Kapitel 101: Erinnerungen

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Die Woche verging schneller als gedacht, eine Tatsache, die Hermine ein wenig nervös werden ließ.
Der Tag von Harrys Umquartierung rückte immer näher und damit auch die Umsetzung von Mundungs' Plan, der immer noch so untypisch für den schmierigen, heruntergekommenen Zauberer war, dass Hermine beinahe einen Komplott vermutete.
„Wann wolltest du nochmal zu Harry, Schatz?", fragte Jean Granger, zog sie damit aus ihren Gedanken.
Ein wenig verwirrt sah sie zu ihrer Mutter, die von all dem, was der Orden mit ihnen allen plante, überhaupt keine Ahnung hatte und auch nicht haben würde, „morgen... ich... geh morgen zu Harry."
„Dann grüß ihn schön von mir", lächelte sie, verschwand in der Küche, um das Abendessen vorzubereiten, „ich sag dir Bescheid, wenn das Essen fertig ist", rief sie aus der Küche.

Hermine ging gedankenverloren nach oben, wie sollte sie ihren Eltern erklären, dass sie nicht wieder zurückkehren würde?
Dass sie für das nächste Jahr nicht nach Hogwarts ging, sondern stattdessen mit Harry und Ron nach Horkruxen im ganzen Land, vielleicht in der ganzen Welt suchen würde, um Voldemort ein für alle Mal zu vernichten?

Oben angekommen schloss sie ihre Tür, lehnte sich einen Moment gegen das Holz und strich sich über das Gesicht, nahm einen tiefen Atemzug, drückte sich von der Tür und ging zu ihrem Fenster, welches direkt auf die Straße und die ruhige Nachbarschaft zeigte, in der sie als Kind immer gerne gespielt hatte.
Auch wenn das hier ihr Rückzugsort war, ein sicheres Plätzchen, in dem so viele gute Erinnerungen lagen, so viele schöne Momente, die Angst, dass die Dunkelheit auch hier Überhand nehmen würde, wuchs jeden Tag mehr.
Als sie so versunken in Erinnerungen aus dem Fenster starrte, fokussierte sich ihr Blick langsam, aber sicher auf etwas ihr nur allzu bekanntes, sie erkannte immer klarer ein schwarzes, glänzendes Augenpaar in der aufziehenden Dämmerung.
Sie erkannte seine Umrisse, die sich kaum von dem schummrigen Licht abhoben, als würde ein Schleier über ihm liegen und doch sah sie ihn ganz deutlich, einige Meter vor ihrem Haus.

„Severus", flüsterte sie, wurde von einer plötzlichen Aufregung ergriffen, die sie nicht genau beschreiben konnte.
Aus einem Impuls heraus löste sie sich von diesem Blick, lief zu ihrer Tür, riss sie auf, nahm die Treppen nach unten und stürmte aus dem Haus. Ihre Mutter sah ihr verwirrt hinterher, rief sie einige Male, was sie überhaupt nicht wahrnahm, nur, um den letzten Schweif schwarzen Rauchs zu sehen, der wie durch einen starken Windhauch davon getragen wurde.
Zurück blieb eine traurig aussehende Hermine, die an die Stelle starrte, an der sie ihn vor nicht einer Minute gesehen hatte.

„Hermine?", die warme Stimme von Kingsley jagte ihr einen Schrecken ein, „Was machst du hier?"
Perplex sah sie zu ihm, „ich..."
„Hast du jemanden gesehen?", hakte er nach, begutachtete die Umgebung, von der er dachte, dass sie sicher wäre.
Langsam schüttelte sie den Kopf, „ich... dachte, ich hätte jemanden gesehen...", strich sich erneut über die Augen, diese ganze Anspannung machte sie furchtbar konfus.
„Ich halte heute Nacht Wache... ich passe auf dich und deine Eltern auf. Bitte handle nicht auf eigene Faust... und vor allem nicht ohne Zauberstab...", sagte er ruhig, gab ihr allerdings einen anklagenden Blick.
Sie war Hals über Kopf losgestürmt, hatte nicht einen Moment daran verschwendet an ihren Zauberstab zu denken, der vermutlich in Kürze über ihr Überleben entscheiden würde.
„Es tut mir leid...", geknickt senkte sie den Kopf, ging dann, nach einem aufmunternden Schultertätscheln von Kingsley und einem, „morgen ist ein wichtiger Tag", wieder ins Haus und wurde von ihrer Mutter abgefangen, „was hast du draußen gemacht?"

„Ich.... musste kurz durchatmen", erzählte sie ihrer Mutter, die sie besorgt ansah, „kann ich dir helfen, Mum?"
„Du kannst den Tisch decken, wenn du magst", meinte Jean, ließ sich nicht so recht von der Erklärung ihrer Tochter besänftigen und beobachtete sie besorgt dabei, wie sie den Tisch deckte und dabei immer weiter in Gedanken versank.
„Setz dich, Liebling", Mrs. Granger stellte das wohlduftende Essen auf den Tisch, Mr. Granger brachte Gläser, Besteck und etwas zu trinken, setzte sich auf seinen Platz, ebenso wie Hermine.
„Das riecht toll, Mum", lächelte Hermine, sah ihrer Mutter dabei zu, wie sie das Essen auf die Teller verteilte.
„Dein Essen riecht und schmeckt immer hervorragend, Jean.", Mr. Granger schüttete die Gläser voll, wünschte allen noch einen guten Appetit und schwieg dann für die nächste halbe Stunde.

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