Lachend verließen wir zu dritt das Riesenrad. Der Ausblick von weit oben war phänomenal. Alleine hätte ich mich niemals hineingetraut, doch mit den Jungs hatte es mir Spaß gemacht. Dabei hatte ich dummerweise jemanden völlig vergessen. Dieser Jemand stand just in diesem Moment wutschnaubend vor uns und bedachte meine beiden Begleiter mit einem finsteren Blick. Harold zerrte mich direkt von Mick und Sam weg.
„Denkt Ihr, ich kenne eure Masche nicht?", knurrte er sie an. „Unschuldige Mädchen anmachen und so. Macht, dass Ihr wegkommt." Der Griff des Mannes verfestigte sich schmerzhaft um mein Handgelenk.
Der Italiener legte etwas den Kopf schief, zog den Blonden an seine Brust und drückte zärtlich seine Lippen auf die von Sam. Harold neben mir schnappte erstaunt nach Atem, während ich mir erlaubte, breit zu grinsen. Also hatte ich richtig geraten.
„Sie sah so einsam aus, dass wir ihr Santa Monica von oben zeigen wollten." Mick zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Darüber hinaus haben wir sie mehr oder weniger dazu überredet, mit uns mitzukommen, da sie brav hier warten wollte."
Der Mann entspannte sich unter den Worten des Grünäugigen zusehends. Ja, die Augen des Italieners waren grün, nicht braun, wie ich zuerst vermutet hatte.
„Wir wollen Dakota wirklich nichts Böses", warf der Blauäugige ein. „Es ist uns bekannt, welch finstere Gestalten in unserer Stadt ihr Unwesen treiben. Da ist es nicht gut, wenn ein unschuldiges Mädchen allein in der Gegend herumsteht."
„Wenn das geklärt ist", Harold wandte sich zu mir, „gehen wir jetzt nach Hause." Er zog an meinem Arm und ich stolperte vorwärts, genau gegen den Italiener, der ohne Vorwarnung vor mich getreten war. Etwas berührte leicht meinen Po, während Mick mich mit einem Arm an seine durchtrainierte Brust presste. Dann drückte er meinen Körper von sich. Eine kleine Karte erschien aus dem Nichts vor meiner Nase.
„Falls du mal Hilfe brauchst, ruf mich an." In seinen grünen Augen schwang etwas von Sorge mit. Sah ich so hilflos aus? Andererseits ermöglichte die Telefonnummer es mir, mit den Jungs in Kontakt zu bleiben. Die Aussicht, mich in den nächsten Tagen ein weiteres Mal mit ihnen zu treffen, gefiel mir.
„Gib mir die Karte", knurrte Harold kurz darauf beim Parkausgang. „Das ist alles nur eine Masche, um dich herauszulocken. Wer weiß, ob die nicht zur Mafia gehören."
Mafia? Ich hatte gelesen, dass es in Städten wie New York, Chicago oder Las Vegas kriminelle Organisationen gab, die sich als Mafiafamilien bezeichneten. Aber hier in Santa Monica? Da fand ich Los Angeles logischer. Obwohl, ich hatte mal das Gerücht gehört, dass es sie in meiner Heimatstadt ebenfalls gab. Widerwillig rückte ich das Kärtchen mit der Telefonnummer heraus.
„Braves Mädchen. Ich habe deinem Vater versprochen, auf dich aufzupassen und das werde ich auch."
Meinem Vater? Der Idiot war nur mein Stiefvater und es interessierte ihn nicht die Bohne, wie es mir ging. Nie durfte ich mit in den Urlaub. Geld für Klamotten steckte er mir auch nicht zu. Stattdessen erwartete er, dass ich freudestrahlend den Haushalt machte, damit meine Mutter sich ausruhen konnte. Dabei war sie Hausfrau und demnach immer zuhause.
Ich erinnerte mich nicht daran, wann das Verhältnis zu meiner Mutter schlechter geworden war. Nach ihrer erneuten Hochzeit hatte sie sich verändert. Mein Vater starb, als ich zwei Jahre alt war. Danach hatte sie mich trotz allem allein erzogen. Liebevoll und aufmerksam war sie damals. Doch jetzt nicht mehr. Dass ausgerechnet Harold auf mich achtgeben sollte, kam mir seltsam vor. Oder er beschützte mich aus freien Stücken, so wie er mir auch die Kleidung gekauft hatte. Jedes normale Mädchen würde die Geschenke genießen, aber ich hatte in den vergangenen Jahren zu oft negative Aufmerksamkeit erhalten, um in Begeisterung auszubrechen.
„Wir machen gleich noch ein paar Fotos im Wohnzimmer. Mein Freund Jason, mit dem ich eben gesprochen habe, meinte, dass es ein guter Einstieg für dich wäre. Dann bekommst du ein Gespür fürs Posieren."
Grummelnd folgte ich dem Mann. Ich wollte weder posieren noch fotografiert werden. Als wir seinen Bungalow betraten, drehte er sich breit lächelnd zu mir um.
„Ist dir nicht warm, Kleines? Zieh dir doch ein Kleid an. Das wäre auch besser für die Fotos." Er drückte mir eine der Tüten in die Hand und schob mich mit leichtem Druck seiner Hand auf meinen unteren Rücken zu meinem Zimmer. Dort breitete ich den Tüteninhalt auf dem Bett aus. Moment, ich hatte nur zwei Kleider ausgesucht, weil Harold in meinen Augen eh schon zu viel Geld für mich ausgegeben hatte. Dennoch lagen statt der zwei nun fünf vor mir. Blindlings packte ich eins und zog mich um, nachdem ich mir den Schweiß abgewaschen hatte. Er hatte recht, es war tatsächlich zu warm für eine lange Jeanshose. Selbige legte ich danach zusammengerollt in meinen Koffer. Die dreckige Kleidung würde ich zuhause waschen.
Zögerlich lief ich ins Wohnzimmer, wo der Mann bereits mit einer teuer aussehenden Spiegelreflexkamera wartete. Das war kein einfacher Fotoapparat. Dieser hier war dem meines Stiefvaters ähnlich, der dafür fünftausend Dollar hingeblättert hatte. Mit so etwas wollte er mich fotografieren? Ich schluckte den Kloß im Hals runter und trat zu ihm.
„Setz dich doch bitte." Er zeigte auf das rechte Ledersofa und ich gehorchte. Sittsam schlug ich ein Bein über das andere.
„Perfekt, genau so sitzenbleiben." Aus großen Augen sah ich ihn verwirrt an.
„Stütze jetzt bitte deinen Kopf auf deinen Händen ab. Genau, Ellenbogen auf deine Knie. Neige deinen Kopf nach unten und Blick nach oben, als ob du über den Rand einer Brille schauen müsstest." Gehorsam befolgte ich seine Anweisungen für die nächste halbe Stunde. Dann verschwand er in der Küche, um unser Abendessen vorzubereiten. Vermutlich irgendein gesundes Zeugs. Umsonst sah er nicht so fit und durchtrainiert aus. Daher bereitete ich mich seelisch auf die folgende Runde Grünzeug vor.
Ganz so schlimm wurde es dann nicht. Es gab zwar gedünstetes Gemüse und es war auch der Hauptbestandteil der Mahlzeit, doch gab es dazu ein perfekt gebratenes Rindersteak.
Abends lag ich nachdenklich im Bett. Harold hatte mich früh schlafen geschickt, damit ich für das nächste Fotoshooting ausgeruht war. Bevor ich ins Flugzeug gestiegen war, hatte mir niemand etwas davon erzählt. Nur, dass ich für zwei Wochen bei dem Bekannten meines Stiefvaters bleiben und diesem gehorchen sollte. Die ganze Sache kam mir zu surreal vor und ich war gespannt, was die Zeit hier so bringen würde.
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Mafia? Mick und Sam? Hat Harold da den richtigen Riecher?
Apropos Harold. Er mischt sich ganz schön in ihre Angelegenheiten ein. Habt Ihr eine Vermutung, woran das liegt?
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Verdammte Mafiosi
AksiNeugier ist der Katze Tod, sagen sie. Für Dakota dagegen eine Möglichkeit, Schlimmerem zu entgehen. Panisch flüchtet sie vor dem Mann, bei dem sie die Ferien verbringen sollte. In einer Stadt, in der sie außer ihm nur zwei weitere Menschen kennt. We...