Eng an meinen geliebten Italiener gekuschelt wachte ich auf. Sein Arm war wie üblich um meine Taille geschlungen, seine warme Brust an meinen Rücken gepresst. Träge öffnete ich die Augenlider, kämpfte gegen die bleierne Schwere an, die an ihnen zerrte. Verwirrt betrachtete ich die Bettdecke. Der Überzug war mir völlig ungeläufig. Auch trug ich noch das Shirt von der Feier. Die Party! Trotz der Wärme, die von dem Kerl hinter mir ausging, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Das war nicht Raffaele! Ich war wieder in Toledo und aus einem unbekannten Grund mit einem Typen im Bett gelandet. Fieberhaft versuchte ich, mich zu erinnern. Die Müdigkeit, ein Glas Cola, völlige Schwärze. Jemand hatte mir ein Betäubungsmittel mit dem Getränk verabreicht! Etwa der Mistkerl hinter mir? In meinen Adern brodelte es. Zu schade, dass ich gerade keine Waffe zur Hand hatte. Also musste ich es anders regeln. Behutsam löste ich seinen Klammergriff, hob seinen Arm von mir runter. Wie eine Schlange wand er sich, seine Finger verschränkten sich mit meinen.
„Lass mich gefälligst los", knurrte ich, überzeugt davon, dass er ebenfalls aufgewacht war.
„Buongiorno Dakota. Gut geschlafen?" Der hatte Nerven. Ich schnaubte wie ein genervter Gaul, trat ebenso nach hinten aus, traf auf einen Widerstand. Der Mistkerl zischte wie ein erbostes Reptil in mein Ohr. „Das ist nicht nett, cucciola. Sei froh, dass ich dich vor dem Idioten gerettet habe." Gerettet? Vor wem und wieso? Mit wem zum Teufel teilte ich mir das Bett? Jemand mit italienischen Wurzeln, so viel registrierte mein vernebeltes Gehirn. Jemand, der mich kannte.
„Da du meinen Namen kennst, wäre es nett, wenn du mir deinen verrätst." Mit Mühe unterdrückte ich den Impuls, nochmals auszutreten oder ihm eine Kopfnuss zu verpassen.
„Dante Santoro, zu deinen Diensten." Na Wahnsinn. Resignierend schloss ich die Augen. Wieso musste das mir passieren? Ein tiefer Seufzer entfloh mir. „Ich nehme an, dass ich dich jetzt gefahrlos loslassen kann, ohne dass du mich angreifst. Sì?" Ich murrte leise eine Zustimmung. Der Italiener hielt Wort, setzte sich auf. Stumm drehte ich mich zu ihm um, betrachte sein attraktives Gesicht. Die Schwellung und die leichte Blaufärbung bei seinem linken Auge zog meine Aufmerksamkeit auf sich.
„Du sagtest, du hast mich vor jemandem gerettet. Was ist passiert? Ich habe einen Filmriss, obwohl ich keinen Alkohol getrunken habe." Hinter meiner Stirn pulsierte es wie nach dem Abend, an dem ich mich wegen Raffaele betrunken hatte.
„Ein Idiot hat dich betäubt. Wollte wohl seinen Spaß mit dir haben." Dante gähnte verhalten. „Ich habe ihn erwischt, wie er dich in ein Zimmer schleppte. Nachdem ich ihn freundlich gebeten hatte, dich mir zu überlassen, und er dieser Bitte freudig zugestimmt hatte," er zeigte auf das Veilchen, das seinen Badboycharme vortrefflich unterstützte, „habe ich dich ins Bett gelegt. So zugedröhnt, wie du warst, wollte ich dich nicht allein lassen. Also habe ich ebenfalls hier geschlafen." Er legte sich wieder hin, rutschte an mich ran, sodass unsere Nasen einander fast berührten. „Mir ist dabei etwas aufgefallen, cucciola." Seine Hand verschwand unter der Decke, strich frech über meinen Rücken. „Woher hast du diese Narben?"
„Das geht dich nichts an", knurrte ich und stieß seinen Arm weg. „Danke, dass du mir geholfen hast." Ich schlug die Bettdecke zur Seite, stieg aus dem Bett. Schnell schlüpfte ich in Hose und Schuhe. „Ich sollte jetzt nach Hause gehen." Das würde mächtig Ärger geben. Ich betete inständig, dass Britt ebenfalls irgendwo im Gebäude herumlungerte und mich nicht allein zurückgelassen hatte. Grimmig packte ich die Türklinke fest.
„Das blonde Mädchen, mit dem du vor dem Anwesen gestanden hast. Sie hatte dem Typen den Auftrag dazu gegeben." Ich hielt in der Bewegung inne. Wieso überraschte es mich nicht, dass die Zicke an dem Mist beteiligt war? Hatte ich vor der Zeit bei der Mafia immer naiv ihren Beteuerungen Glauben geschenkt, hatte ich mittlerweile gelernt, dass sie ein berechnendes Miststück war, das keine Rücksicht auf die Gefühle anderer nahm. Ich drehte mich zu dem Italiener um.
„Danke nochmals." Diesen kurzen Augenblick des Zögerns nutzte Dante aus. Mit wenigen Schritten war er bei mir, zog mich zurück ins Zimmer. Seine schokoladenbraunen Augen musterten mich nachdenklich. Er fuhr sich durch seine schwarzen Haare, die vom Schlafen verwuschelt waren. Wie Raffaeles schienen sie ausgesprochen widerspenstig zu sein. Sein Gesicht erinnerte mich ebenfalls an meinen ehemaligen Verlobten. Ein Grund mehr, schnellstmöglich zu verschwinden. Sein Lächeln jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken.
„Prego. Ich hole dir erst einmal Frühstück, danach können wir einander besser kennenlernen." Er packte den Schlüssel, schlüpfte auf den Gang hinaus und schloss ab. Für einen Moment starrte ich perplex auf die abgeschlossene Tür. Verdammter italienischer Macho! Ich ballte die Fäuste. Wie kam ich hier jetzt raus? Auf eine Kennenlernaktion mit einem Mafioso verspürte ich keine Lust. Ergo blieb mir nur die Flucht. Oder der Ausbruch. Je nachdem wie man es bezeichnete. Energisch lief ich zum Fenster, sah hinaus. Erster Stock, ein Rankengitter vom Boden bis zur zweiten Etage. Ich drehte den Fenstergriff. Wenigstens war dieses nicht abgesperrt. Leichtfüßig kletterte ich auf die Fensterbank und hangelte mich zum Gitter rüber. Erst ein Fuß, dann den anderen setzte ich auf die stabilen Querverbindungen. Bequem stieg ich runter. Die Abstände waren genau richtig, nicht zu kurz, nicht zu weit. Da hatte jemand beim Anbringen mitgedacht und es direkt als Klettermöglichkeit für widerspenstige Jugendliche gesichert. Denn wo ein Wille war, war auch ein Weg. Das hatten Raffaele und ich oft genug bewiesen. Wieso vermisste ich diesen Mistkerl nur so? Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Wütend über mich selbst sprang ich das letzte Stück hinab, landete weich auf dem Rasen.
„Hey Dakota, so war das aber nicht geplant." Dante lehnte oben auf der Fensterbank und sah grinsend auf mich hinunter. Kopfschüttelnd erwiderte er mein Winken. „Wir sehen einander wieder, cucciola." Seine Worte ignorierend lief ich durch den Garten, den eine etwa zwei Meter hohe Mauer umschloss. Abermals war ich dankbar für das rigorose Training im Mafiahaushalt der Santoros. Ich nahm Anlauf, sprang und zog mich mit leichter Anstrengung hoch. Oben setzte ich mich grinsend hin, beobachtete Britt, die knutschend am Straßenrand stand. Das war nicht der Collegestudent, mit dem sie eng umschlungen getanzt hatte. Meine werte Stiefschwester ließ aber auch nichts anbrennen. Hatte sie mich deswegen außer Gefecht setzen lassen, damit niemand, der es unseren Eltern erzählen könnte, ihr Verhalten mitbekam? Eine selten dämliche Aktion, doch sie passte zu ihr. Nur noch wenige Wochen, dann wohnte ich in meiner eigenen Wohnung.
*************************************************
Tja, da lief das Aufwachen wohl etwas anders als erwartet.
Freiheitsberaubung scheint für die italienischen Mafiosi, in deren Armen sie landet, eine Bagatelle zu sein, so häufig wie die das machen...

DU LIEST GERADE
Verdammte Mafiosi
AçãoNeugier ist der Katze Tod, sagen sie. Für Dakota dagegen eine Möglichkeit, Schlimmerem zu entgehen. Panisch flüchtet sie vor dem Mann, bei dem sie die Ferien verbringen sollte. In einer Stadt, in der sie außer ihm nur zwei weitere Menschen kennt. We...