Kapitel 15: Begegnungen

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Zwei Wochen zogen an ihr vorbei, ohne, dass er einmal bei ihr auftauchte, zwei Wochen, in denen sie jeden Abend wartete und hoffte, dass es klopfen würde, dass er sich dazu entschloss, wieder zu ihr zu kommen, mit ihr Zeit zu verbringen, aber nichts geschah.
Mit jeder Nacht, die verging und jedem Tag, der vor ihr lag, fühlte sie sich einsamer, ihre Gedanken kreisten unaufhörlich um ihn, sie fühlte sich schlecht und schuldig, dass sie ihm so eine Tat zugetraut hatte, dass da diese Angst in ihr war, dass er so etwas wirklich tun könnte, aber war es denn wirklich verwunderlich?
Sie kannte ihn im Grunde überhaupt nicht, sie spielte jedes Mal, wenn sie ihn in ihre Räume ließ, mit dem Feuer; wie lange würde es dauern, bis die kleine Flamme sich in einen tosenden Feuersturm verwandelte und alles verschlang?
Wie lange würde es noch gut gehen?

Vielleicht war es ein Akt der Gnade von ihm ihr fernzubleiben, vielleicht war er so sehr um ihr Wohl besorgt, dass er entschied, nicht mehr zu ihr zu kommen, bevor etwas geschah, was niemand von beiden wollte.
Vielleicht war er doch nicht so gut, wie er den Eindruck vermittelte.
Vielleicht wusste er, dass er ihr früher oder später schaden würde und kam deswegen nicht.
Aber, bedeutete das im Umkehrschluss nicht, dass er doch besser war als er selbst behauptete?

Sie rutschte von einer Grübelei in die nächste und kam einfach auf keine Lösung, egal wie oft und wie lange sie sich das Hirn zermarterte.
Dass Hermine vollkommen in Gedanken gefangen war, bemerkte auch Ginny, die sich kurzerhand dazu entschloss sie am Freitagnachmittag nach dem Unterricht mit nach Hogsmeade zu schleifen, „komm schon..."
„Ginny... ich muss eigentlich noch einen Aufsatz schreiben", warf Hermine ein, was ihre Freundin nicht im geringsten interessierte.
„Du hast das ganze Wochenende Zeit diesen Aufsatz zu schreiben... als würdest du das nicht schaffen..", verdrehte die Augen, „Ich brauche deine Hilfe bei etwas... du musst mich beraten.", erfand Ginny, sie hatte eigentlich nicht vor, viel Geld auszugeben, aber vielleicht würde Hermine sich so überreden lassen.
„Aber nur zwei Stunden, in Ordnung?", sie setzte den typischen Hermine-Granger-Blick auf, ließ sich dann von Ginny weiterziehen und vergas schon bald für einen kurzen Moment alle ihre Sorgen.

Als sie in dem Kleidungsgeschäft ankamen suchte sich Ginny die furchtbarsten Outfits aus, schlüpfte in die Kleidungsstücke und präsentierte sich Hermine, die bei jedem Outfit mehr lachte und schon bald suchte Hermine sich ebenfalls einige Kleidungsstücke zusammen, die noch weniger als schlecht zusammenpassten, um sie nun ihrerseits Ginny vorzuführen, die Tränen lachte, als sie in einer Mischung von Trelawney und Umbridge vor ihr stand.
Mit schmerzenden Bäuchen verließen sie den Laden, nachdem sie sich von den Klamotten befreit hatten.
Sie kauften jeder jeweils eine Kette, um die alte Verkäuferin ein wenig versöhnlicher zu stimmen und schlenderten weiter durch das Zaubererdorf.
„Wo gehen wir als nächstes hin?", fragte Ginny, jetzt, da Hermine ein wenig aufgetaut war, wollte sie ihr überlassen, welche Läden sie aufsuchten.
„Können wir in den Buchladen?", fragte Hermine mit einem herzerwärmenden Lächeln.
„Was wäre ein Ausflug nach Hogsmeade ohne einen Besuch des Buchladens...", Ginny lachte, folgte ihr in den Laden.
Ihre Augen glänzten, ein aufgeregtes Lächeln flog über ihre Lippen, Hermine liebte Buchläden, immer schon.
„Hast du was bestimmtes im Sinn?"
„Ich guck einfach mal umher..", nuschelte sie, ihr Geist war bereits in die Reihen der Bücher getaucht.

Ginny seufzte, sie würden wohl Stunden in diesem Geschäft verbringen, Hermine hatte die Angewohnheit durch jede Reihe zu schlawenzeln und nach neuen Büchern Ausschau zu halten.
Völlig in ihrem Element lief sie bereits durch die dritte Reihe, ließ die Augen über die Bücherrücken streifen, Ginny im Hintergrund ignorierte sie vollkommen.
Sie zog ein unscheinbares Buch in einem schwarzen Einband heraus, drehte sich ins Licht und bemerkte einen herben, aber durchaus angenehmen Kräuterduft.
Skeptisch sah sie sich um, dieser Duft konnte nur von einem Mann kommen, aber, dass er ausgerechnet hier nach Büchern suchte, verwunderte sie.
Vorsichtig ging sie weiter, lugte um das nächste Regal und fand tatsächlich den Professor mit einem Buch in der Hand im Gang stehen.

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