2.11: "Das gute Böse"

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In den Forgotton Hills stapft der entschlossene Belphegor über den nassen Asphalt der Straße, auf der kein einziges Auto fährt. Es ist immernoch Nacht, aber er bekommt kein Auge zu, da die Vision von Raven - welche seine düstere Vergangenheit ein kleines Stück klarer machte - ihn zutiefst beunruhigt.
Er bleibt stehen und starrt auf ein riesiges Haus. Eine Villa. Zwischen den unzähligen alten und verfallenen Häusern, in diesem Teil von Rosewood, steht die große Villa Mortimer. Der Ort an dem die Königin der Siphoner zuhause ist.
Er geht in Richtung Haustür der Villa und schaut vorsichtig durch das bunte Glas der Haustür. Vorsichtig berührt er das Schloss der Haustür und tippt es einmal rasch an. Daraufhin hört er ein leichtes Klicken und die Tür beginnt sich quietschend zu öffnen.
"Wirklich, Raven...nicht mal ein Schutzzauber?", flüstert er herablassend.
"Ich bin enttäuscht.", schmunzelt er leise. Ruhig geht er durch die Korridore der Villa und betrachtet erstaunt die Vielzahl an magischen Artefakten, welche die 'Erben der Nacht' in ihrem Haus aufbewahren. Spinnenaugen, Kannibalenzahn und Eisenhut erkennt er auf die schnelle in den unzähligen Regalen und Schränken.

Er betritt den Ritualraum, wo Xander sein Leben ließ und tritt langsam zu dem Altar heran, an dem die Königin regelmäßig zaubert. Mit seinem Zeigefinger fährt er über die Tischplatte und und pustet diesen danach kräftig an.
"Grabstaub? Sie versucht es immernoch.", stellt er fest und erkennt die gescheiterten Versuche von Raven, Kontakt zu Joshua in's Jenseits aufzubauen.
"Was suchst du hier?!", hallt eine Stimme hinter ihm durch die Gänge. Aber es ist nicht die Stimme von Raven, so wie er es erwartet hätte. Es ist Xander. Belph dreht sich um und schaut den Prawl an, welcher mit rot unterlaufenen Augen vor ihm steht. Xander hat offensichtlich geweint.
"Xander? Nunja, das war unerwartet.", gibt er zu und richtet sich seine Anzugjacke. Er kneift seine Augen zusammen und betrachtet Xander von oben bis unten
"Hast du...geweint? Der große und mächtige Dämon Xander Prawl zeigt Emotionen?", macht sich der Antiquitätenhändler über ihn lustig und ahnt nicht was alles auf der anderen Seite der Stadt geschehen ist.
"Ich bin kein Dämon mehr, Arschloch.", flucht Xander und kommt ihm näher. Belph zieht seine Augenbrauen hoch, aber versucht trotzdem sich seine Verwirrung nicht anmerken zu lassen,
"Oh. Herzlichen Glückwunsch, ist dabei ja wohl angemessen. Wie habt ihr das denn bewerkstelligt? So eine Rückverwandlung ist eine schwierige Sache, welche von gerade mal einer Handvoll Dämonen geschafft wurde...und davon sind drei elendig gestorben.", verdeutlicht er die Gefahr eines solchen Zaubers. Xander wendet seinen Blick von Belph ab und fängt an Ravens Regale zu durchwühlen.
"Ich habe mich nicht zurück verwandelt. Meine dunkle Seite hat sich durch einen alten Zaubertrank von mir gespalten. Deswegen bin ich auch so ein emotionales Wrack. Familie halt.", erklärt Xander. Belph nickt,
"Familie ist eine schwierige Angelegenheit, da stimme ich dir zu. In Anbetracht dessen, dass wir beide in das Heim der Königin eingedrungen sind, erlaube ich mir die Frage, wieso du hier bist. Ich denke nicht, dass Raven auch in deinen Gedanken rumgespielt hat, oder?", spricht er aufgesetzt elegant zu Xander, was er immer tut wenn er seine seriöse und bedrohliche Fassade aufrecht erhalten will, da er niemanden anmerken lassen möchte wie zerbrechlich der Dunkle in Wahrheit sein kann wenn es um Familie geht.
"Ein alter Trank sagst du, wer hat ihn dir gegeben? Die Siphoner?", fragt Belph unterschwellig manipulativ.

