Am nächsten Morgen begann die Hektik, die sich packen nannte. Meine Mum hatte bei mir übernachtet, was in Ordnung für mich war. Falls wir uns nie wieder sahen, waren das unsere letzten Stunden.
Ich hatte kaum ein Auge zu bekommen, aber in meiner Lage konnte kein Mensch oder Werwolf schlafen.
Mein Kopf war viel zu wirr, innerlich war ich vollkommen unruhig. Das war wohl kaum verwunderlich, immerhin hatte sich zusätzlich Lilia abgekapselt. Wenn der eigene Wolf so abwesend war, fehlte einem ein Teil.
Zehntausend Gedanken schossen mir durch den Kopf, weshalb ich keinen richtig klaren hatte. Deshalb versuchte ich mich auf meine aktuelle Aufgabe zu konzentrieren.
Koffer packen war an sich mühsam und langweilig, dennoch eine Ablenkung.
Meine Mum half mir dabei und räusperte sich, um meine Aufmerksamkeit zu erhalten. Fragend sah ich zu ihr und sie meinte: „Dann suchen wir dir etwas Hübsches zum Anziehen raus."
Sie durchwühlte bereits meinen Kleiderschrank für ein passendes Outfit und ich sah ihr dabei zu. Im Grunde war mir egal was ich anzog.
Vielleicht wurde ich umgetauscht, wenn der Alpha mich als hässlich empfand. Die Idee war tröstend und toll. Daran sollte ich mich klammern und zu beten anfangen. Vielleicht war die Mondgöttin gnädig mit mir.
Begeistert fragte sie: "Wie wäre es mit einem Kleid? Das wäre wunderschön." Sie holte ein kurzes, weißes Kleid hervor und ich hob eine Augenbraue.
Bei der Antwort blieb ich ehrlich, ansonsten hätten wir eine ewige Diskussion. "Mum, ich will diesem Mann kein bisschen imponieren. Es kann mir egal sein, was er von mir denkt. Das ist ein Kauf."
Sie hielt inne und das Lächeln erstarb. Ich bekam ein schlechtes Gewissen, da es vermutlich zu direkt gewesen war.
Ich seufzte und stellte mich neben sie. Nachdem ich einmal tief Luft geholt hatte, sagte ich: "Tut mir leid. Ich bin einfach gestresst."
Meine Mum wandte sich dem Schrank zu und antwortete: "Nein, du hast recht. Such dir aus, was du anziehen möchtest."
Es wunderte mich sehr, wie schnell sie darauf einging. An sich sollte es mich erleichtern, aber das schlechte Gewissen war weiterhin beständig.
Mit einem Seufzen sah ich meine Klamotten durch. Irgendetwas passendes war in meinem Kleiderschrank sicher zu finden. Kleider hatte ich bereits ausgeschlossen und für Röcke galt dasselbe. Also suchte ich nach einer Hose und irgendeinem Oberteil.
Am Ende entschied ich mich für eine blaue Jeans. Sie mag hauteng sein, aber das war weniger aufhübschend als wenn ich ein Kleid angezogen hätte. Mit einem schwarzen Top rundete ich das Outfit ab. Das war schlicht, somit perfekt.
Nachdem ich mich umgezogen hatte, fuchtelte meine Mum an meinen Haaren herum. „Hm. Ich könnte..." Sofort unterbrach ich sie und schlug ihre Hand weg. „Nein, Mum. Meine Haare lasse ich offen."
Sie sollte dankbar sein, eigentlich könnte ich sie im Wirrwarr hochbinden. Aber ein bisschen wollte ich ihr entgegen kommen.
Sie meinte: "Attraktiv findet er dich sicher, egal, wie du aussiehst. Du bist immer noch unsere schönste Blume. Vermutlich fällt er tot um bei deiner Schönheit." Damit wollte sie mich aufheitern und ich musste leicht lachen. Sie gab sich Mühe, aber es herrschte eine komische Stimmung.
Wir packten gemeinsam die Koffer fertig, da konnten wir ein bisschen quatschen und versuchten so zu tun als wäre alles normal.
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Damit war die Zeit sehr schnell vergangen. Vielleicht lag es auch daran, da ich nicht wollte, dass es zehn Uhr wurde.
Meine Schwestern waren nicht mehr zu sehen, was mein Glück war. Ein weiteres Drama wäre unnötig.
Auch mein Vater würde sich nicht verabschieden, zumindest hatte er längst das Haus verlassen. Vielleicht hatte er ein schlechtes Gewissen, aber das war eher unwahrscheinlich bei diesem Mann.
Jason war ernsthaft im Kerker gelandet. Zu allem Überfluss Ana genauso. Sie war die Mate meines Bruders und eine sehr nette Frau. Mit ihr kam ich gut klar, eine der wenigen Personen in dieser Familie, die mich liebten.
Wir hatten in der Nacht eine lange Unterhaltung über den Mindlink, die hatte dennoch zu nichts geführt. Es war in Stein gemeißelt, dass ich gehen musste.
Mittlerweile war es dreiviertel zehn und mit jeder Minute, die verging, wurde ich nervöser. Das ungute Gefühl in meinem Magen stieg genauso.
Meine Mum half mir mein Gepäck nach draußen zu bringen. Sie trug einen großen Koffer und eine Tragetasche. Mir war meine Handtasche und ein kleiner Koffer zugeteilt.
Sie war schon immer eine starke Frau gewesen, sie trug das problemlos. Ich hingegen war schlank und klein. Da war ich nicht als Riese bekannt. Natürlich hätte ich das genauso alleine hinbekommen, jedoch konnte Hilfe nie schaden.
Wir hatten gerade alle Taschen abgestellt, da kam mein Vater in die Einfahrt. Er kam auf uns zu und wirkte dabei wütend. Der Alptraum schlechthin kam angekrochen und er schien mal wieder betrunken zu sein.
Vor mir angekommen, blieb er stehen und funkelte mich an. Ausgerechnet dieser Mann war verärgert, dabei sollte ich diejenige sein, die sauer auf ihn war. Bei seinen Taten wäre das gerechtfertigt.
Bitter sagte er: "Layla, reiß dich verdammt nochmal zusammen. Egal was Alpha Blackmoon dir befiehlt, du machst es, ohne Widerrede. Das geht hoffentlich in deinen Dickschädel."
Ich ließ mich kein bisschen einschüchtern und legte meinen Kopf schräg. Ich setzte eine verwirrte Miene auf und fragte: "Warum sollte ich länger auf deine Befehle gehorchen? Ich gehöre bald zu einem anderen Rudel. Dort ist deine Meinung einen Dreck wert."
Er wollte ausholen, um mich zu schlagen, aber meine Mum hielt seine Hand fest. Leise sagte sie: "Bitte nicht heute." Mein Dad entriss meiner Mum seine Hand und wir sahen einander ein paar Sekunden in die Augen.
Es passierte ein Wunder, denn er packte sie grob am Arm und zog sie mit sich. An mich war kein weiteres Wort adressiert gewesen und der Schlag war ausgeblieben.
Meine Mum warf einen Blick über die Schulter und ihr rann eine Träne über die Wange. „Ich hab dich sehr lieb, Layla. Pass gut auf dich auf." Ich lächelte sie tapfer an und antwortete: "Ich dich auch."
Kurz darauf waren die beiden im Haus verschwunden.
Leider hatte er uns einen richtigen Abschied genommen. Wenigstens hatten wir den Morgen gemeinsam verbringen können.
Das war wohl das letzte Mal gewesen, dass ich meine Mum gesehen hatte.
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Cruel Alpha | ✔️
Loup-garouVerkauft. Verkauft an einen grausamen Alpha. Entkommen gab es für Layla nicht, diesen Deal musste sie eingehen. Ansonsten würde das ganze Territorium ihres Vaters in Schutt und Asche gelegt werden. Don't like it, don't read it