Kapitel 52: Willkommen in den Kerkern

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„Dass ich dich hole.", er ließ von ihrem Arm ab und sah sie verschmitzt an.
Hermine zog skeptisch die Augenbrauen zusammen, „du holst mich... und das soll unauffälliger sein?", stellte sich vor, wie er mit ihr Hand in Hand durch das Schloss lief.
„Hogwarts besitzt über ein eigenes Flohnetzwerk wie du sicherlich weißt...", stützte sich dabei auf seinem Ellenbogen ab und legte den Kopf schief, „ich... werde einfach den grünen Flammen entsteigen und dich fortnehmen.", fuhr er gespielt geheimnisvoll fort.
Hermine lachte, „das klingt nach einem Abenteuer.", rutschte ein wenig mehr zu ihm, stützte sich ebenfalls auf dem Ellenbogen ab und streichelte über seine Wange.
„Ein Glück bist du geübt in Abenteuern", er näherte sich langsam ihrem Gesicht.
„Ein Glück", wiederholte sie nickend, überbrückte den letzten Abstand und verschloss seine Lippen mit ihren, schob ihren Arm um seinen Hals.

Als sie sich lösten, kuschelten sie sich ins Bett, ließen die Morgenstunden des freien Tags noch ein wenig verstreichen, bis er sich langsam aus dem Bett quälte, anzog und sich auf den Weg nach unten machte.
„Wann kommst du nachher?", fragte sie, setzte sich auf die Bettkante und sah ihm beim Anziehen zu.
„Kurz vor der Sperrstunde... heute Nacht hat Trelawney Aufsicht.", informierte er sie, schloss die Knöpfe seines Kragens und drehte sich zu ihr, musterte das kleine Lächeln auf ihren Lippen.
„Ich freue mich", sie rutschte langsam vom Bett, ging zu ihm, strich ihm eine verirrte Strähne aus dem Gesicht und strich über seine Wange.
Severus hielt ihre Hand an seinem Gesicht, „ich... mich auch... glaube ich.", lachte leicht, als Hermine ihn empört ansah, löste ihre Hand von sich und verließ ihre Räume.
„Unverschämt...", nuschelte sie kichernd, ging dann ins Bad und versuchte ihre wuscheligen Haare zu bändigen.

Schon bevor sie nach unten in die Große Halle kam, traf sie Ginny, Harry und Dean, die wieder einmal, wild über Quidditch diskutierten.
„Guten Morgen", Hermine hakte sich bei ihrer Freundin ein, die ziemlich gereizt aussah.
„Morgen", murrte sie.
Sie wollte gerade fragen, wo Ron steckte, da erblickte sie ihn in einer Ecke mit Lavender, die, wie sonst auch, an seinen Lippen hing, Ron hingegen sah ein wenig gequält aus.
„Was ist los?", Hermine musterte die Jungs und Ginny, die Stimmung war irgendwie ziemlich gereizt.
„Die beiden meinen sie wissen besser, wie man Quidditch spielt..."
Dean winkte ab, „du glaubst, dass deine Meinung die Richtige ist..."
„Ginny... ich sag doch gar nicht, dass deine Idee nicht gut ist, sie ist einfach nur sehr schwer umzusetzen...", versuchte Harry zu schlichten.
„Dann lass es uns doch wenigstens probieren beim Training morgen..", bat sie etwas versöhnlicher, sah Harry mit einem herzerweichenden Blick an.
Dieser seufzte, „na schön... aber wenn sich irgendwer verletzt, dann geht das auf dein Konto..."
Dean schnaubte einfach nur auf, verschnellerte dann seine Schritte, um der Diskussion aus dem Weg zu gehen.
Ginny schenkte ihm ein warmes Lächeln, gefolgt von einem leisen, „Danke", und widmete sich dann Hermine, die das Gespräch und den anschließenden Blickkontakt mehr als interessiert verfolgt hatte.
„Was?", fragte sie schulterzuckend.
Hermine schüttelte den Kopf, „ich hab nichts gesagt..."
„Ist auch besser", nickte die Rothaarige.

Am Gryffindortisch in der Großen Halle angekommen, schienen sich die Gemüter wieder ein wenig beruhigt zu haben, Dean, Seamus und Neville unterhielten sich angeregt, Seamus und Neville begrüßten Ginny freundlich und auch Dean gab ihr einen kleinen Versöhnungskuss auf die Wange.
Harry setzte sich neben Hermine, fing an seinen Teller zu füllen und trank als erstes einen großen Schluck Kaffee, „hast du Lust nachher mit nach Hogsmeade zu gehen?"
„Meinst du gleich nach dem Frühstück?", fragte sie aufgeschlossen, schüttete sich ebenfalls einen dampfend-heißen Kaffee ein.
„Ich dachte an heute Abend", erwiderte Harry.
„Heute Abend hab ich leider keine Zeit", entschuldigend zuckte sie mit den Schultern.
„Hast du etwa etwas vor?", Harrys Aufmerksamkeit lag nun vollkommen bei ihr, ein schelmisches Lächeln schob sich nach und nach auf sein Gesicht, „Hast du etwa ein Date mit Cormac?", stupste ihr in die Seite.
Hermines Gesicht verfinsterte sich ein wenig, „nein...", zog das Wort genauso lang wie Severus, gab ihm einen eindringlichen Blick, „das bleibt mein Geheimnis."
„Du hast Geheimnisse?", Harry hielt in seinem Tun inne.
„Jeder hat Geheimnisse... oder hast du schon mal jemandem verraten, was du bei Dumbledore machst?", fragte sie etwas leiser, beugte sich leicht zu ihm.
Harry nahm einen tiefen Atemzug, „er zeigt mir Erinnerungen."
„Was?", perplex musterte Hermine ihn.
„Von Voldemort... von seiner Vergangenheit. Wie andere ihn wahrgenommen haben... er sucht nach einer Schwachstelle, nach etwas, womit man ihm schaden kann, etwas auffälliges...", meinte er leise und nachdenklich, ging gedanklich jede Erinnerung durch, die er in den vergangenen Monaten gesehen hatte.
„Und wie war er früher?", fragte sie ehrfürchtig.
„Genauso wie jetzt... erinner' dich an die Erinnerung aus dem Tagebuch... dieser Teil wollte Ginny und mich töten..."
Hermine nickte, „ja... wobei ich mich immer noch frage, wie eine einfache Erinnerung einen solchen Einfluss nehmen konnte... es muss eine andere Art von Zauber gewesen sein.", war nun ebenso in ihren Gedanken vertieft.
„Das sagte Dumbledore auch... es ist nicht nur eine Erinnerung, sondern ein Stück seines Selbst, verschiedene Zeitpunkte seines Lebens, die er festgehalten hat... in dem Tagebuch war er 17 Jahre alt... er hatte gerade die Kammer des Schreckens zum ersten Mal geöffnet..."
„Aber wie....und vor allem warum?", verbissen starrte sie auf den Tisch, ihre Augen flogen unruhig umher, sprangen dann zu Harry, der sie aufmerksam musterte.
„Ich vermute, dass das der Grund ist, warum wir das alles machen...", versuchte ein aufmunterndes Lächeln zustande zu bringen und belegte sich dann ein Brötchen.
Sie nickte leicht, „das kann gut sein.", fuhr dann ebenfalls fort ihr Frühstück zuzubereiten.

Nachdem sie in Ruhe ihr Frühstück gegessen hatten, einigten sie sich darauf nach dem Mittag, nach den letzten Stunden, in das Zaubererdorf zu gehen und spätestens zum Abendbrot wieder im Schloss zu sein, was auch der Fall war.
Pünktlich um 19 Uhr waren die beiden wieder am Gryffindortisch, folgten aufmerksam einer erneut-erstarkenden Diskussion ihrer Freunde und waren an und für sich ganz froh, dass sie den Tag weit ab von den nervigen Themen verbracht hatten, die ihre Freunde umtrieben.
Als das dampfende Essen vor ihnen stand und alle beschäftigt waren, huschten Hermines Augen immer mal wieder zum Lehrertisch, die sogleich von einem schwarzen Augenpaar gefangen wurden, sein Blick schien undurchdringlich, als würde das Schwarz vor Interesse glühen, auch wenn er ansonsten keine Miene verzog.
Sie widerstand der Versuchung ihm ein Lächeln zukommen zu lassen und lächelte stattdessen in ihren Gemüseauflauf.

„Scheint als hättet ihr einen tollen Tag gehabt", moserte Ron, der das Lächeln seiner eigentlich besten Freundin bemerkte.
Verwirrt sah Hermine auf, „ja... du nicht?", sie sah kurz zu Lavender, die recht still auf ihrem Platz saß. Anstatt einer Antwort bekam Hermine ein abfälliges Schnauben, fragend sah sie zu Harry, der einfach nur die Schultern zuckte und mit seinem Abendessen fortfuhr.
Nach einer weiteren Stunde des mehr oder weniger gemütlichen Beisammenseins verabschiedete sich Hermine von ihren Freunden, warf Severus noch einen kurzen Blick zu und verschwand dann aus der Großen Halle.

Auch wenn seine äußerliche Maske keine Regung zuließ, in seinem inneren grinste er wie ein Honigkuchenpferd, dieses kleine unauffällige Hinüberwerfen von Blicken und das Erhaschen ihrer Gedanken, bei denen er sich nicht einmal anstrengen musste sie zu hören, waren ganz nach seinem Geschmack.
Da Dumbledore ein ebenso aufmerksamer und überaus talentierter Meister der Okklumentik war, musste er einen doppelten Gedankenschutz aufbauen, um ja keine Aufmerksamkeit des Schulleiters auf sich zu ziehen, auch wenn die Gedanken des alten Mannes seit Wochen um kein anderes Thema kreisten als Voldemort.
Sobald Severus auch nur an diese Gespräche dachte, die er regelmäßig mit Dumbledore führte, war jede noch so kleine Vorfreude auf die junge Frau wie weggeblasen und genau deswegen schob er nun eben jene Gedanken beiseite und verschloss seinen Geist.

Severus kam eine gute Stunde nachdem Hermine vom Abendessen in ihre Räume gekehrt war in ihrem Kamin an, es war, wie er gesagt hatte, kurz vor der Sperrstunde.
Sie saß geduldig auf ihrem Bett, wartete, dass er nun endlich „den grünen Flammen entsteigen" und sie fortnehmen würde, wie er es formulierte und sah erstaunt über ihn, als er ohne Robe in seinem reinweißen Hemd und Hose halb aus dem Kamin trat.
Natürlich bemerkte er ihren Blick, „manchmal macht das Flohpulver Flecken..."
„Das Flohpulver macht Flecken?", wiederholte sie lachend, rutschte vom Bett und ging zu ihm, „das hab ich ja noch nie gehört."
„Das war vielleicht nur eine Ausrede, um meine Robe ablegen zu können", verschmitzt sah er zu ihr, nahm ihre Hand, zog sie zu sich in den Kamin, dessen grüne Flammen sie sofort umschlossen und in Severus Privaträume schickten.
„Willkommen in den Kerkern.", sagte er schmunzelnd, als er den Kamin verließ, „Fühl dich wie zuhause."

Hermine sah sich um, es sah wirklich alles so aus, wie sie es sich vorgestellt hatte.
Alles war sehr aufgeräumt, hatte offenbar seinen festen Platz, was sie nicht weiter verwunderte, denn auch im Unterricht forderte er Ordnung von seinen Schülern.
Interessiert sah sie sich die Reihen der Bücher an, er hatte sehr viele Bücher, die selbst Hermine nicht kannte und es kribbelte in ihren Fingern sich alle Exemplare zu schnappen und zu verschlingen, was er ihr vielleicht sogar gestatten würde.
Im Kamin prasselte ein warmes Feuer und im Raum hing ein verführerischer Duft von Schokolade und Erdbeeren, die auf dem Couchtisch standen.
„Ich dachte, du magst vielleicht ein Schokofondue mit Erdbeeren und Bananen...", sagte er, als ihr Blick neugierig auf den Tisch fiel.
„Du hast dir ja richtig Mühe gegeben", schmunzelte Hermine, ging vorsichtig um den Tisch herum, schnappte sich eine der roten Früchte, tauchte sie in die Schokolade und schob sie sich genüsslich in den Mund, Severus sah ihr lächelnd dabei zu.

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