Kapitel 19: Verstand und Gefühl

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„Du wirst doch Freunde haben... die wissen doch bestimmt auch einiges über dich.", Hermine wollte sich mit dieser Aussage nicht zufrieden geben, sie konnte ihm nicht glauben, dass sie wirklich viel von ihm wusste, denn wenn sie mehr wusste als alle anderen, dann wussten die anderen noch weniger als nichts.
„Manchmal kann man mit seinen Freunden nicht über alles sprechen... oder sprichst du mit deinen Freunden über mich?", fragte er, streichelte weiter über ihre Haare, sie reden jeden Tag über dich... meistens regen sie sich über dich auf weil du so ein Scheusal bist..., erinnerte ihn die Kopfstimme, die er versuchte zu ignorieren.
„Nein, natürlich spreche ich nicht mit meinen Freunden über dich. Ich würde dich nicht verraten.", sagte sie ernst, sah kurz zu ihm, lächelte aufrichtig und sah dann wieder nach vorne.
Was das anging glaubte er ihr aufs Wort, sie war loyaler als die meisten seiner Todesserkollegen, sie verfolgte ehrenwerten Prinzipien und handelte nach ihnen.
Sie drehte sich auf die Seite, rutschte mit dem Kissen ein wenig nach unten, um ihn besser ansehen zu können und haftete den Blick auf sein verhülltes Gesicht.
„Tragt ihr die Masken auch bei Treffen?"
„Manchmal..."
„Warum?", fragte sie nachdenklich, es war doch kein Geheimnis für die Anwesenden, wer sich darunter verbarg, oder?
„Sie symbolisieren Einheitlichkeit... egal, wie unterschiedlich wir alle sind, wir dienen einem Herren, wir folgen mehr oder weniger einer Ideologie. Es spielt keine Rolle wie schön oder hässlich jemand ist, mit dieser Maske sind wir alle gleich. Außerdem verbirgt sie Gefühle, die vielleicht auf unseren Gesichtern abzulesen wären, was nicht heißt, dass der Dunkle Lord sie nicht trotzdem spürt oder von ihnen erfährt....", Severus vermutete, dass diese reglose Maske vielleicht auch ein Äquivalent zu der Gleichgültigkeit des Dunklen Lords war, er konnte keine wirklichen Emotionen empfinden, sein Herz, von dem Severus nicht einmal wusste, ob er eines besaß, war kalt, vermutlich verkümmert und seine Seele durch die ganzen Morde, die er schon in seinem Leben begangen hatte, zerrissen.

„Wie erfährt er davon?", sie versuchte sich vorzustellen, wie ein solches Treffen ablief.
„Er dringt in den Geist ein... er hat sich angewöhnt, dass er leeren Worten keinen Glauben schenkt und deswegen holt er sich alle Informationen, die er haben will, mit Okklumentik...", erklärte er, er hatte Potter so oft eingetrichtert, dass der Junge diese Art von Magie erlernen müsste, dass er in der Lage sein musste seinen Geist zu verschließen, stattdessen weigerte er sich strikt mitzuarbeiten, ließ sich sogar von einer grausamen Vision, die der Dunkle Lord ihm in den Kopf gesetzt hatte, dazu verleiten das Schloss zu verlassen und seinen vermeintlich gequälten Patenonkel auf eigene Faust zu retten.
Selbst wenn die Vision, die er hatte, echt gewesen wäre, es war Wahnsinn zu glauben, dass er ihn alleine besiegen konnte und schlussendlich war Sirius Black tatsächlich gestorben, was vielleicht nicht der Fall gewesen wäre, wenn Potter nicht so überstürzt gehandelt hätte, wenn er seinen Geist verschlossen hätte, so, wie Severus es ihm beibringen wollte.

Ein fast schon ängstlicher Blick setzte sich auf ihr Gesicht, „dann weiß er von mir."
„Niemand weiß von dir... ich bin durchaus in der Lage ihm nur das zu zeigen, was er sehen soll.", egal, wie viel Kraft es ihn kostete, ihr Schutz, die Verbindung zwischen ihnen zu schützen, war in diesen Wochen und Monaten das Wichtigste für Severus.
Der Dunkle Lord durfte niemals von diesen Treffen erfahren, er durfte niemals wissen, dass Severus ihr so nah war, dass er, wenn er gewollt hätte, die Möglichkeit hatte Hermine derart zu beeinflussen, dass sie Informationen Harry betreffend ausplappern könnte.
„Merkt er das nicht?"
Er lachte dunkel, „wenn er es merken würde, wäre ich nicht mehr hier."
„Quält er euch?", sie starrte gebannt auf seine Maske.
„Die einen mehr, die anderen weniger.", sagte er wahrheitsgemäß.
Er erinnerte sich an die Wut, die der Dunkle Lord gefühlt hatte, als er von Lucius Versagen im Ministerium gehört hatte, dabei quälte er nicht nur die Überbringer der Nachricht, sondern tötete vor allem auch den einen oder anderen Muggelgeborenen, die ihm seine treuen Diener gebracht hatten.
„Dich auch?", fragte sie ängstlich.
„Manchmal...", er hatte wirklich Glück, dass er sehr oft von den Cruciati verschont wurde.
Severus spielte für Voldemort eine größere Rolle als vermutlich alle anderen, er war der gebrauchte Spitzel in Hogwarts, der Dumbledore und den Orden aushorchen sollte.

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