Raffaele dirigierte mich zurück zu dem Sitzplatz neben seinem Vater. Er setzte sich, zog mich auf seinen Schoß. Die Blicke der Anwesenden brannten noch mehr als zuvor. Ich versteckte das Gesicht an Raffas Halsbeuge. Sein betörender Geruch beruhigte mein wild klopfendes Herz. Die Wärme und seine um meinen Körper geschlungen Arme taten ihr Übriges. Bei ihm war ich in Sicherheit, war es immer gewesen.
„Nachdem nun geklärt ist, dass Caralina an keiner Mission teilnehmen wird, können wir zum Wesentlichen übergehen." Wie üblich duldete er keinen Widerspruch, die Stimme eisig und hart. Ich kuschelte mich noch enger an Raffa, der mir kleine Kreise auf den Rücken malte. Die sanfte Geste ließ mich schläfrig werden. Ich schaltete ab, hörte der Besprechung nicht mehr zu. Stattdessen dachte ich an die gemeinsame Zeit in Kalifornien und wie sehr ich sie in den vergangenen Monaten vermisst hatte. Erst das Scharren von Stuhlbeinen auf dem Parkettfußboden holte mich zurück in die Realität.
„Somit kann ich deiner Mutter mitteilen, dass sie eure Hochzeit planen kann. Leider wird die Feier aufgrund der aktuellen Lage hier in Toledo stattfinden, nicht am Strand, wie du es dir gewünscht hast." Der Don drückte seinem Sohn die Schulter, bedachte mich mit einem Lächeln. „Ich bin froh, dass wir dich wiederhaben, bambina. Annetta und Alerio werden glücklich sein, dich wieder in ihre Arme zu schließen." Er lief zur Tür, durch die gerade die letzten Besprechungsteilnehmer verschwanden. „Bevor ich es vergesse. Kommt dieser Idiot noch einmal auf die Idee, dich wegzuschicken, kommst du zu mir. Capisce?"
„Sì, il mio padrinho." Ich versuchte, aufzustehen, doch Raffa umklammerte mich noch fester. Er war es doch, der mich fortgeschickt hatte. Da veranstaltete er jetzt so einen Aufriss? Langsam schlich sich die seit dem Wegschicken aufgestaute Wut in mein Herz.
„Das heißt ab jetzt papà für dich." Der Don zog die massive Holztür hinter sich ins Schloss und verriegelte sie. Ich schluckte schwer. Ließ der Mistkerl mich ernsthaft mit seinem Sohn allein? Vermutlich, damit wir uns aussprachen. Wollte ich das? Klar hatte ich mich nach Raffa gesehnt, doch jetzt wo er bei mir war, wünschte ich ihn zum Teufel.
„Mi dispiace, mia amore." Sanft küsste er mich auf die Schläfe. War es das? Eine kurze Entschuldigung und damit war alles wieder gut? Ich schnaubte empört. Die aufgestauten Gefühle brachen durch, rissen alles in ihrem Weg wie eine Gerölllawine mit.
„Hast du auch nur einen Moment daran gedacht, wie sehr du mir wehgetan hast?" Die ersten Tränen wallten auf, drohten bereits, zu fallen und mich in einen Strudel aus Emotionen zu reißen. „Ist dir klar, wie sehr ich dich vermisst habe? Von einem Moment auf den anderen stand ich völlig allein da. Nicht einmal verabschiedet hatte ich mich von meinen Zieheltern oder den Jungs." Meine Wangen wurden nass, meine Kehle schnürte sich unaufhaltsam zu. „Ich dachte, ich würde euch nie wiedersehen." Ein Schluchzer, dann ein zweiter. Seine Umklammerung wurde mir zu viel. Ich schlug die Fingernägel in seine Arme, bis er mich endlich losließ.
„Cara, ich..." Er ließ die Hände kraftlos sacken, wich meinem Blick aus. War ja wieder typisch. Wenn er nicht lernte, für seine Taten geradezustehen und sich seine Gefühle einzugestehen, dann war ich hier raus. Ich stürmte zum Fenster, riss es weit auf. Daneben verlief an der Außenwand ein Rankgitter, das einen Stock hinauf führte. Dantes Zimmer, praktischerweise mit einem Balkon, lag genau über dem Besprechungsraum.
„Ich rede erst wieder mit dir, wenn du dazu bereits bist", warf ich Raffa bissig zu. „Im Moment bist du davon ja noch weit entfernt." Ich schwang mich auf das Fensterbrett, packte eine Sprosse des Gitters fest.
„Caralina!" Seine Stimme verfolgte mich bis nach draußen. Er klang eindeutig angepisst. Das war dann wohl sein Problem. Ich sah es nicht ein, mich weiterhin wie ein x-beliebiges Spielzeug, das er je nach Laune in eine Ecke warf, behandeln zu lassen. Die Zeit war vorbei. Ich hangelte mich nach oben, zu Dante, der auf der Balkonbrüstung lehnte und meine Kletterpartie schmunzelnd beobachtete.
„Dachte ich mir doch, dass du abhauen würdest." Der Italiener packte meinen Arm fest, zog mich zu sich auf den Balkon und von dort in sein Zimmer. „Du und mein Cousin also, hm. Bist du dir sicher, dass du ihn heiraten möchtest? Mein Vater kann meinen Onkel vielleicht überreden, die Sache fallenzulassen."
„Ich weiß nicht." Zumindest nicht in diesem Augenblick. In Raffas Armen zu liegen war zwar das, wonach ich mich am meisten sehnte, dennoch benötigte ich ein wenig Abstand. Vorzugeben, dass alles in bester Ordnung wäre, sah ich nicht ein. Dafür hatte er mich zu mies behandelt. Ein lautes Poltern an der Zimmertür schreckte mich auf. Das war jetzt nicht sein Ernst! Die Tür bebte regelrecht. Plante er, sie aufzubrechen?
„Dante, apri la porta, dannazione!" Raffaele klang rasend vor Wut. Auf die Begegnung verzichtete ich lieber. Ich rannte zurück auf den Balkon, schwang mich über die Balkonbrüstung und kletterte geschwind wie ein Eichhörnchen am Rankgitter nach unten. Angst verlieh anscheinend tatsächlich Flügel. Nicht, dass ich mich vor meinem Ex fürchtete. Ich hatte nur keine Lust auf ein Gespräch mit ihm.
Bald erreichte ich das Ende des Gitters. Das Gras federte den Sprung aus etwa einem Meter Höhe ab. Nachdenklich sah ich mich um. Wo steckte der Don? Nicht Dantes Vater, sondern der von Raffa. Je eher ich ihm erklärte, dass ich Abstand von seinem Sohn benötigte, desto besser. Mit etwas Glück fand ich ihn im Wohnzimmer. Weit kam ich nicht. Ein starker Männerarm schlang sich um meine Taille, eine Hand hinderte mich am Schreien. Mein Herz blieb für einen Moment stehen. Hatte er mich so schnell erwischt? Nicht mit mir. Ich trat wie ein störrischer Esel nach hinten aus.
„Beruhige dich, ragazza." Eine tiefe vertraute Stimme. Alfonso. „Ich bringe dich erst einmal zum Wohnhaus. Deine Adoptiveltern sind dort abgestiegen, wie ich eben mitbekommen habe. Etwas Abstand tut dir vermutlich gut." Ich nickte gegen den Widerstand an. Der Mann ließ mich sofort los. „Bene, jetzt aber schnell, bevor dein Freund uns entdeckt."
„Das fehlt mir gerade noch zu meinem Glück", murmelte ich, folgte Alfonso eilig zu seinem Wagen. Mit quietschenden Reifen fuhren wir vom Grundstück, ließen die Menschen, die wieder über mein Leben bestimmen wollten, zurück. Meine Gedanken wanderten zu Alerio. Wie würde er gleich reagieren? Bekam ich Ärger? Erwartete er von mir, dass ich, ohne zu zögern, einer Heirat mit dem Sohn seines Dons zustimmte? Oder unterstützte er mich bedingungslos?
Ich krallte meine zitternden Finger in den Autositz. Wieso nur war ich nicht zu Gina abgehauen, als ich die Möglichkeit dazu hatte?
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Habt Ihr Dakotas Reaktion nach dem vergangenen Kapitel erwartet?
Wie wird es jetzt mit Dakota und Raffa weitergehen?
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Verdammte Mafiosi
ActionNeugier ist der Katze Tod, sagen sie. Für Dakota dagegen eine Möglichkeit, Schlimmerem zu entgehen. Panisch flüchtet sie vor dem Mann, bei dem sie die Ferien verbringen sollte. In einer Stadt, in der sie außer ihm nur zwei weitere Menschen kennt. We...