Kapitel 11

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Wimmernd wachte ich auf. Wie Flammen breitete sich das brennende Gefühl auf meinem Rücken aus. Mühsam setzte ich mich auf, zog die Beine an und schlang meine Arme um sie. Quälend langsam wippte ich hin und her. Warum nur tat es so weh? Womit hatte der Mistkerl mich eingerieben? Tränen liefen mir über die Wangen, tropften auf meine Knie. Die Tür öffnete sich, das Licht ging an und jemand setzte sich aufs Bett. Eine Hand berührte meine Stirn, verweilte dort für einen Moment. Dann drückte die Männerhand meine Beine auf die Matratze. Gleich darauf landete ein Tablett auf meinem Schoß. Eine Schüssel mit Brühe, ein Stück duftendes Brot und ein Glas Wasser standen drauf.

„Iss erstmal was. Danach sehe ich mir nochmal deine Wunden an." Der Sohn des Mafiabosses erhob sich und verließ wieder den Raum. Unentschlossen nahm ich den Suppenlöffel in die rechte Hand. Sollte ich es wirklich essen? Was, wenn es vergiftet war? Tief atmete ich den Geruch ein. Mein Magen knurrte, erinnerte mich daran, dass ich schon viel zu lange nichts mehr gegessen hatte. Außerdem, wenn er mich töten wollte, hatte er sicher bessere Methoden als Gift. Zaghaft probierte ich. Die warme Flüssigkeit rann meine schmerzende Kehle hinunter, entspannte die lädierten Muskeln. Die Brühe war genau richtig gewürzt. Ich legte den Löffel zur Seite, stippte stattdessen das frische Brot ein. Es war eine Art Fladenbrot, das leicht nach Olivenöl schmeckte und mit Salz bestreut war. Genüsslich aß ich so eine Weile.

„Das ist Focaccia. Zwar nicht das typische Brot meiner Heimat, aber wir wussten nicht, ob du Sesam magst. Daher haben wir dir das hier gegeben. Wird normalerweise als eigenständige Mahlzeit angesehen und nicht zu einem Essen dazu gereicht." Mick strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. „Wie schmeckt dir die Brühe? Raffa hat sie für dich zubereitet. Er meinte, wenn du sie ohne Probleme drinnen behältst, kocht er morgen eine Hühnersuppe." Erstaunt drehte ich mich zu dem grünäugigen Italiener. Der Blauäugige hatte extra für mich gekocht? Das konnte er seiner Großmutter erzählen.

„Michaele, verzieh dich. Sie braucht Ruhe, damit wir sie loswerden können, bevor Padre zurückkehrt", knurrte der Schwarzhaarige, der ohne Vorwarnung neben dem Bett auftauchte.

„Unser Vater hat schon genug angerichtet. Dakota sieht aus, als ob sie Fieber und Schmerzen hat." Mitleidig sah Mick mich an.

„Eben, und deswegen verziehst du dich. Geh mit Sam Klamotten für sie organisieren. Egal wo, egal was. Hauptsache ihr zwei verschwindet eine Weile", zischte der Ältere. Der grimmige Blick, mit dem er den Jüngeren bedachte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Trotz des Tabletts auf meinem Schoß wich ich langsam von ihm weg zur Wand hin.

„Dir ist schon klar, dass dir das nichts bringt?", bemerkte er mit einem süffisanten Grinsen, nachdem Mick die Tür hinter sich ins Schloss gezogen hatte. Er hob das Tablett von meinen Beinen und stellte es auf dem Fußboden ab. Misstrauisch beobachte ich, wie er sich aufs Bett setzte.

„Komm her, Piccola, ich muss mal deine Wunden kontrollieren." Widerwillig rutschte ich zu ihm, hielt dabei krampfhaft die Decke fest, die ich mir kurz zuvor über meinen Busen gezogen hatte.

„Die musst du schon loslassen." Der Italiener löste meine verkrampften Hände vom Stoff und trug mich ins Bad. Dort setzte er mich auf dem Rand des Waschbeckens ab. Geschickt wickelte er den Verband ab. Ich wimmerte auf, als er den letzten, an meiner Haut festgeklebten Teil, abriss. Ein widerlicher Geruch stieg mir in die Nase und der Blauäugige hinter mir zischte leise. Achtlos warf er den Verband auf den Boden. Ich schaute runter und sah dunkelrote und gelbe Flecken auf dem Stoff. Erschrocken schielte ich zum Spiegel, wodurch ich einen Teil meines Rückens sah. Eine rote Masse mit gelblichen Stellen. Fassungslos schrie ich auf, doch heraus kam kaum mehr als ein Röcheln. Eine Erinnerung daran, dass meine Stimme womöglich nie wieder normal sein würde. Tränen sammelten sich in meinen Augen.

„Wärst du nicht so dumm gewesen, dich mit den falschen Leuten abzugeben, wäre das nicht passiert", knurrte der Schwarzhaarige mir ins Ohr. „Zappele nicht rum, das muss gesäubert werden." Wieder hob er mich hoch und setzte mich in die Wanne. Sein Blick fiel dabei auf meine Oberweite. Schnell verschränkte ich die Arme vor der Brust.

„Eh viel zu klein für meinen Geschmack", kommentierte er trocken. Was für ein Arschloch, schoss es mir durch den Kopf. Mürrisch wandte ich mich von ihm ab. Bemerkte noch kurz aus dem Augenwinkel sein Schmunzeln. Diabolischer gutaussehender Bastard. Ich seufzte innerlich. Selbst unter anderen Umständen hätte ein Mädchen wie ich keine Chance bei einem Mann wie ihm. Er war mindestens sieben Jahre älter. Sein Dreitagebart gab ihm eine verwegene Ausstrahlung. Das Blau seiner Augen, das Gebirgsseen ähnelte, wirkte hypnotisierend auf mich. Obwohl er ein Krimineller war, gab er mir Geborgenheit, ein Gefühl von Sicherheit.

Warmes Wasser rieselte auf meinen Rücken, brannte auf der kaputten Haut. Ich legte die Stirn auf den herangezogenen Beinen ab. Mich gegen das Duschen zu wehren, hatte vermutlich eh keinen Zweck. Der Italiener schien mir nicht der Typ zu sein, der Widerworte duldete. Genau wie sein Vater. Ich zitterte beim Gedanken an den Mafiaboss.

„Zu kalt?" Der Schwarzhaarige streckte seine Hand zum Wasserhahn aus, um die Temperatur der Handbrause zu regulieren.

„Nein, geht schon. Habe nur gerade an etwas gedacht", winkte ich flugs ab.

„An meinen Vater, oder?" Er legte die Brause zur Seite. „Könnte gleich etwas weh tun, aber irgendwie müssen wir die Entzündung bekämpfen. Verspüre wenig Lust darauf, dass du dir eine Sepsis einfängst. Dann müssen wir unseren Arzt hinzuziehen und der informiert wiederum meinen Vater." Er kippte mir irgendeine Flüssigkeit auf den Rücken und ich kreischte auf. Dieses Mal klang es selbst ein wenig danach. Die Wunden brannten noch mehr als zuvor, falls das überhaupt möglich war.

„Sorry Kleines, geht nicht anders. Ich muss dich schnellstmöglich gesund kriegen, damit ich dich loswerden kann, bevor meine Eltern aus dem Urlaub zurückkommen." Unbarmherzig rieb er das widerliche Zeug ein. „Auf eine Wiederholung des letzten Dramas kann ich verzichten", fügte er murmelnd hinzu. Meine Neugierde war geweckt, doch ich wagte es nicht, ihn nach der Sache zu fragen. Ich war schon froh, dass er überhaupt normal mit mir redete. Das hatte ich vor einigen Stunden noch nicht erwartet. Warum auch immer er mir half, ich hatte nicht vor, es mir mit ihm zu verscherzen. Daher ließ ich es widerstandslos zu, dass er mir den Rücken abspülte, wodurch dieser gefühlt endgültig in Flammen stand.

Kurz saß ich wieder auf dem Bett in seinem Zimmer. Noch immer nackt, doch das schien ihn herzlich wenig zu interessieren. Konzentriert verarztete er mich weiter, aber als er eine Spritze und ein kleines Fläschchen auf den Nachtschrank stellte, rutschte ich von ihm weg.

„Vergiss es, du jagst keine Spritze in meinen Körper", grummelte ich so energisch, wie meine Stimme es zuließ.

„Reg dich ab, das ist nur ein Breitbandantibiotikum." Er zog die Spritze auf und kam mir hinterher.

„Dann gib mir Tabletten", maulte ich weiter, die fiese Nadel nicht aus den Augen lassend.

„Du bist wirklich saudumm." Fassungslos schüttelte der den Kopf, dann packte er grob meinen Arm. „Was meinst du wohl, was mit deinem Magen passiert, wenn du das Antibiotikum einnimmst? Vor allem, weil du ein paar Tage nichts gegessen hast und geschwächt bist." Ich sah ihn nachdenklich an, hatte aber keine Antwort parat, weshalb er dann fortfuhr. „Das Zeug zerlegt dir dein komplettes Immunsystem. Also stell dich nicht so an."

Beleidigt wandte ich mich ab und versuchte, den Schmerz zu ignorieren, als er mir das Giftzeug direkt in den Muskel spritzte. Ich war also nicht nur hässlich, stellte mich an, nein, seiner Meinung nach war ich auch noch dumm. Arschloch.

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Ist Raffaele nicht herzallerliebst? 😎

Was meint Ihr? Weshalb hilft er Dakota einerseits, behandelt sie andererseits so herablassend?

Verdammte MafiosiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt