07: "Mondfinsternis"

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Laut und schrill läuft 'Bad Moon Rising', von Creedence Clearwater Revival, im Radio - während der Cadilliac über die Straße der Stadt rast.
Leicht nickt Raven zu dem Song, welcher steinalt ist und einer von vielen Klassikern aus der Kasettensammlung des kleinen Handschuhfachs.
"In welchen von Gottes Scheißhaufen fährst du mich, meine liebste Untote?", fragt Xander und schaut auf die vorbeihuschenden Häuser und Bäume.

Raven rollt ihre Augen,
"Nenn mich nicht so. Ich lebe. Viel dazu beigetragen hast du nicht gerade."
"Wieso fahren wir? Mach doch dein Nebel-Teleportationsding, oder so und erspar mir die Zeit die ich mit dir verbringen muss.", motzt Xander sie provokant an.
Sie presst ihre Zähne zusammen und versucht nicht impulsiv zu reagieren.
"Du weißt ich habe dich geliebt. Joshua war etwas anderes. Unpassend, aber niemand kann die Vergangenheit ändern. Ich habe vielleicht nicht alles richtig gemacht, aber du hast systematisch die Menschen die ich liebe ausgelöscht. Um mich zu brechen und am Ende abzustechen, wie ein Schwein...und um dann noch auf mich zu schießen...", spricht Raven ihre Gedanken laut aus und merkt sofort wie stark Xander einatmet.
"Du hast nicht alles richtig gemacht, ja. Du hast mich betrogen. Du hast diesen Waschlappen gevögelt, aber nicht nachgedacht. Niemand verrät mich. Nicht mal meine Familie.", grummelt er vor sich hin.
"Zum Glück sind diese Probleme zweitrangig. An erster Stelle steht die Rettung meiner Stadt.", rechtfertigt sich Raven und weicht der bedrohlichen Aussage von dem Prawl gekonnt aus.

Sofort lacht Xander und reibt sich sein blindes Auge,
"Deine Stadt, na klar. Bist du hier Bürgermeisterin? Denn ich war es. Ich weiß wie schwierig es ist eine Stadt vor dem Bösen zu schützen."
Raven schaut konzentriert auf die Straße und fährt an den Eingang eines Friedhofes heran.
"Die Bürgermeisterin hier ist Alice Laughlin, aber die Erben der Nacht sind die wahren Anführer der Stadt. Ohne Angelica und die Anderen würde diese Stadt nicht mehr stehen. Ich habe es mir nicht ausgesucht ihre Königin zu sein. Das Schicksal hat es vorbestimmt.", erklärt sie ihm und hält das Auto nun gänzlich.
"Es gibt kein Schicksal. Nur das Leben und das Leben ist eine hinterlistige Schlampe.", murmelt er und steigt aus.
Raven grinst und zieht den Schlüssel aus dem Cadillac.

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Wenige Minuten später spazieren die beiden unfreiwilligen Verbündeten über den langen Weg des Friedhofes, auf dem es unzählige Abzweigungen gibt, auf denen große und kleine Gräber stehen. Selbst ein Mausoleum gibt es.

Am Himmel ist nichts außer das leise Brummen eines rotierenden Helikopterpropellers, in der Ferne, zu hören.

Raven bleibt an einer einzigen flimmernden Laterne stehen und schaut Xander lächelnd an.
"Hörst du das?", flüstert sie und starrt wie gefesselt in die Luft.
Ein Kinderlachen schallt gruselig wie ein Windzug über den Friedhof und bereitet Xander eine unfassbare Gänsehaut.
"Sind das Geister?", fragt er und versucht sich zwanghaft seine Angst nicht anmerken zu lassen. Raven schüttelt den Kopf,
"Nein..", zischt sie leise und hebt ihre Hand in die kalte Luft.
"Es ist das Lachen der Kinder, die vor Jahrhunderten hier geschlachtet wurden. Es sind keine Geister, ihre Seelen sind schon lange weitergezogen, aber die Vergangenheit hat eine eigene Stimme. Dieser Friedhof ist ein wunderbarer Ort.", erklärt sie und schließt genussvoll die Augen.
Xander runzelt geschockt seine Stirn,
"Wieso wurden die Kinder getötet? Daran ist doch nichts wunderbar, sowas ist grausam."
Raven dreht sich zu ihm und öffnet ihre Augen.

Diese färben sich plötzlich tiefschwarz.

Xander tritt ein paar Schritte zurück und keucht verwirrt auf.
"Xander, was macht es für einen Unterschied ob Kinder getötet wurden, oder Erwachsene? Diese Taten hast du schon so unzählige Male begangen, ich weiß nicht einmal mehr wie viele du getötet hast.", erklärt sie in einer sanften Stimme.
Er beginnt etwas zu zittern.
"Wie meinst du das?"
Raven geht näher an ihn heran und legt langsam ihre Hand auf seinen Brustkorb.
"Ich habe dich von der anderen Seite aus gesehen. Als ich wiederkam hatte ich diese Erinnerungen nicht, aber als ich die Königin wurde, bekam ich sie wieder...als ich ein Siphoner wurde.", antwortet sie auf seine Frage.
"Du hast gesehen was ich getan habe?...", stellt er fragend fest und realisiert gänzlich welche neue Bedeutung Leben und Tod nun für ihn haben.

Raven klatscht in die Hände und wie in einen Moment aus Lichtgeschwindigkeit, aber auch der Reaktionszeit eines Blitzes, befinden sich die beiden in den Katakomben eines Mausoleums.

"Wow!", keucht Xander und schwankt plötzlich orientierungslos umher.
Raven klopft sich den Staub aus ihren Händen und geht zu einem Podest, auf dem ein großes schwarzes Buch liegt.
In dem steinigen Raum, welcher durch spitze Gittern und brennenden Kerzen ausgezeichnet wird, schaut der Prawl nun auf ein riesiges Gemälde, welches über dem Podest an dem Raven nun steht hängt.

Das Gemälde zeigt einen kräftigen Mann mit zwei riesigen - fledermausartigen - Flügeln und einer spitzen Hornpartie die seinen Schädel zieren. Er sitzt auf einem Pferd, welches nur aus einem leeren Skelett besteht, aber trotzdem lebendig zu sein scheint.

"Wer ist das?", fragt Xander und mustert das schaurige Bild detailiert.
Raven hebt das Buch von dem Podest und dreht sich zu Xander.
"Sein Name ist Valerian. Er ist das schlimmste was diese Wesen dort unten zu bieten haben.", erklärt sie ihn direkt.
"Die Wesen dort unten?", fragt er und reißt seine Augen auf. Sofort stützt er sich an der modrigen Wand ab.
"Die Wesen aus der Hölle. Dämonen. Sie alle sind Seelen die nach ihren langen Leben - und ihren unverzeihlichen Taten - keine Ruhe gefunden haben. Sie wurden im Feuer der Hölle zu dem geformt, was wir Menschen als Geschichten der Bibel kennen. Geschichten von göttlichen Wesen, die den Tod bringen.", fährt sie fort und blättert nebenbei im Buch - auf der Suche nach einer ganz bestimmten Seite.
"Und die Dämonen bedrohen die Stadt, klar ich verstehe. Spar's dir.", keucht er und will es einfach nicht wahrhaben.

Sofort richtet sie ihren Blick auf ihn.
"Nein. Du liegst falsch. Nicht die Dämonen bedrohen uns, es ist er. Valerian. Selbst die Erben der Nacht wissen nicht was er ist. Er ist kein Dämon, aber ein so unfassbar mächtiges Wesen. Und nach Hunderten von Jahren der Abwesenheit ist er wieder da. Er wandert unter uns. Den er kann sich verstecken.", korrigiert sie ihn sofort.
"Ihr habt ein Portrait vol ihm, so jemand sollte leicht zu finden sein.", entgegnet Xander sofort.
Sie schüttelt den Kopf und legt das Buch wieder auf den Podest.
"Du dämlicher Idiot, er kann seine Gestalt wandeln!", brüllt sie nun und verliert die Geduld.

Xander geht auf sie zu und runzelt sauer seine Stirn.
"Hör mal, ich bin nicht in der Stimmung mir diesen Müll anzuhören. So etwas ist UNMÖGLICH! Und es ergibt alles keinen Sinn, wieso bräuchtest du MICH um ihn aufzuhalten?", donnert seine Frage hallend durch das Mausoleum.
Raven zeigt auf die Seite des Buches. Xander schnauft laut und geht schnell auf den Podest zu.
Er beginnt zu lesen.
Je länger er liest, desto mehr merkt Raven wie sich sein Gesicht zu einer schockierten Fratze verzieht.

"Nein...", keucht er und legt seine Hand auf seinen Magen.

"Willst du diese Kreatur aufhalten,
musst du eine Allianz entfalten,
die Seele eines Toten die zurück in's Licht fand,
und ein Mensch - direkt in eines Dämons Land."

liest Raven es parallel zu ihm vor.
"Muss ich sterben?", fragt er leise.
Raven senkt ihren Kopf und scheint sogar etwas Empathie zu zeigen.
"Valerian ist unter uns. Er will die Magie dieses Ortes. Die Magie die Jahre unter der Erde vor den Menschen versteckt blieb. Damit will er ein noch viel größeres Unheil auf die Erde freilassen.
Du musst nicht sterben, aber um die Macht zu bekommen ihn zu schlagen, musst du zu einen von ihnen werden.", sagt sie ihm deutlich.
"Ein Dämon.", stellt er fest...

ROSEWOOD - Erben der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt