Kapitel 57

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Der Spanier drückte mich auf die stinkende Matratze, meine Handgelenke fest in einer seiner Pranken. Mit der anderen öffnete er meine Hose. Ich wimmerte, warf mich hin und her, doch er verstärkte nur seinen Griff.

„Du gehörst mir, du kleine Schlampe", zischte er. Sein Atem stank nach Alkohol und Zigaretten. Die Augen starr, das Weiße von unzähligen roten Äderchen durchzogen. Vergilbte Zähne, rissige Lippen, über die er sich leckte. Ich sehnte mich zurück in die Villa der Santori. Selbst in meinem Elternhaus würde ich mich in diesem Moment lieber aufhalten. „Nun zier dich nicht so. Du brauchst es doch, dass ein echter Kerl es dir mal richtig besorgt."

Galle stieg meine Kehle empor. Bisher hatten die Männer mich in Ruhe gelassen. Was hatte sich geändert? Ich wollte ihn anschreien, sich zu verziehen. Ihn anbetteln, mich zu verschonen. Doch kein Ton kam mir über die Lippen. Ein eisiger Strom floss durch meine Adern, lähmte meinen Körper und meine Gedanken. Plötzlich verschwand der Spanier über mir. Harold nahm seinen Platz ein.

„Hast du mich vermisst, Schätzchen? Das war aber sehr böse von dir, einfach abzuhauen. Deinetwegen musste ich meinen Bungalow aufgeben." Sein tadelnder Blick änderte sich in Gier. „Hätte ich gewusst, dass Carmen dich versteckt, ich hätte dich zurückgeholt und die Disziplin beigebracht. Hätte ein hübsches Sümmchen für dich erhalten. Egal." Er öffnete seinen Gürtel, ließ die Hose sacken. „Behalte ich dich halt als meine persönliche Sexsklavin. Es wird mir ein Vergnügen sein, dich zu brechen."

Ein Schrei formte sich in meiner Kehle, drang explosionsartig an die Oberfläche, sodass meine Stimmbänder brannten. Pechschwarze Nacht hüllte mich ein. Ich schnellte hoch, presste die Decke gegen die Brust. Schweiß lief mir in Bächlein den Nacken entlang. Das Shirt klebte am Rücken. Wo war ich? Die Tür öffnete sich leise, jemand schaltete das Licht an. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich auf den hochgewachsenen Mann, der mich aufmerksam musterte.

„Du bist in Sicherheit, Caralina. Keiner tut dir etwas." Er näherte sich langsam dem Bett. Mein Puls raste, ich schnappte nach Luft. Panisch krabbelte ich rückwärts, presste mich gegen die Wand. Der Mann blieb stehen, hob abwehrend die Hände. „Ich hole dir besser erst ein Glas Wasser." Ich starrte ihm hinterher, mein Hirn ein einziges verheddertes Wollknäuel. So sehr ich mich auch abmühte, ich bekam keine Ordnung hinein.

Zur Ablenkung ließ ich den Blick umherschweifen. Weiße Wände, ein Kleiderschrank, einzelne Fotos von Landschaften. Ein normaler Raum, kein düsterer Keller, in dem die Luft nach Schimmel stank. Hier roch alles frisch, sauber. Selbst ich. Stückchenweise setzten sich die Erinnerungsfetzen an den vergangenen Tag wie Puzzleteile zusammen, bis sie ein großes Ganzes ergaben. Der Angriff auf den Unterschlupf der Spanier. Fernando, der versucht hatte, mich zu erwürgen. Michael, der rechtzeitig auftauchte und mir das Leben rettete. Ich war in seiner Obhut, in einem Versteck von Gina.

„Wie ich sehe, hast du dich bereits ein wenig beruhigt." Der Indianer kehrte mit einem Glas Wasser zurück, reichte es mir. Gierig trank ich es in einem Zug aus. „Hey, nicht so schnell. Das ist nicht gut für deinen Magen." Stirnrunzelnd nahm er mir das leere Wasserglas ab. „Was mache ich nur mit dir? Bei Zičá war es einfach, doch das kann ich bei dir schlecht machen."