Xander muss lachen,
"Nein, schön wär's. Meine Mutter, die von den Toten wiederauferstanden ist. Und zu der anderen Frage: Ich bin hier um herauszufinden wie so etwas möglich ist. Meinen Geschwistern gegenüber gibt sie sich so, als wäre sie bei der Freilassung der Magie entkommen, aber ich weiß wenn diese Frau lügt. Sie hat ihr ganzes Leben lang nichts anderes getan."
Belphegor schaut Xander an, welcher immernoch im Regal wühlt. Dadurch merkt Xander nicht, welchen geschockten Gesichtsausdruck der Dunkle aufgesetzt hatte, als er die Worte des Prawls verinnerlichte. Belph sieht zwischen den Büchern die Xander beiseite schiebt, genau das was er braucht. Belph holt sich das Buch aus dem Regal und schaut auf das Band.
'Blutsmagie und dessen Wirkungsweise', steht auf der uralten Vorderseite des staubigen Buches. Belph lässt das Buch unauffällig in einer Rauchwolke verschwinden, welche es direkt in seinen Laden befördert. Belph schluckt einmal kräftig und tippt Xander an,
"Hör zu, es gab öfters mal unterschiedliche Ziele die wir verfolgt haben und es ist nicht immer alles ehrlich abgelaufen, aber lass mich dir eins sagen...wenn deine Mutter jemals ein lilanes Funkeln in den Augen hat...töte sie.", warnt Belphegor ihn und verschwindet sofort in einer schwarzen Rauchwolke. Xander bleibt mit einer Gänsehaut zurück, die er noch nie zuvor in seinem Leben hatte und ahnt etwas schlimmes. Noch nie hat er Belphegor so verängstigt gesehen. Etwas großes kommt auf Rosewood zu, doch er weiß noch nicht was...

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* DONG DONG DONG *

klopft es an der Metalltür zum Bunker. Sofort rennt Minerva die Treppe hinauf und wuschelt sich einmal kräftigt durch Alices blonde und weiche Haare. Alle anderen im Bunker sind am schlafen und können das Klopfen des späten Besuchers nicht hören. Sie öffnet die schwere Tür und schaut in das Gesicht ihres anderen Sohnes. Shawn.
"Was geht?", lacht Valerian und schaut in ihr erbleichtes Gesicht.
"Sie...Sie sind der Gargoyle...", stellt sie fest und sieht sofort das höllische Feuer in den Augen ihres Gegenübers.
"Und du bist die Wunder-Hexe, welche einfach so durch den Schleier der Geisterwelt ging, als wäre es ein Sonntags Spaziergang.", entgegnet er und mustert sie detailliert. Valerian steht selbsticher in der Tür des Bunkers und lehnt sich lässig an den Türrahmen an.
"Lassen Sie meinen Sohn gehen, Sie widerwärtiges Monster!", flucht sie sauer aber zittert in großer Angst vor der Legende, welche gerade vor ihr steht.
"Mein neuer Körper ist bald bereit, keine Sorge. Verdammt, seid ihr alle ein stressiger Haufen. Aber ich bin nicht wegen Shawn hier, Süße. Ich bin wegen dir hier.", sagt er und seine Stimme beginnt zu grummeln. Minerva runzelt die Stirn und tritt etwas zurück,
"Wovon zur Hölle reden Sie?"
Valerian leckt sich einmal kräftig über die Lippen.
"Ich kenne das kleine Geheimnis, was du und dein werter Nick hüten. Das Geheimnis, was niemand aus deiner Familie erfahren darf.", flüstert er mächtig. Minerva blickt sofort ernst einher, zittert dennoch weiterhin.
"Woher wissen S-..."
"Ah, Nein! Ich rede.", unterbricht Valerian sie.
"Ich habe langsam die Schnauze voll, von euch Prawl Affen. Ich weiß wer dich und deinen Sohn zurück ins Reich der Lebenden befördert hat. Und wenn du nicht willst, dass alle es erfahren wirst du mir meine Menschlichkeit wiedergeben.", fordert er direkt und baut sich vor ihr auf. Die Pupillen von der Mutter der Prawls fangen an zu zittern.
"W...wie...ich kann so etwas nicht.", stottert Minerva sofort. Valerian lächelt breit und zeigt seine spitzen Zähne, welche aussehen als wären es unzählige Rasierklingen - direkt aneinander gereiht, welche einen Menschen binnen Sekunden in der Luft zerfetzen könnten.
"Aber die Person die dich wiedergeholt hat kann es. Also lass dir was einfallen.", zwinkert er und dreht sich um. Er geht die Treppe des Bunkers hinaus. Sofort breiten sich seine riesigen Flügel aus und er verschwindet in der tiefen Schwärze der Nacht. Minerva hingegen schaut ihm geschockt hinterher und knallt die Tür des Bunkers sofort zu.

ROSEWOOD - Erben der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt