Kapitel 45

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„Ciao gattina!" Von der lauten Jungenstimme überrascht purzelte ich vom Bett. Irritiert rieb ich mir den schmerzenden Po. Wie kam der Blödmann so schnell hierher und wer hatte ihn in mein Zimmer gelassen? „Mi dispiace, ich wollte dich nicht erschrecken." Dante führte einen Arm unter meinen Kniekehlen durch, den anderen schlang er um meinen Rücken. Er hob mich vom Boden hoch und setzte mich sanft auf dem Bett ab. Dann hockte er sich hin, suchte Augenkontakt.

„Vaffanculo!" Was erschreckte er mich auch so? „Wie bist du überhaupt hereingekommen?" Er senkte augenblicklich seinen Blick, ein Hauch von Enttäuschung auf dem Gesicht. Hatte er etwa erwartet, dass ich ihm für sein überfallartiges Auftauchen um den Hals fiel? Ich schnaubte abfällig. Dante fummelte an seiner hinteren Hosentasche herum, hielt mir ein Kärtchen vor die Nase.

„Meinem Vater gehört das Gebäude. Es sind seine Leute, die hier wohnen. Mit dieser Karte kann ich jedes Zimmer betreten. Somit auch deines." Ein schelmisches Grinsen vertrieb die zuvor enttäuschte Miene. Wieder einmal traf es mich wie ein Faustschlag in den Magen, dass er Raffa so ähnlichsah. Das Einzige, was fehlte, waren die eisblauen Augen, die mich ins Verderben gezogen hatten. Ich seufzte. Nein, die gemeinsame Zeit mit diesem halsstarrigen Italiener war keine Zeitverschwendung oder Schlimmeres. Wieso vermisste ich ihn nur so sehr? Lag es daran, dass er mein erster Freund war? Meine Augen füllten sich mit Tränen. „Tigrotta, hörst du mir überhaupt zu?"

„Lass mich einfach in Ruhe, Dante." Ich drehte mich von ihm weg, starrte die Wand an. Die Matratze senkte sich hinter mir ein Stück. Der Kerl kapierte es nicht.

„Wieso bist du nur so abweisend, cucciola? Wer hat dich verletzt?" Spielte er damit auf die Narben auf meinem Rücken an oder auf meine depressive Stimmung?

„Hau einfach ab und höre endlich auf, mich mit Kosenamen anzusprechen. Nenn mich einfach..." Ich biss mir auf die Zunge. Wortwörtlich. Fast hätte ich ihm gesagt, er sollte mich Caralina nennen. „Ruf mich einfach bei meinem richtigen Namen."

„Wie du wünscht", entgegnete er kühl. Beleidigte Leberwurst. Klar, Dante war nett, sah gut aus, doch er war nicht der, nach dem ich mich mit jeder Faser meines Körpers sehnte. Außerdem war er ein Mafioso, obendrein der Sohn eines Dons. Von der Spezies hatte ich im Augenblick die Nase gestrichen voll.

„Weswegen bist du überhaupt hergekommen?" Obwohl es mir missfiel, führte ich besser ein wenig Smalltalk mit ihm, da meine Zukunft möglicherweise auch von ihm abhing.

„Alfonso erwähnte bei der Nachbesprechung, dass du nur wenig eingepackt hast. Ich dachte, ich begleite dich zum Einkaufen in die Stadt und lade dich obendrein in ein Café ein. Die haben dort herrliche Cannoli. Nicht so gut, wie von meiner mamma, aber mit zu mir nach Hause kommst du wohl nicht. Selbst wenn ich dich auf den Knien anflehe, oder?" Ich drehte mich zu ihm um. Sein Dackelblick war wirklich entzückend, doch es war besser, wenn ich hart blieb. Allerdings sah ich nichts Böses darin, mit ihm zum Shoppen zu gehen.

„In die Höhle des Löwen begleite ich dich nicht, aber Einkaufen klingt gut." Ich schenkte ihm ein zaghaftes Lächeln. Solange er nicht versuchte, auf Tuchfühlung zu gehen, beschloss ich, seine Anwesenheit zu tolerieren.

Etwa zwei Stunden später schleppten Marco und Adriano die Einkaufstüten mit neuer Kleidung für mich. Keinen Dollar hatte ich bisher ausgegeben. Der dickköpfige Italiener zahlte alles mit der Kreditkarte, die er von seinem Vater erhalten hatte. Ein eisiger Klumpen breitete sich in meinem Magen aus. Wie sollte ich das jemals zurückzahlen?

„Dante, das ist wirklich zu viel." Ich schaute misstrauisch auf den Fetzen Stoff, den er dieses Mal in den Händen hielt. Ein Cocktailkleid, ein ausgesprochen kurzes. „Vergiss es." Ich drehte um und lief in unsere zwei Begleiter hinein.

„Du bleibst schön hier." Adriano schlang einen Arm um meinen Körper und bugsierte mich Richtung Umkleide, in die er mich unbarmherzig schob. Dante reichte mir das Kleid hinterher.

„Probiere es einfach an. Es steht dir mir Sicherheit." Marco nickte mir zuversichtlich zu, bevor er kurzerhand den Vorhang vor meiner Nase zuzog. Männer! Oder uomi, wie Maria sagte. Seufzend wechselte ich die Kleidung. Mit zusammengekniffenen Augen und aufeinandergepressten Lippen betrachtete ich im Spiegel das Grauen, drehte mich einmal um die eigene Achse. Der Stofffetzen bedeckte die Narben auf meinem Rücken und ging mir bis zur Mitte des Oberschenkels. Viel zu kurz für meinen Geschmack. Widerwillig trat ich aus der Kabine.

„Bellissima!" Die drei Chaoten starrten mich an, als ob ich ein Weltwunder wäre. Es sorgte nicht gerade dafür, dass ich mich wohl in meiner Haut fühlte. Den Herren der Schöpfung schien das egal zu sein. Sie gafften anstandslos weiter.

„Das bedeckt ja kaum meinen Hintern", maulte ich, schaute dabei auf meine Fußspitzen, um den Blicken zu entgehen. „Haben die nicht etwas Längeres?"

„La ragazza è pazza." Adriano leckte sich über die Lippen. Jetzt reichte es mir aber!

„Das Mädchen ist nicht verrückt und guck mich nicht so an, als ob ich eine Geschenkpackung Tartufi wäre, die du unbedingt auspacken willst."

„Du siehst aber zum Anbeißen aus, Dakota." Die drei Jungs lachten. Dante umkreiste mich wie ein Raubtier seine Beute. Immer zum Sprung bereit, um mich nicht entkommen zu lassen. Meine Kehle war plötzlich wie ausgetrocknet. Mühsam schluckte ich.

„Das Kleid werde ich aber eh nie brauchen", gab ich lahm zu bedenken, obwohl ich keineswegs überzeugt von meinen Worten war. Die Kalifornier hatten mich zu einer Hochzeitsfeier mitgeschleppt und so wie Dante sich verhielt, traute ich ihm zu, mich ebenfalls als Begleitung für eine Feier einzusetzen. Ich schlug mir mental vor die Stirn. Warum hatte ich nach wie vor Gina noch nicht kontaktiert? Bei ihr wäre ich bestimmt in Sicherheit. Stattdessen ließ ich zu, dass der Sohn eines Dons mir Kleidung kaufte. Wieso war ich nur so dumm?

„Doch, wirst du." Dante holte mich aus meinen Gedanken. „Ich kann dir auch erzählen, warum." Er warf einen Blick über seine Schulter. „Aber nicht hier. Das lässt sich besser im Sitzen besprechen." Er schob mich zurück in die Umkleide und zog den Vorhang zu. Verdattert schaute ich auf den Stoff, der noch leicht hin und her wippte. Was plante der Idiot jetzt wieder? Die Geheimnistuerei missfiel mir und ich fragte mich, ob mir die Informationen, die ich bald erhalten sollte, gefallen würden. Doch je eher ich es hinter mich brachte, desto besser. Schnell schlüpfte ich in meine normale Kleidung, sah danach missmutig zu, wie Dante das Cocktailkleid kaufte. Marco und Adriano trugen die prall gefüllten Einkaufstüten zum Wagen, trafen uns dann vor einem kleinen italienischen Café. Ich atmete tief durch. Dann mal los.

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So, jetzt muss ich aber erst einmal in Ruhe weiterschreiben. Nächster Upload wie gewohnt, ergo nächsten Sonntag.

Wer erklärt Dakota, dass sie endlich mal Gina anrufen soll? Ich sehe sonst schwarz für sie.

Verdammte MafiosiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt