Kapitel 22

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Sarafine hatte sich nach unseren Gespräch verabschiedet, was mir perfekt war. Für den Moment hatte ich genug von ihr.

Ich legte mich auf mein Bett und starrte die Decke an. Es gab viel zum Nachdenken. Viel zu viel. Die Gedanken in meinem Kopf rasten. Mein Leben war ein einziges Chaos geworden.

Die Angst, dass ich Xavier bald gegenüber stehen musste, nagte an mir. Der Mann könnte mir alles Mögliche antun. Er wurde ständig wütend, da würde Xavier wieder einen Grund finden. Und davor graute es mir.

Deshalb versteckte ich mich den restlichen Tag auf meinem Zimmer. Ich wollte ungern raus und mich der Realität stellen.

Lilia lauschte unerlaubt meinen Gedanken und gab ihren Senf dazu. "Layla, du bist von der Mondgöttin als perfekte Luna für das mächtigste Rudel auserwählt worden. Immerhin sind wir Xaviers Mate. Also bist du weder schwach noch ängstlich. Wir gehen da jetzt raus und das mit hocherhobenem Haupt."

Ich konnte das gerade nicht. Lilia hatte zwar recht, wir waren als Luna auserwählt, aber das war alles neu und unerwartet. Außerdem lebte Xavier in diesem Haus.

Wie sollte ich da lange mutig sein? Oder furchtlos, das war ein Ding der Unmöglichkeit.

"Layla, sei kein Weichei. Wir schaffen das." Aja, dann war ich heute also der Angsthase.

"Das behauptest du nur, weil du Xavier treffen willst. Als Wolf ist dein Verlangen viel größer unseren Mate in der Nähe zu haben." Da konnte Lilia mich nie anlügen, denn es war mir klar.

"Wir können uns wohl kaum ewig verstecken. Außerdem meinte Sarafine, dass er nicht mehr sauer ist." Das Biest fischte verzweifelt nach Argumenten, mit denen sie mich überzeugen wollte. Aber bei dem Punkt, musste ich sie korrigieren: "Nein, sie meinte, dass alles gut sein dürfte. Das ist keine Bestätigung." Ich fühlte mich innerlich hin und her gerissen. Das Mateband machte mich wahnsinnig.
Lilia knurrte und sagte anschließend: "Entweder gehst du da raus oder ich mache es." Ich hörte es ihrer Stimme an, das meinte sie ernst.

Verfluchte Wölfin.

Ich stand vom Bett auf und ging zur Tür hinüber. Meine Hand legte ich auf den Griff, wobei sie leicht zitterte.

Sollte ich das wirklich machen? Sollte ich so wahnsinnig sein und diesen Mann freiwillig aufsuchen?

Lilia schrie mich an: "Ja, das solltest du! Jetzt beweg deinen Arsch."

Da hatte jemand schlechte Laune. Das dürfte sich Entzug vom eigenen Mate nennen. Dass der innere Wolf das nur so viel mehr spüren konnte. Es war der pure Wahnsinn. Noch irrer, dass ich ihrer Bitte nachkam.

Ich öffnete die Tür und hätte fast aufgeschrien als Melody vor mir stand. Sie hatte klopfen wollen und schien genauso geschockt zu sein.

Ich fasste mir an mein Herz und sie sagte sofort: "Oh, das tut mir leid, Layla." Ich tat es mit einer Handbewegung ab, denn das war eben Zufall. "Alles gut. Niemand von uns kann etwas dafür." Sie nickte und lächelte, was ich versuchte zu erwidern.

Ich hielt ihr meine Tür auf und trat einen Schritt zurück. Immerhin hatte sie zu mir gewollt. Aber sie sagte: "Eigentlich wollte ich dich zum Abendessen abholen. Du hast noch nichts gegessen." Kurz überlegte ich, aber Hunger hatte ich schon.

Ich nickte und folgte ihr. Essen konnte kein Fehler sein. Schaden würde es mir nie.

Schweigend gingen wir ins Erdgeschoss und ins Esszimmer. Überraschenderweise war diese Stille angenehm, diese Ausstrahlung hatte Melody allgemein.

Vor der Tür hielt sie an und sagte ganz leise: "Tut mir leid, aber ich musste es tun. Du kennst den Alpha, gegen seine Befehle kommt niemand an."

Verwirrt sah ich sie an und Melody öffnete mir die Tür. Ich betrat den Raum und nun verstand ich ihre Aussage. Da saß er, am Vorsitz des Tisches. Ich blieb unwillkürlich stehen und Lilia rief: "Mate! Er ist hier! Endlich treffen wir ihn wieder! Endlich!"

Scheinbar hatte sie das letzte Aufeinandertreffen vergessen oder verdrängt. Diese Begeisterung von ihr konnte ich mir nicht anders erklären.

Xavier sah nicht zu mir, aber sagte: "Guten Abend Layla." Mein Herz fing zu hämmern an und die Angst war zum Greifen nahe. Hoffentlich überlebte ich dieses Abendessen.

Ich riss mich zusammen und antwortete: "Guten Abend Alpha." Das war eine höfliche Anrede und damit konnte ich nichts falsch machen. Ich zwang meine Füße sich zu bewegen, was ein großer innerer Kampf war.

Ich setzte mich auf den Platz, der zur Rechten von Xavier war. Dort war bereits gedeckt, also dürfte es meiner sein.

Das Essen war bereits hier und dem widmete ich mich. Mit Xavier musste ich keinen Augenkontakt haben, aber spürte seinen Blick auf mir, was mich nervös machte.

Warum war er hier? Warum wollte er mit mir Abendessen? Immerhin hatte Melody sich entschuldigt, das bedeutete Xavier dürfte ihr den Auftrag gegeben haben, mich überhaupt erst genau jetzt abzuholen.

Ich konnte verstehen, dass sie nichts gesagt hatte, immerhin hätte ich mich sonst gewehrt.

Die letzte Eskalation mit dem Alpha hatte sich sicher rumgesprochen. Das war mitten am Gang in dem Anwesen gewesen. Da dürfte jedem klar sein, dass Xavier und ich nicht unbedingt auf dem grünsten Zweig waren.

Er räusperte sich und fast wäre ich zusammengezuckt, eine derartige Angst empfand ich. Aber ich konnte mich zusammenreißen.

"Wie war dein Tag?" Fragte er mich das wirklich? Das war eine normale Frage, dennoch klang seine Stimme bedrohlich.

Ich brauchte kurz, aber fand schließlich meine Stimme: "Gut und deiner?" Das würde ich als gut durchgehen lassen. Denn mich wollte niemand umbringen oder hatte mir sonst etwas angetan.

Ich bekam eine kühle Antwort: "Auch."

Wieder Stille und wir fingen zu essen an. Meine Aufmerksamkeit galt dabei dem Teller. Ich wagte keine Sekunde ihn anzusehen, vielleicht würde ihn das verärgern.

So herrschte vollkommene Ruhe und ich brachte nur ein paar Bissen hinunter. Ich war viel zu eingeschüchtert und die Sorgen wuchsen stetig.

Nur Lilia empfand das komplette Gegenteil. "Er ist unglaublich attraktiv. Sieh ihn endlich an." Wütend fuhr ich dazwischen: "Nein! Damit könnten wir ihn wütend machen!" Das würde an Wahnsinn grenzen. Ich spürte seinen Blick auf mir, also würde ich erst recht nicht meinen Kopf heben.

Xavier durchbrach die Stille mit seiner bedrohlichen Stimme. "Wieso verweigerst du Blickkontakt?" Weil ich weiterhin leben wollte, aber ich enthielt mich einer Aussage. Ich räusperte mich und überlegte an einer guten Erklärung.

Er donnerte: "Schau mich an!" Mir zog es die Gänsehaut auf und ich zuckte zusammen. Diesmal hatte ich es nicht unterdrücken können. Aber ich tat, was er von mir verlangte.

Ich sah in seine Augen und das Mateband machte es mir sehr schwer. Seine Augen waren dunkelblau, dabei hatte er wütend geklungen. Das Schwarz machte ihn viel gruseliger, da war seine normale Farbe wesentlich schöner.

Lilia sagte verträumt: "Der Mann ist zum ansabbern. Hole eine Schüssel, die kann den Sabber abfangen."

"Lilia!"

Sie war ihm vollkommen verfallen, dabei war er unfassbar unhöflich zu uns. Ihr Kommentar war unangebracht und unnötig genauso. Ich sperrte sie gewaltsam aus, denn ihre Kommentare wären reine Ablenkung.

Ich räusperte mich und hoffte, dass er bald etwas anderem seine Aufmerksamkeit schenken würde. So gerne ich ihm in die Augen sah, denn dieses verdammte Mateband spürte ich nur zu gut. Dennoch herrschten große Bedenken in mir.

Xavier fragte: "Warum tust du mir das an?"

Antun? Was tat ich ihm an? Die Frage verstand ich nicht und sie verwirrte mich ohne Ende.

Zu meinem Missfallen wurden seine Augen schwarz und er fuhr mich an: "Antworte mir!"

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