4.09: "Letzter Halt"

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Am Abend...

Minerva spaziert mit einer warmen Tasse Kakao in die Bibliothek des Bunkers und stellt das leckere Getränk auf den großen Tisch, an dem Lily sitzt und ihre Mutter daraufhin breit anlächelt.
"Danke, Mom.", freut sie sich und schaut in die Tasse, an der sie sich die Hände wärmt.
"Kein Problem, Schatz. Schau mal was ich im Schrank gefunden habe.", sagt sie und zieht einen Koffer hervor.
"Als ich damals mit den Travellern in Nighthowl Bay war, habe ich mein altes Apartment besucht. Das Zeug war voll dabei.", ergänzt sie und zeigt Lily ihre alte Uniform, welche sie beim Police Department in ihrer alten Heimat unter der anderen Identität erhielt.
"Penelope Dawn.", liest Lily vor und schmunzelt.
"Jeder aus unserer Familie hatte mal seine schlechte Phase, hm?", scherzt die Prawl und trinkt lächelnd einen Schluck von ihrem Kakao.
"Da magst du wohl Recht haben, aber das letzte Jahr war zum Glück besonders ruhig.", merkt die Mutter an und setzt sich an der anderen Seite des Tisches zu ihrer Tochter, welche einen trüben Gesichtsausdruck auflegt.
"Ich weiß, dir fiel es schwer nicht nach Xander zu suchen, aber vielleicht geht es ihm jetzt besser.", versteht sie die Gefühle von ihrem Kind. Lily stellt die Tasse ab und atmet tief ein,
"Es vergeht kein Tag an dem ich nicht an meine Brüder denke...immerhin ist Noore ja noch da. Sie versteht...diesen Verlust."
Minerva runzelt ihre Stirn.
"Belphegor hat es verdient. Er wollte dich töten."
"Um sie zu retten.", entgegnet sie.
"Hätte ich auch für Gabe getan."

Ein lautes Klopfen hallt von der Bunkertür, in die großen Räumlichkeiten des Verstecks hinab.
"Wie oft habe ich ihr gesagt sie muss nicht klopfen?", sagt Lily über Noore und steht auf. Ihre Füße wandern die Treppen hinauf, näher zur großen Metalltür des Bunkers, welche sie kräftig öffnet.
"Es ist kurz nach Zwölf wieso bist d-"

Lily stockt der Atem.

"Lily...", keucht Gabe lächelnd und stürmt ihr in die Arme. Shawn und Nick schauen ihre Geschwister lächelnd an und kommen ebenfalls in den Bunker hinein. Lily welche, den Tränen nah, in den Armen ihres Bruders liegt, erblickt die anderen Mitglieder ihrer vor langer Zeit auseinander gerissenen Familie. Auch die beiden kommen hinzu und eine große - glückliche - Umarmung entsteht.
"Wie...?", keucht die Stimme der Prawl Mutter, als sie ihre Kinder - in ihren richtigen Körpern - erblickt. Gabe und Nick freuen sich ihre Mutter wohlauf zu sehen, aber Shawn scheint verwirrt.
"Tut mir leid, aber wer...?", fragt er und mustert die Frau genau. Lily lacht und umarmt ihn kräftiger.
"Das ist Mom. Sie kam als Traveller zurück in's Leben.", erklärt sie ihm, woraufhin sein Mund sich öffnet.
"M...Mutter?", fragt er und geht auf sie zu. Minerva kommen die Tränen und sie breitet ihre Arme offen aus,
"Mein Schatz.", schluchzt sie, da sie ihrem Sohn - nach ihrer Rückkehr - nie wirklich  begegnet ist. Die beiden fallen sich in die Arme,
"Was ist mit deinem echten Körper?", fragt er sie, als ihre Hand sanft seinen Rücken streichelt.
"Begraben in Nighthowl Bay. Diese...Frau hier ist Alice. Die Bürgermeisterin von Rosewood.", erklärt sie ihm gefasst.
"Was habe ich alles verpasst?!", fragt er und schaut seine Geschwister überrascht an. Lily lacht und wischt sich die Tränen weg,
"Ach, nicht viel. Nur einen Gargoyle, einen dämonischen Xander, ne' Traveller-Invasion und den Kampf gegen den Teufel.", scherzt sie, aber realisiert just in diesem Moment etwas.
"Wartet...wieso seid ihr zurück?...", stellt sie die wohl wichtigste Frage und sieht sofort den Gesichtsausdruck ihrer Geschwister.

Gabe zieht sich seinen Hut aus und geht, mit allen anderen, runter in den Bunker, welchen Shawn beeindruckt bestaunt.
"Shiva hat jeden von uns zurück geholt. Das Jenseits steht vor dem totalen Zusammenbruch und das hat zwei besondere Gründe.", erklärt der Prawl und stellt sich erschöpft an den Tisch.
"Zum ersten...all die Wiederbelebungen haben das Gleichgewicht der Natur zerstört...zum anderen...Xander. Irgendwie hat er es geschafft den Phönix Rubin aus dem großen Nichts zurück zu holen und ist...", keucht Gabe, da er es hasst gegen seinen großen Bruder agieren zu müssen.
"Was? Was ist Xander?!", fragt Lily eindringlich und greift ihm an den Arm.
"Er ist mächtiger als alles was wir je' gesehen haben. Luzifer nutzte den Rubin um die Apokalypse herbei zu rufen. Was denkst du passiert wenn man die Magie in dem Stein für sich selbst nutzt?", fragt er rhetorisch und setzt sich.
"Er...ich verstehe nicht.", keucht Lily und stützt sich schockiert am Tisch ab.
"Er ist gottesgleich. Wieso hätte Shiva - der Gott der Götter - sonst alle Retter zurück gebracht, wenn das Jenseits sowieso auf der Kippe steht?", antwortet er mit einer anderen Frage. Shawn reibt sich seinen Kopf, da er sich schwer tut all diese Sachen zu verstehen.
"Xander möchte Rosewood und alle Magie die von diesem Ort ausgeht, vernichten. Unsere Aufgabe...unsere Bestimmung...sie steht kurz davor ihren Höhepunkt zu erreichen. Den Kampf am Ende aller Welten...das Ende..", murmelt Gabe und reibt sich seine Augen.
"Warte. Meinst du also Luzifer war nicht das große Böse das wir hätten abwenden müssen?", fragt Nick ihn ernst. Gabe schaut ihn betroffen an,
"Genau. Es ist Xander selbst."

--- An der Stadtgrenze ---

Der brummende Cadilliac von Xander hält an der Grenze von Rosewood, welche mit dem grünen Schild 'Sie betreten Rosewood' gekennzeichnet ist. Er steigt aus, woraufhin sich die Beifahrertüren des Autos ebenfalls öffnen. Raven und Belph folgen ihm und stellen sich an die Grenze, welche er sanft berührt. Das magische Kraftfeld - die Barriere - flimmert funkelnd auf und verdeutlicht, dass der Abschirmzauber nach wie vor um die Stadt gelegt ist. Belph nähert sich in seinem abgetragenen Anzug der Grenze und schaut den Prawl ernst an.
"Sagte ich doch. Wir können die Stadt nicht betreten. Meine Tochter hat starke Magie genutzt um mich - und alle anderen - an einer Rückkehr zu hindern.", erklärt er ihm und schaut auf die leere und nasse Straße, welche in den Wald hinein führt. Raven erzeugt einen Feuerball und wirft diesen gezielt auf die Barriere, welche diesen einfach absorbiert.
"Interessant...", flüstert sie und schaut Xander nun auch an.
"Selbst wenn ich meine Magie hätte, ich bin nicht stark genug gegen meine Tochter.", erklärt Belph, doch Xander greift selbstsicher in seine Tasche, aus dem er den rot glühenden Rubin holt.
"Du vielleicht. Aber ich...ich schon.", antwortet er ihm und schließt seine Augen.

Urplötzlich beginnt die Barriere zu flackern und beben, so als würden sich gerade die Erdplatten verschieben. Doch es ist nichts dergleichen. Es ist Xander. Er öffnet seine Augen, welche nun rot - in der Farbe des Rubins - glühen. Langsam hebt er seine linke Hand, aus der sofort eine mächtige Feuersäule schießt, die die Barriere durchbricht. Das Schild was Angelica vor zwei Jahren erschuf, ist nun Vergangenheit.
"Hast du...?", fragt Raven und Xander nickt sofort,
"Habe ich.", lächelt er und steigt wieder in seinen Wagen. Belph grinst als er spürt wie die Magie, wie eine Droge, durch seine Adern schießt. Er spürt, was er das letzte Mal vor einem Jahr spürte. Sofort lässt er seinen Dolch in seiner Hand erscheinen und umklammert diesen fest.
"Ich bin wieder da...", freut er sich und schaut Xander dankbar an.
"Los. Steig ein.", befiehlt er ihm, während Raven schon längst in dem Wagen sitzt.
"Keine Sorge, wenn du mich brauchst bin ich da. Aber zuerst habe ich etwas zu erledigen.", antwortet er und verschwindet in seiner schwarzen Rauchschwabe. Xander rollt seine Augen und startet den Motor seines Wagens. Doch er bemerkt den Blick von Raven im Rückspiegel seines Autos. Er fährt los und betritt Rosewood mit dem Rubin in seiner Tasche,
"Was hast du? Sorgst du dich?", fragt er sie kühl und hat seine Augen auf die Straße gerichtet. Raven rümpft ihre Nase und setzt sich aufrecht hin,
"Ich weiß nicht, der Rubin...er scheint dich zu verändern. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein."
Xander schmunzelt,
"Das bildest du dir ein."
Raven schluckt einmal kräftig und nickt, als sie sich wieder in den Sitz fallen lässt. Die leeren Augen des Prawls sind eins mit der Straße, über die er fährt, um nun endlich das zu bekommen, was er schon immer wollte, seit sein Vater ihn das erste Mal schlug.

Die totale Kontrolle.

ROSEWOOD - Erben der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt