Kapitel 24

25.3K 915 82
                                    

So vergingen ganze zwei Wochen und ich hörte absolut nichts von Xavier.

Meine Tage verbrachte ich hauptsächlich mit Melody. Sarafine war ein paar Mal vorbei gekommen und wir hatten uns langsam miteinander angefreundet.

Ich war erst so kurz hier, aber hatte bereits zwei Freundschaften geschlossen. Darauf konnte ich stolz sein.

Das einzige Problem war, dass ich Xavier nicht mehr angetroffen hatte. Lilia drehte am Rad ab und hielt es kaum aus. Damit steckte sie mich an und ich selbst spürte diese Unruhe.

Wie hielt Xavier das aus? Er musste das doch genauso spüren. Oder war es möglich, dass man es nicht fühlte? Falls ja, sollte er mir Tipps geben.

Heute hatte ich mir vorgenommen ihn selbst aufzusuchen. Bevor ich vollkommen irre wurde und Lilia wollte ich damit besänftigen.

Seit zwei Stunden war ich wach und wartete darauf, dass Melody endlich kommen würde. Ohne sie machte ich keinen Schritt im Anwesen. Unnötigem Ärger ging ich aus dem Weg.

Endlich ging die Tür auf und ich schoss vom Bett auf. Melody betrat mit einem breiten Lächeln den Raum und sagte: "Guten Morgen Layla." Ich war viel zu nervös für ein Lächeln, aber ich versuchte es. "Guten Morgen Melody."

"Wie geht es dir heute?" Smalltalk konnte etwas nervendes sein, da kam ich lieber gleich zum Punkt. "Melody, ist der Alpha aktuell im Haus?" Überrascht sah sie mich an und fragte: "Ja, warum?" Mein Herz hämmerte, wenn ich nur daran dachte dem Mann gegenüber zu stehen.

Ich räusperte mich und erklärte: "Ich würde gerne zu ihm." Im ersten Moment sah sie mich maßlos entsetzt an und kam anschließend auf mich zu. Sie legte ihre Hand auf meine Stirn, was mich irritierte. Melody meinte schließlich: "Nein, kein Fieber." Ich schlug ihre Hand weg und fragte: "Was soll das?" "Du willst ernsthaft freiwillig zum Alpha? So richtig freiwillig?" Melody musterte mich ernst und versuchte scheinbar meine Gedanken zu lesen.

Vermutlich dachte sie ich wäre übergeschnappt und den Gedanken konnte ich ihr kein bisschen verübeln. An ihrer Stelle würde ich nichts anderes denken.

In den letzten Wochen hatten wir ein paar Mal über ihn geredet. Das lag daran, dass ich es musste. Ich dachte ständig an ihn und wollte jegliche Info über ihn, die ich irgendwie erhalten konnte.

Die Blondine hatte Angst vor ihm, was nachvollziehbar war. Allerdings hatte er ihr nie etwas getan. Xavier schüchterte einfach jeden ein.

Ich seufzte, ging zur Tür hinüber damit ich mein Vorhaben endlich umsetzen konnte. "Sag mir wo er ist und ich gehe selbst hin." Ich öffnete meine Zimmertür und ging in den Gang hinaus. Sie kam mir nach und meinte: "Gib mir einen Moment." Ich nickte und blieb deshalb stehen. Vielleicht befand er sich im ersten Stock. Abwarten wäre die sinnvollste Lösung.

Schließlich nickte sie und wandte sich ernst an mich. "Der Alpha ist gerade in seinem Büro. Ich bring dich hin."

Einmal war ich in seinem Büro gewesen. Ich wusste ungefähr wo es lag, dort würde ich sogar alleine hinfinden.

Der Weg dorthin verlief schweigend und mein Herz würde mir bald aus der Brust springen. Mein Besuch bei ihm musste Sinn machen, ansonsten würde ich Preis geben, dass er mir fehlte. Und das musste Xavier unter keinen Umständen wissen. Aber ich hatte auch richtige Fragen an ihn, unvorbereitet war ich nicht.

Vor der Tür angekommen, dachte ich keine weitere Sekunde darüber nach und klopfte. Ansonsten hätte ich vielleicht den Schwanz eingezogen. Sofortiges Klopfen nahm mir diese Möglichkeit.