„Was denn?" Neugierde gewann von Vorsicht. Ich rutschte von der Wand weg, näher zu dem Mann, der sich auf den Rand des Bettes setzte.

„Wenn sie einen Alptraum hatte, habe ich bei ihr geschlafen, um sie zu beruhigen. Allerdings lag es daran, dass ich früher ihr Babysitter war. Da habe ich einen gewissen Einfluss. Doch bei dir," er sah mich schmunzelnd an, „scheint mir das kein guter Plan zu sein." Ich warf einen Blick auf seinen nackten Oberkörper und errötete. An ihn gekuschelt zu schlafen kam nicht in Frage. Selbst auf die Gefahr hin, dass ein weiterer Albtraum mich heimsuchte.

„Es geht schon wieder." Mann, klang ich erbärmlich. Dennoch besser als mich bei jemanden in die Arme zu werfen, den ich kaum kannte. Bei Sam oder Mick wäre es etwas anderes, doch nicht bei Michael.

„Dachte ich mir." Er schmunzelte, nahm die Abweisung keineswegs übel. Ich atmete erleichtert aus. Sein Verhalten war erfrischend im Gegenteil zu den dominanten Italienern. Ich legte mich hin, rollte mich wie eine Katze zusammen.

„Meinst du, ich komme darüber hinweg?" Voller Hoffnung heftete ich den Blick auf ihn. Ich sehnte mich danach, von jemandem zu hören, dass sich eines Tages alles normalisierte.

„Du bist stark, du schaffst das." Er stand auf, lief zur Tür. „Versuche jetzt, ein wenig zu schlafen. Alles was du brauchst, ist Zeit und Ruhe. Der Rest wird sich finden."

„Danke. Und entschuldige bitte, dass ich dich aufgeweckt habe." Ich rang mir ein Lächeln ab. Stark. Michael täuschte sich in mir. Wenn es darauf ankam, trat ich die Flucht an.

„Mach dir da mal einen Kopf. Ich habe schon eine Idee, wie wir an deinem Trauma arbeiten können." Er schaltete das Licht aus. „Bis morgen."

Grübelnd blieb ich allein im Dunkeln zurück. Wegrennen. Es hatte mich in Schwierigkeiten gebracht und ebenso vor solchen bewahrt. Wieder verspürte ich den Drang, wegzulaufen, alles hinter mir zu lassen. Ich verursachte Michael nichts als Arbeit und Sorge. Ein Entschluss formte sich in meinem Kopf. Ich setzte mich auf, wartete. Nachdem genügend Zeit vergangen war, stand ich auf und zog mir die Kleidung über, die er mir für den nächsten Tag herausgesucht hatte. Shirt und Hose von Gina, wie ich annahm.

Behutsam drückte ich die Türklinke hinunter, schlich hinaus auf den Flur. Kein Licht, keine Geräusche. Aufatmend, nur die Zehenspitzen berührten den Bode, lief ich zur Treppe. Unten angekommen lauschte ich erneut. Nichts. Michael schien tief und fest zu schlafen. Ich lächelte zufrieden, marschierte zur Tür. Es war besser so, redete ich mir ein. Ich packte den Griff, drückte ihn hinunter. Die Haustür rührte sich nicht einen Millimeter. Abgeschlossen.

„Dachte ich es mir doch." Der Mann schlang einen Arm um meine Taille, zog mich zurück zur Treppe. „Dann halt doch auf die alte Art. Ich habe keine Lust, dass du mir abhaust. Gina zieht mir das Fell über die Ohren, wenn ich das zulasse." Er hob mich hoch, warf mich über seine Schulter und stapfte im Dunkeln die Treppe hinauf. Ich schnaubte leise. So hatte ich das aber nicht geplant.

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Hattet Ihr erwartet, dass sie versucht, abzuhauen?

Verdammte MafiosiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt