Kapitel 40: Leere

669 45 18
                                    


Als sie sich nach Stunden so weit beruhigt hatte, dass sie aufstehen konnte, zog sie ihre Bettwäsche von der Matratze, den Kissen und der Decke, zerriss sie mit einer ungeheuren Wut, schrie und tobte wieder und ließ sie schlussendlich in Flammen aufgehen.
Mit tränenden Augen sah sie dem Stoff dabei zu, wie er immer weiter in hellen Flammen aufloderte, als wäre das Feuer ebenso wütend, wie Hermine, als wolle das Feuer die Schande, die sich in diesem Stoff gesammelt hatte, ein für alle Mal auflösen, reinigen und nie wieder zurückkehren lassen.
Es hatte beinahe schon etwas tröstliches dieser flammenden Raserei dabei zu zusehen.
Alles was übrig blieb, war ein kleines Häufchen Asche in der Mitte des Raumes.
Genau so fühlte sie sich, verbrannt und verlassen, von wütend, glühend-heißen Flammen zu fruchtloser, erkalteter Asche.

Am Morgen wachte sie gerädert auf dem Boden auf, alles tat weh, Rücken, Kopf und immer noch das Herz.
Sie konnte und wollte so auf keinen Fall in den Unterricht und vor allem nicht Snape unter die Augen treten, ansonsten würde sie ihm entweder eine saftige Ohrfeige verpassen oder sich wieder übergeben, schon der Gedanken an ihn löste Übelkeit aus.
Sie zog sich ein schlabbriges Shirt und eine Trainingshose an und schleppte sich in den Krankenflügel, um sich eine Entschuldigung zumindest für heute und mit Glück auch für die nächsten Tage zu holen, das Nachholen des Stoffes und der Hausaufgaben würde sie mit Leichtigkeit erledigen.

Schon als sie den Krankenflügel betrat und Madame Pomfrey sie sah, erschrak sie, „du liebe Zeit, Miss Granger... wie sehen Sie denn aus?"
„Ich glaub ich hab mir was eingefangen", brachte sie kraftlos hervor, „ich hab die ganze Nacht gebrochen."
„Warum sind Sie nicht schon vor Stunden zu mir gekommen?", fragte die Medihexe anklagend, „Das kann wirklich gefährlich sein."
„Ich lebe ja noch, wie Sie sehen", ein leichtes Bedauern mischte sich in ihre Stimme.
„Ich gebe Ihnen ein paar Tränke mit, etwas gegen Übelkeit, etwas zum Schlafen und etwas, um Ihre Kraftreserven wieder aufzufüllen... Sie sollten sich schon heute Abend wieder besser fühlen aber bleiben Sie bitte noch die nächsten zwei Tage dem Unterricht fern.. manchmal gibt es eine Art Rückfall...", erklärte sie.

Den Rückfall würde sie sofort erleiden, wenn sie Snape sehen würde und so war sie ziemlich froh, dass sie ihn ein paar Tage wenigstens nicht ertragen musste. Bis dahin musste sie eine Lösung für ihr Problem finden, eine Möglichkeit des Umgangs mit ihm, oder sie müsste die letzten zwei Jahre immer eine Kotztüte dabei haben.
Vielleicht sollte sie sich die Erinnerung entfernen lassen, vielleicht könnte sie jemanden darum bitten, ihr fiel spontan Tonks ein, die, auch wenn sie nicht in Hermines Situation war, genau nachempfinden konnte, wie sehr ein trauriges Herz schmerzen konnte, welches Gift durch Leid und Trauer abgegeben wurde.
Die Scham und die Konsequenzen, die aus diesem Fehltritt resultieren würden, ließ sie dabei außen vor.

Nachdenklich und völlig in Gedanken vertieft lief Hermine eilig vom Krankenflügel zurück zu ihren Räumen, sie überlegte bereits wie sie Tonks davon in Kenntnis setzen sollte, welche Ausreden sie ihr auftischen sollte, weshalb sie fast die letzten drei Monate vergessen wollte, oder viel mehr nur die Begegnungen mit ihm und die Lüftung des Geheimnisses.
Sie war so in Gedanken, dass sie Harry und Ron gar nicht bemerkte, die in diesem Moment aus dem Gryffindorgemeinschaftsraum traten und sie besorgt musterten.
„Hermine?", Harry näherte sich ihr, sein Blick fiel auf die verschiedenen Phiolen in ihrer Hand.
„Was ist mit ihr?", wollte Ron wissen, hielt sich allerdings im Hintergrund.
„Mine...", Harry berührte sie leicht am Arm, was in einem übermäßigen Zucken resultierte und einem panischen Blick von Hermine, „ich bin's nur!", er hielt die Hände hoch, Ron wich noch einen Schritt zurück, „Ist alles in Ordnung?"
Hermine schluckte, „ich glaub ich hab mir was eingefangen...", ging einen Schritt rückwärts, „bleib lieber auf Abstand..."
Harry schien diese Ausrede nicht wirklich zu glauben, „hast du geweint?", mit Argusaugen begutachtete ihr Erscheinungsbild.
„Das kommt vom Übergeben... ich hab die ganze Nacht gebrochen... da seh ich immer ziemlich fertig aus", führte sie weiter aus, „Madame Pomfrey hat mich für die heute und die nächsten zwei Tage krankgeschrieben."
Harry seufzte, „soll ich dir noch etwas holen?"
„Nein, ich schaff das schon... ich bin ja versorgt", sie hielt die Tränke in die Luft, zwang sich zu einem müden Lächeln.
„Harry... wir sind schon spät dran.", Ron tippelte ungeduldig auf dem Boden, „Wir haben gleich Snape... ich hab keine Lust auf Strafarbeiten."
„Ron hat recht... ihr müsst los", Hermine nickte, spürte die erneut aufkommende Übelkeit, hielt sich den Magen, der ebenfalls wieder schmerzte.
Nur ungern ließ er seine Freundin in diesem Zustand zurück, „okay... aber wenn irgendetwas passiert dann-"
„-Sag ich Bescheid", sie nickte.
„Gute Besserung... ruh dich aus...", dem stimmte auch Ron zu.
Sie lächelte, „Danke... und lasst euch nicht ärgern.", verschwand dann schnell in ihren Räumen, lehnte sich, als die Tür geschlossen war, an das Holz und atmete durch.

Schein und Sein Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt