Kapitel 4

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Die darauffolgenden Tage verliefen alle gleich. Vor dem Frühstück Yoga, später Gymnastik. Nach dem Mittag Fotoshootings, aber zu meiner Erleichterung nicht halbnackt, sondern entweder mit Kleidern oder Röcken. Gegen Hosen hatte Harold etwas. Den Grund verriet er mir nicht. Vor dem Abendessen stand Schwimmen auf dem Programm und nach dem Essen wurde ich früh ins Bett geschickt. Langsam kam es mir so vor, als ob mein Stiefvater es so mit ihm besprochen hatte, um mich zu ärgern. Nicht einmal ein kleines Stück Schokolade oder ein Eis war mir vergönnt. Ich sehnte das Ende dieses Urlaubs herbei. Zu meiner Erleichterung war die erste Woche fast vorüber. Da ärgerte ich mich noch lieber mit Brittany herum, als bei dieser Spaßbremse zu sitzen. Dabei beschäftigte ich mich zuhause nur mit Schule, lernen und schlafen. Freunde treffen, Partys, das gab es nicht, wenn man Dakota Evans hieß. Stellte ich mich nur an und meinte der Mann es gut mit mir?

„Dakota? Bitte gehe doch gleich ins Bett, damit du für morgen fit bist. Ein Kumpel unterstützt mich mit den Aufnahmen und wir wollen noch etwas vorbereiten. Ich bin in etwa drei Stunden zurück", teilte Harold mir mit, nachdem er sein Telefongespräch beendet hatte. Auf mein braves Nicken hin steckte er sein Smartphone in die Jackentasche und verließ das Haus.

„Schon wieder früh ins Bett? Nicht mit mir", grummelte ich und lief zu dem Sideboard im Wohnzimmer. Mein Handy hatte ich seit der Ankunft nicht mehr gesehen und ich beschloss, es zu suchen. Zwar war ich weder auf Facebook noch auf Instagram oder einer anderen sozialen Plattform unterwegs und brauchte es nicht um Likes oder Follower abzuchecken. Doch wollte ich mal ein wenig über Santa Monica nachlesen. Irgendwie reizte es mich auch, etwas über die örtliche Mafia nachzuforschen. Ob Mick und Sam wohl dazugehörten? Ich legte meine Stirn in Falten und grübelte nach. Die Jungs waren echt nett. Außerdem, Schwule in einer italienischen Mafiafamilie? Nie im Leben!

Genervt durchwühlte ich die Schubladen und schaute in die Schränke. Es passte so gar nicht zu meinem normalen Verhalten, dessen war ich mir bewusst. In fremden Häusern herumzuschnüffeln war ein absolutes No-Go, doch ich verstand nicht einmal, warum er es mir überhaupt weggenommen hatte. Seufzend ließ ich mich auf meinen Hintern fallen. Wo hatte Harold mein Smartphone nur versteckt?

Sein Büro!

Missmutig rappelte ich mich auf und strich das Kleid, das ich heute trug, wieder glatt. Mit unbedeckten Beinen auf den Fliesen zu hocken, war mir etwas zu kühl. Nachdenklich lief ich zu dem Raum, den ich nicht betreten durfte. Meine Hand lag schon auf der Türklinke, doch ich zögerte. Es gehörte sich nicht. Die Tür öffnete sich leise und ich zog die Finger von der Klinke, als ob sie mich verbrannt hatte. Denn so brannte meine Handinnenfläche, weil ich den Türgriff doch hinuntergedrückt hatte. Vorsichtig betrat ich den Raum. Das bläuliche Licht des PC-Bildschirms zog mich magisch an. Ich starrte auf das geöffnete Fenster, bei dem ich eine Vorschau meiner Bilder erhielt. Harold hatte sie mir bisher nicht gezeigt, also klickte ich sie der Reihe nach an. Sahen gar nicht mal so schlecht aus.

Ich klickte in der Leiste mit dem Speicherort auf einen Ordner zu weit. Es gab noch Mappen mit anderen Mädchen. Neugierig wählte ich eine aus. Wie wohl ihre Bilder aussahen? Vielleicht fand ich einen Hinweis, was mich in der zweiten Woche erwartete.