Melody warf mir einen überraschenten Blick zu und ich überraschte mich selbst damit. Ganz normal ließ mich mein Mate nicht mehr handeln. Sie nickte mir aufmunternd zu und flüsterte: "Viel Glück und das schaffst du." Ich zwang mir ein Lächeln auf und sie ging ihrer Wege.

Man hörte ein kühles: "Herein!" Es klang nicht zu genervt. Das war ein guter Start und mit leicht zittrigen Händen öffnete ich die Tür.

Xavier saß hinter seinem Schreibtisch und arbeitete gerade an etwas. Endlich sah ich ihn wieder. Nur dieser Anblick besänftigte meine innere Unruhe. Ein Wunder, dass Lilia ihre Klappe hielt.

Hinter mir schloss ich die Tür und als ich mich umdrehte, galt mir seine Aufmerksamkeit. Deshalb setzte mein Herz einen Schlag aus. Irgendwie hätte ich nicht damit gerechnet, dass Xavier mich richtig beachten würde.

Mit seiner bedrohlichen Stimme fragte er: "Wie kann ich helfen?" Weder hatte er schwarze Augen noch sah Xavier wütend aus. Scheinbar hatte ich einen guten Tag für ein Gespräch ausgesucht.

Ich fand den nötigen Mut und antwortete: "Ich wollte fragen, ob ich bei Möglichkeit meine Mum anrufen könnte, um ihr zu sagen, dass es mir gut geht."

Sie hatte über zwei Wochen nichts von mir gehört. Die Frau drehte durch vor Sorge. Und ich wollte selbst etwas von ihr hören. Ihre Stimme zu hören täte mir gut.

Kurz überlegte er und fragte anschließend: "Sonst noch was?"

Bekam ich keine Antwort? Umbringen würde es ihn nicht, wenn ich meine Mum anrufen würde. So etwas war wenig verlangt. Zumindest hatte er mir kein Nein gegeben. Die Hoffnung bestand weiterhin.

"Ich bin seit zwei Wochen eingesperrt. Deshalb wollte ich fragen, ob ich in den Garten darf und laufen war ich auch ewig nicht mehr." Es herrschte Ruhe, weshalb ich mich räusperte und fortfuhr: "Oder, nur wenn es ok ist, auch mal in die Stadt." Melody schwärmte davon und ich wollte aus diesem verdammten Haus raus.

Seine Augen wurden schwarz und er schloss sie sogar. Was mich wunderte, aber er tat es. Das sollte mir mehr als nur recht sein. So musste ich nicht in diese gruseligen Augen blicken. Xavier rieb sich den Nasenrücken und wirkte sehr angespannt. 

Was hatte ich falsch gemacht? Man konnte es wohl verstehen, dass ich hinaus wollte. Das war ein verständliches Bedürfnis.

Lilia war scheinbar doch anwesend, denn sie sagte: "Frag ihn, ob er mit uns nach draußen geht." "Er? Vermutlich würde Xavier eher sterben wollen als, dass er das tun würde." Meine persönliche Ansicht der Dinge und ich konnte mir nicht vorstellen, dass er eine andere Meinung hatte. Lilia fuhr mich an: "Frag!" 

Ich gab mir einen Ruck und fragte: "Hast du heute viel Arbeit? Wir könnten gemeinsam etwas unternehmen, falls meine Sicherheit deine Sorge ist." Das mit der Sicherheit war ein sehr gutes Argument. So wirkte es nicht nach einem verzweifelten Versuch, da ich meinen Mate in meiner Nähe haben wollte.

Xavier öffnete seine Augen und langsam wurden sie dunkelblau. Scheinbar hatte sich das Monster beruhigt, was mich ungemein erleichterte. 

Er nickte, stand von seinem Stuhl auf und sagte: "Dann zeige ich dir die Gegend, Layla."

Lilia schnurrte und sagte: "Layla, wie schön er deinen Namen ausspricht. Das schafft nur er." "Hast du gerade ernsthaft geschnurrt? So ungern ich dich in die Realität hole, aber du bist keine Katze." 

"Fokus! Xavier verbringt jetzt Zeit mit uns." Diese Realisation traf mich mit einer Wucht, die beinahe wehtat.

Er würde ernsthaft Zeit mit mir verbringen. Wir würden etwas unternehmen, dann etwas Normales.

Herzstillstand.

Cruel Alpha | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt