... hat Ihnen Potter nicht Bescheid gesagt? Er wird erst im nächsten Jahr wieder hier sein..", ihr aufmerksamer Blick flog über ihr Gesicht.
„Nein... das hat er nicht gesagt", Hermines Gedanken rasten.
„Gibt es etwas, über das Sie reden wollen, Miss Granger?"Hermine schluckte, nun hatte sie die Möglichkeit, sollte sie McGonagall wirklich reinen Wein einschenken?
Sollte sie das große Geheimnis, was sie belastete verraten?
Ihn und vor allem auch sich selbst in ein so schlechtes Licht stellen?
„Ich...also...wenn ich ehrlich sein soll-"
„Ich störe wirklich nur ungern", mischte sich aus dem Nichts eine dunkle Stimme ein, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren, „Minerva... hätten Sie vielleicht eine Minute? Es geht um die Wichtel...", Snapes Blick glitt, wenn sie es nicht besser wüsste, beinahe fiebrig über Hermine, verschloss dann wieder seine Miene und richtete seine Aufmerksamkeit auf McGonagall.
„Was ist denn nun schon wieder mit den Wichteln?", fragte sie aufgebracht, „Filius sollte sich doch darum kümmern."
Snape nahm einen tiefen Atemzug, „ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum Flitwick es nicht geschafft hat", verdrehte ungesehen die Augen.
Genervt seufzte die stellvertretende Schulleitung, „was wollten Sie gleich sagen, Miss Granger?"
Hermine schüttelte den Kopf, „ist... nicht so wichtig... es ging um... meine Eltern, aber... das mit den Wichteln scheint dringender zu sein.", sah flüchtig zu Snape, der einen ganz merkwürdigen Ausdruck auf dem Gesicht trug und lächelte dann gespielt zur Schulleitung.
„Wenn Sie wollen, dann kommen Sie nachher in mein Büro... ich bin mir sicher, dass wir eine Lösung finden werden.", McGonagall täschelte aufmunternd ihre Schulter, lief dann im Stechschritt in die Große Halle, Snape verweilte für einen kurzen Moment bei ihr, sie spürte seinen Blick auf sich ruhen, ein beinahe unaushaltbares Gefühl kroch durch ihren Bauch.
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Schein und Sein
FanfictionVoldemorts Schrecken reicht immer weiter. Nachdem Harry und der Orden den Tod von Sirius Black mehr schlecht als recht verarbeitet haben, ein bevorstehender Krieg immer näher rückt und das Ministerium immer machtloser mit ansieht, wie immer mehr He...