Kapitel 89 - Leben und Tod liegen nah beieinander

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Vergessen war meine angeschlagene Gesundheit. Sie wurde von etwas viel wichtigerem in den Hintergrund verdrängt; der beginnenden Geburt von Tara. Wie von selbst legte sich mein Arm um ihre Schultern, um sie zu stützen.

Iduna und Edrison hatten ebenfalls mitbekommen, dass etwas nicht stimmte. Besorgt eilten sie herbei. Meine Mutter wusste sofort was Sache war, sobald sie die Pfütze auf dem Boden entdeckte. "Die Geburt fängt an."

"Jetzt?" Edrison wirkte restlos überfordert. "Hier?"

"Na komm, Tara." Sanft dirigierte ich sie zu meinem Bett, damit sie sich darauf hinsetzen konnte. Der erste Schmerz war abgeebbt, die Angst dagegen geblieben, dass erkannte ich sofort, als ich Tara genauer ansah. "Jetzt geht dein Wunsch mich dabeizuhaben doch noch in Erfüllung", versuchte ich ihre Anspannung ein wenig zu lindern. 

"Bleibst du auch die ganze Zeit über bei mir?", fragte Tara zaghaft nach. 

Ich nickte. "Das tue ich. Versprochen."

"Ist ... ist Bellava auch da?"

"Sie hat mich zusammen mit Kimura hergebracht. Warum?"

"Meinst du sie würde ... mir ...", verlegen brach sie ab.

Ich dagegen verstand nur zu gut, dass Tara in so einem Moment ihre Freundinnen um sich haben wollte, damit alle für sie da waren.

"Geh und hol einen Arzt", trug meine Mutter gerade Peavey auf, der wie geordert und nicht abgeholt mitten im Zimmer stand und nichts mit sich anzufangen wusste. 

"Such Kimura", warf ich schnell dazwischen. "Und wenn du ihn findest, bring auch gleich Bellava mit. Sie kennt hier niemanden, daher wird sie sich an ihn gehalten haben." 

Edrison nickte eifrig, froh darüber, eine Aufgabe zu haben, die ihn von hier wegführte. 

Neben mir sog Tara tief und zischend die Luft ein, abgelöst von einem Wimmern. Eine neue Wehe brach gerade über sie herein. Automatisch spannte sie sich an. Mit einer Hand streichelte ich solange über ihren Rücken, wie der Schmerz anhielt. Ihre Töne in Kombination mit ihrer Atmung verrieten mir deutlich, wann es wieder vorbei war. 

"Versuche, dich bei der nächsten Wehe nicht so stark zu verkrampfen", riet Iduna. "Ich weiß, dass das weh tut, aber jede einzelne Wehe bringt dich weiter."

Tara nickte matt, entgegnete jedoch nichts. Stattdessen sank sie ein wenig zur Seite, um sich an mir anzulehnen. 


Taras Wehen hatten in einer relativ kurzen Zeit deutlich an Stärke und Intensität zugenommen, die Abstände dagegen wurden definitiv kürzer. Zu Beginn stöhnte sie noch und wand sich unruhig herum, wenn eine neuerliche Wehe über sie hinwegrollte, aber inzwischen hielt sich sich nicht mehr zurück, sondern schrie ihren Schmerz laut heraus. 

Zudem gab sie meine Hand nicht mehr frei, sondern klammerte sich regelrecht daran fest, und sobald sie von einer weiteren Wehe attackiert wurde, zerquetschte sie meine Finger regelrecht. Die ganze Zeit über blieb ich bei ihr und sprach tröstend auf sie ein. Zudem war es mir ganz recht, dass ich neben Tara im Bett liegen und mich etwas erholen konnte konnte. Zumindest mein von der Folter in Mitleidenschaft gezogener Körper dankte es mir. 

Iduna dagegen war aufgrund dieser Entwicklung zunehmend beunruhigt. "Das geht zu schnell. Die Abstände verkürzen sich in einem zu kurzen Zeitrahmen. Normalerweise baut sich die Wehentätigkeit langsam, aber kontinuierlich auf."

Widerwillig wandte ich den Kopf zu Iduna. "Was willst du damit sagen?"

"Dass wir deiner Freundin möglicherweise bei einer Sturzgeburt beistehen müssen."

Love and Betrayal, General HuxWo Geschichten leben. Entdecke jetzt