Die ersten Aufnahmen waren meinen ähnlich. Eine schüchterne junge Frau mit schwarzen Haaren, die stets zuversichtlicher und selbstbewusster in die Kamera schaute. Völlig bekleidet, so wie ich bisher. Dann kamen Bilder in Bikinis und Unterwäsche. Obwohl die Fotos schön waren und die Schwarzhaarige entspannt aussah, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Ich wollte mich nicht so fotografieren lassen, nicht einmal für Geld. Angewidert schüttelte ich mich. Dann öffnete ich den Unterordner, der die Bezeichnung Videos trug. Willkürlich klickte ich eines an, das etwa neun Tage nach den ersten Fotos erstellt worden war.

Nach Luft schnappend krallte ich mich am Bürostuhl fest, bohrte meine Fingernägel tief in dessen Lehne. Das durfte nicht wahr sein. Tränen füllten meine Augen und ich kontrollierte schnell die Mappen anderer Mädchen. Bei allen der gleiche Ablauf. Ruckartig ließ ich die Maus los und rannte in mein Zimmer. Dort sank ich auf den Boden. Vereinzelte Tropfen landeten auf meinem Schoß oder den Fliesen. Was sollte ich nur tun? Rief ich die Polizei, dann bekam zwar mein Stiefvater Ärger, dass er mich hierhergeschickt hatte, aber damit auch meine Mutter. Mama musste ich hier raushalten.

Der kalte Fliesenboden ließ mich frösteln. Ich kroch zum Koffer, der mutterseelenallein beim Schreibtisch stand, und kramte die erste Jeans heraus, die ich zu fassen bekam. Schnell zog ich sie an und nahm mir meine Jacke. Bei der Haustür schlüpfte ich in meine Sneakers und stahl mich hinaus. Zitternd sah ich mich um. Niemand war draußen. In einem ersten Impuls lief ich Richtung Strand, um nachzudenken.

Fünfzehn Minuten später sackte ich in den Sand und starrte aufs Meer. Keine Menschenseele hatte mich auf dem Weg hierher trotz meiner Tränen angesprochen. Ich hätte auch nicht antworten können. Was sollte ich denn sagen?

Der Mann, bei dem ich momentan Urlaub mache, ist ein Monster?

Nein, dann brachte ich meine Mutter in Schwierigkeiten. Ob mein Stiefvater wusste, zu was für einem Schwein er mich geschickt hatte? Zuzutrauen war es ihm.

Ich zuckte zusammen. Was dachte ich da schon wieder? Hasste ich ihn so sehr, dass ich ihm selbst Gräueltaten zutraute? Meine Hand fuhr in den Sand, nahm etwas davon hoch und ich sah zu, wie er durch die Finger rann. Was machte ich jetzt? Wenn ich doch nur das Kärtchen mit Micks Telefonnummer hätte. Doch die hatte Harold zerrissen und weggeworfen, bevor wir den Park überhaupt verließen.

Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen, beim Gedanken an den Italiener. Seine Umarmung war so herzlich gewesen. Die Sorge in seinen Augen, als er mir die Visitenkarte reichte. Die sanfte Berührung an meinem Po.

Augenblick mal.

Ich schloss die Augenlider und versetzte mich zurück zu dem Moment, an dem seine Hand kurz meinen Hintern berührt hatte. Nicht direkt am Po. Nein, wenn ich so darüber nachdachte, hatte es sich angefühlt, als ob er etwas in meine Jeanstasche geschoben hatte. Ich öffnete meine Augen und starrte auf meine verschränkten Beine. Es war die gleiche Hose, die ich jetzt trug. Ich sprang auf und fummelte an der rechten Gesäßtasche herum.

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Woooooot. 100 Follower. Ein riesiger Meilenstein für mich. Knackt dazu Tempestuoso heute die 50k reads, dann feiere ich das, indem ich hier heute Abend ein zweites Kapitel hochlade. 

Ach ja, zur Geschichte. Was meint Ihr, erreicht sie die Jungs?

Verdammte MafiosiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt