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[Kairi]

Heute war der Tag... der Geburtstag Mattias, so wie der Tag meines besonderen Geschenkes. Ich hatte versucht mich die letzten Tage zu informieren, um das kommende Ereignis so gut wie möglich zu gestalten. Ob ich aufgeregt war? Und wie. Außerdem war das schwerste, dass ich heute Mattia den ganzen Tag vorspielen musste seinen Geburtstag vergessen zu haben.

Angespannt saß ich an der Küchentheke und fragte mich, ob ich das alles vielleicht einfach abbrechen und gar nicht erst zur Schule gehen sollte. Jedoch war es schon zu spät, als ich Mattias Auto in unserer Einfahrt erblickte. Verzweifelt seufzte ich und stand auf. Meine Schuhe hatte ich schon an, also griff ich einfach nach meiner Tasche und verließ das Haus.

Während ich auf Mattias Auto zulief, versuchte ich meine Unsicherheit in den Griff zu kriegen und mich zu fassen. Bevor ich dann die Autotür zum Beifahrersitz öffnete, atmete ich noch ein letztes Mal aus, bevor ich eine komplett neue Persönlichkeit aufsetzte und einstieg.

"Hiiiii", strahlte ich Mattia an und lehnte mich über die Konsole, um ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken. "Guten Mooorgenn", antwortete er noch mit einem Lächeln. Ich grinste ihn nur an und verband dann mein Handy mit seinem Auto, um wie jeden Tag unsere Playlist abzuspielen. Er fuhr los.

"Naaa?", gab er von sich und ich drehte meinen Kopf zu ihm, genau wissend auf was er aufmerksam machen wollte.

Bleib stark, Kairi!

Verwirrt sah ich ihn also an. "Naaaaaaaaa", deutete er wieder an. Zögerlich schüttelte ich meinen Kopf. Sein Lächeln entwich ihm langsam, aber sicher und er fokussierte sich enttäuscht auf die Straße vor uns. Er biss sich nachdenklich auf die Lippe und nickte, als ob er etwas verstand oder sich selbst bestätigte.

Eine Weile herrschte eine bedrückende Stille und am liebsten würde ich jetzt schon alles auflösen, aber dann wäre alles umsonst.

Durchhalten!

Ich griff nach seiner Hand und legte sie auf meinen Schoß, bevor ich unsere Finger verschränkte. Fest schluckte ich. "Hast du den einen Trend auf TikTok gesehen, bei dem man picknicken geht, mit Kuchen und so und den Kuchen dann isst, indem man ein Glas rein drückt und daraus isst?", versuchte ich eine normale Konversation aufzubauen.

"Mhm", war alles was er von sich gab. Ich musste mir unterdrücken zu seufzen und sprach weiter: "Ich möchte das mit dir und den anderen machen, aber ich kann nicht backen. Ich will aber auch keinen kaufen, weil die scheisse schmecken. Vielleicht kann ich ja Myla oder meine Ma fragen...". Wieder nur ein 'Mhm' als Antwort und dieses Mal seufzte ich genervt auf.

"Mattia, du musst schon mit mir reden!"

"Schokokuchen, bitte", sagte er endlich.

"Ok, gerne, babe", sagte ich und lehnte mich über die Konsole und drückte ihm einen langen Kuss auf seine Wange. Als ich mich von seinem Gesicht löste, blieb ich in der gleichen Position und musterte ihn.

Seine dunklen, voluminösen Haare vielen ihm ins Gesicht und jede Locke sah perfekt aus. Der Blick Mattias war auf die Straße gerichtet. Seine Lider waren von langen und fülligen Wimpern geschmückt. Seine Augen waren so tief und und seine Iris war in einem wunderschönen, tiefen, Kaffe-braun gefärbt. Sie waren so dunkel, dass ich mich immer wieder gerne in ihnen verlor und das Gefühl hatte wie die Titanic ins tiefe zu versinken. An seiner Nase konnte man seine italienische Abstammung erkennen. Mein Blick viel auf seine Oberlippe. Er war frisch rasierte, also erkannte man kaum seine Bartstoppel. Seine Lippen waren voll; fluffig wie sein Haar. Sie waren weich und fühlten sich so toll auf meinen an, dass man es gar nicht in Worte fassen konnte. Die Dinge die er mit mir machte, wenn er sie auf meine presste- uff.

Seine Lippen, seine Lippen, seine Lippen, ich konnte nicht aufhören auf sie zu starren und plötzlich schlich sich ihm ein ganz leichtes Lächeln auf diese. Ich schmolz in mich hinein und war so fixiert, dass ich gar nicht mitbekam, dass er sich zu mir gedreht hatte. Er sah mich schmunzelt an und riss mich aus meinen Gedanken. "Kai... Kai? Kairi!" Ich schreckte hoch.

"Was?"

"Wir sind da", sagte er und lehnte sich zur mir runter. Er verband unsere Lippen und nach dem ganzen schwärmen fühlte es sich doppelt so gut an, wie sonst. Ich vertiefte den Kuss und wurde etwas verlangender. Bald deutete ich einen Zungenkuss an und er ließ dies zu, bis er sich nach zwei Minuten auf einmal von mir löste. Ich erstarrte in meiner Position und hatte erschrockene Augen. Auf einmal bekam ich Panik. "Hab ich was falsches gemacht? Ist alles ok? Hab ich es übertrieben? Es tut mir so leid, ich wol-"

"Shhhh, es ist alles ok, Kairi, mir ist nur eingefallen, dass der Unterricht gleich anfängt", schüttelte er mit zusammen gekniffenen Augenbrauen. Er sagte das in einem Ton, der mich genau wissen ließ, dass er log. Er sprach so abweisend und unangenehm. Ich fing an mich schuldig zu fühlen und wollte ihm alles erzählen, aber dann wären die anderen sauer auf mich. Ich versuchte mein Gewissen zu beruhigen indem ich mir selbst einredete, dass sowas niemals bei uns beiden wegen mir passieren würde und dass es jetzt nicht wegen mir, sondern wegen der scheiß Überraschung passiert ist.

Er stieg aus, schlug die Fahrertür zu, nahm seine Sachen und ging vor. Es war eine minimale Aktion, die mir aber das Herz zerstach, als ob er das größte Messer der ganzen Metzgerei benutzt hätte. Traurig und selbstbemitleidend, dass ich das alles durchmachen musste, stieg ich aus, griff meinen Rucksack und joggte zu Mattia der nach ein paar Metern auf mich gewartet hatte.

Mit einer unangenehmen Stille, während ich versuchte meine Tränen zu unterdrücken, liefen wir neben einander her, bis wir unsere Freunde erreichten. Jeder klatschte sich einmal ab und zum Glück war es schon etwas später, also mussten wir uns schon Richtung Kursräume bewegen. Heute hatte ich zwei Blöcke ohne Mattia und ich war glücklich darüber.

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