Kapitel 14

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„Dakota! Aufstehen!" Etwas plumpste neben mich auf die Matratze und zerrte an der Bettdecke.

„Nur noch fünf Minuten", murmelte ich gähnend. Egal wie sehr ich Raffaele verabscheute, sein Bett liebte ich dafür umso mehr. Meine Nase vergrub ich wieder im Kissen, das so unwiderstehlich nach ihm roch.

„Ich glaube, unsere Kleine hier vermisst jetzt schon deinen Bruder." Sam klang für meinen Geschmack viel zu amüsiert. Misstrauisch öffnete ich ein Auge und linste zu dem Blonden, der mir ein spöttisches Grinsen schenkte.

„Wie kommst du denn auf den Mist?", murrte ich.

„Es könnte damit zusammenhängen, dass du dich an Raffas Kissen klammerst, als ob dein Leben davon abhinge", antwortete Mick für seinen Freund. Missmutig schielte ich zum Italiener, der ebenfalls abartig grinste. Zu meinem Bedauern hatten sie recht. Ich lag in der Tat auf Raffaeles Kissen. Wieso roch er so unwiderstehlich? Ich seufzte.

„Was möchtest du machen? Ich würde dir liebend gern das Haus zeigen, aber dann flippt mein Bruder aus und sperrt uns alle drei in den Keller." Michaele machte sich nun ebenfalls auf dem Bett breit, so dass ich zwischen den Jungs lag. Ein Smartphone klingelte. Micks. Seufzend ging er ran, unterhielt sich auf Italienisch. Nachdem er aufgelegt hatte, grinste er diabolisch.

„Planänderung, wir können Dakota das Haus zeigen. Raffa ist vorläufig mit einem Großteil der Männer unterwegs. Nur ein paar der Wachen bleiben da. Und da die bekanntlich draußen herumlaufen, haben wir freie Bahn."

„Na worauf warten wir noch?" Ich sprang aus dem Bett, verhedderte mich in der Decke und landete auf dem Boden. Der Aufprall presste alle Luft aus meinen Lungen. Für einen Moment blieb ich wie benebelt liegen.

„Alles in Ordnung?" Sam wickelte meine Füße aus ihrem weichen Gefängnis und Mick half mir hoch. Sie tasteten meinen Körper ab. Obwohl ich wusste, dass sie beide schwul waren, lief ich rot an. Mein Kopf glühte regelrecht.

„Ich glaube, sie hat Fieber." Der Blauäugige sah mich besorgt an.

„Denke eher, es ist ihr peinlich, dass wir kontrollieren, ob sie sich verletzt hat und nicht mein Bruder." Michaele pikste mich in die Seite und ich quietschte wie ein Ferkel. Wunderbar!

„Vergiss es, bin froh, dass er nicht da ist. Zeigt Ihr mir nun endlich das Haus?" Ich wippte auf den Füßen. Von den Hacken zu den Zehen und wieder zurück. Ich wollte endlich mehr sehen als Raffaeles Zimmer.

„Lass uns mal in die Küche gehen", schlug Sam mit einem verschmitzten Grinsen vor. Mein Magen knurrte zustimmend. Er sehnte sich nach etwas anderem als Suppe und Brot, obwohl dieses mir ausgezeichnet schmeckte. Der Blonde öffnete die Tür und linste hinaus auf den Flur. „Niemand zu sehen. Kannst rauskommen." Leise folgte ich ihm. Im Haus war es totenstill. Zu dritt schlichen wir die Treppe hinunter, flitzten durch die große Eingangshalle zu der riesigen Küche. Erleichtert atmeten wir auf. Kein Mensch weit und breit. Michaele stürzte sich auf die oberen Küchenschränke. Türen klapperten, er murmelte etwas auf Italienisch. Er zog einen Teller heraus und hielt ihn mir freudestrahlend hin.

„Probiere mal, das sind Cornetti." Bevor ich Zeit hatte zu reagieren, stopfte Sam mir eines in den Mund. Der süße Geruch stieg mir sofort in die Nase und ich biss gierig ab. Außen knusprig, innen flaumig weich, mit einem Hauch von Vanille. Wie überredete ich Raffaele nur dazu, mir eins oder zwei dieser Hörnchen zum Frühstück zu bringen?

„Schmeckt es dir?" Ich nickte kauend. Hoffnungsvoll schielte ich auf den Teller. Ich hätte nichts dagegen einzuwenden, wenn wir ihn auf der Tour durch das Gebäude mitnahmen. „Molto bene! Dann zeigen wir dir jetzt weiter das Haus."

„Solange ihr mich nicht in den Keller verschleppt", murmelte ich zwischen zwei Bissen. Das dunkle Loch würde mich mit Sicherheit bis an das Ende meines Lebens verfolgen. Michaele schlang seinen Arm um meinen Rücken, drückte seinem Freund den Teller in die Hand.

„Ich verspreche dir, Dakota, wir werden niemals zulassen, dass jemand dir etwas tut." Seine Lippen berührten sanft meine Schläfe. Ich erwischte mich bei dem Wunsch, dass es sein Bruder war, der so liebevoll mit mir umging. Dämliche jugendliche Schwärmerei. Ich verbrachte zu viel Zeit mit dem Sohn des Mafiabosses. Hoffentlich erachtete er mich bald gesund genug, mich vom Grundstück zu schmuggeln, wie auch immer er sich das vorstellte. In seine Pläne bezog er mich nicht ein. Er wartete nur auf den Tag, an dem ich aus seinem Leben verschwand.

„Das hier ist unser Wohnzimmer." Mit einer weitreichenden Armbewegung wies der Italiener neben mir einmal durch den Raum, der nichts mit einem gemütlichen kleinen Wohnraum gemeinsam hatte. Drei große Sofas im Halbkreis um einen riesigen Bildschirm. Auf den ersten Blick teure Gemälde an den Wänden, die sich bei genauerem Hinsehen als Kunstdrucke entpuppten. Ich legte den Kopf schief. Wieso Kopien? Die Familie schien über genug Reichtum zu verfügen. Was interessierte es mich überhaupt? Bald war ich hier weg.

„Wie viele Panzer passen hier rein?", fragte ich spaßeshalber, um mich vom Grübeln abzulenken. „Fünf?"

„Gute Frage. Das haben wir nicht ausgemessen." Die Jungs starteten eine Diskussion, wie groß der Raum und ein üblicher Panzer waren. Was hatte ich da nur in Gang gesetzt? Kopfschüttelnd folgte ich ihnen, als sie mir weitere Teile der Villa zeigten. Je mehr ich kennenlernte, desto mehr wunderte ich mich. Wenig Persönliches, vor allem keine Bilder der Familie an den Wänden. Zuhause sah das anders aus. Meine Mutter liebte Fotografien, ließ kaum eine Gelegenheit aus, uns zu gemeinsamen Fotos zu überreden, obwohl ein aufmerksamer Betrachter sofort erkannte, dass unser Familienleben nicht von Glück und Liebe geprägt war.

„Wenn mein Bruder das mitbekommt, können wir uns auf etwas gefasst machen", brummte Mick, die Stirn in Falten gelegt. Innerlich stimmte ich ihm zu. Mittlerweile war ich viel zu müde zum Reden. Mühsam unterdrückte ich ein Gähnen. Die zwei würden sich nur vorwerfen, mich überfordert zu haben. Dabei war es eine willkommene Ablenkung von Raffaeles Zimmer, in dem ich seit Tagen vor mich hinvegetierte wie ein Stück Nutzvieh im Stall. Meine Stiefschwester hatte oft genug meine Tür versperrt, damit ich dort eingesperrt war, wenn sie Freundinnen zu sich einlud. Wen Brittany jetzt wohl piesackte, seitdem ich nicht da war? Vermisste meine Mutter mich? Aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Ich seufzte leise. Womöglich war sie sogar froh, dass ich nicht heimwärts kam.

„Er wird es nicht mitbekommen. Der ist noch unterwegs. Oder hast du gehört, dass er bereits zurückgekehrt ist?" Der Blonde grinste seinen Freund breit an.

Während die Jungs weiter diskutierten, legte sich eine große Männerhand über meinen Mund, dämpfte den Schrei, den ich ausstieß. Ein Arm schlang sich um meinen Bauch. Jemand zerrte mich rückwärts weg, zur Treppe, diese hinunter und zu einer imposanten, schweren Holztür, die wir zuvor ignoriert hatten. Eine düstere Vorahnung ergriff von mir Besitz. Lag dahinter das Büro seines Bosses? War dieser doch nicht in den Urlaub geflogen? Ich zappelte herum, versuchte, meinen Körper aus seiner Umklammerung zu befreien. Mühelos hielt er mich fest und stieß die Tür auf.

„Schau mal, was ich gefunden habe. Sie hat im Haus herumgeschnüffelt wie ein neugieriger Welpe."

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War ja klar, dass die Führung durchs Haus schiefgeht...

Was meint Ihr, was erwartet Dakota in dem Büro des Dons?

Verdammte MafiosiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt