2.12: "Die große Finsternis"

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Am nächsten Morgen durchwühlt Nick die Regale und Schubladen der Bibliothek, im Bunker, da er nach etwas zu suchen scheint. Er ist nervös. Minerva kommt in die Bibliothek und schaut sich paranoid um,
"Hast du es?", fragt sie leise und will scheinbar nicht die anderen Bewohner des Bunkers wecken.
"Nein...keine Ahnung, hat er denn noch etwas gesagt?!", fragt Nick seine Mutter über die Begegnung mit dem mächtigen Gargoyle Valerian.
"Er wirkte so, als wenn sein Geduldsfaden vor dem Reißen stehen würde. Wenn er bald nicht wieder menschlich wird, könnte er Shawn töten.", seufzt sie verzweifelt und nähert sich ihrem Sohn.
"Er könnte deinen Bruder töten, nur weil wir nicht ehrlich waren.", schluchzt die Mutter der Prawls voller Reue. Nick's Augen werden kugelrund und er muss seine Emotionen im Griff behalten.
"Wir finden einen Weg. Gabe und Lily reden doch ständig über diesen Belphegor und was er angeblich zu sein scheint. Wenn der Typ wirklich der Träger der Dunkelheit zu sein scheint, wissen wir ganz genau was er vor hat.", denkt Nick laut nach.
Minerva's Pupillen weiten sich und beginnen lila aufzufunkeln.
"Mein Sohn...du bist ein Genie.", freut sie sich als hätte sie eine Erleuchtung erlangt.
"Komm mit. Es muss heute Nacht geschehen.", befiehlt sie ihrem Sohn nervös und greift nach ihrer Handtasche. Geheimnisvoll verschwinden die beiden zügig aus dem Bunker.

Lily steht still hinter einer der offenen Holztüren und schaut den beiden verletzt hinterher. Sie hat alles mitbekommen...

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Keuchend wacht Xander auf und liegt schwach auf dem harten Fußboden der Villa Mortimer.
"Aufwachen Sonnenschein.", flüstert die Stimme vom Raven lachend. Xander drückt sich müde gegen die Wand und klimpert mit den Augen,
"Raven...wie-?"
"Xander, denkst du ich wüsste nicht wenn du und der Dunkle in mein Haus einbrechen?", fragt sie ihn ironisch und streift ihm mit dem Zeigefinger durch's Gesicht.
"Wow, es hat wirklich funktioniert. Du bist kein Dämon mehr.", murmelt sie beeindruckt und zieht den Prawl zu sich hoch. Er hält sich nur wackelnd auf seinen Beinen, aber sieht sofort, dass es mittlerweile Tag ist, da die seichte Sonne etwas in den düsteren Raum strahlt.

"Wieso hast du mich nicht getötet?", fragt er sie verwirrt und stützt sich an der hölzernen Wand ab.
"Es sind immer die gleichen Fragen, oder? 'Wieso hast du mich nicht getötet?!', oder 'Wie bekommt der Dunkle seine Macht wieder?'", scherzt sie etwas und spielt auf etwas an.
"Was?", fragt Xander und muss nach dem magischen Knock-Out durch die Königin der Siphoner seine Gedanken sammeln.
"Ich habe dich für schlauer gehalten. Es fehlt ein Buch aus meinem Regal. Belphegor hat es sich gestern geholt, als Rache dafür, dass ich in seinen Gedanken rumgefuscht habe. Und du hast es nicht eine Sekunde bemerkt.", urteilt sie abwertend über ihn und zeigt auf eine leere Stelle in ihrem Bücherregal.
"Stimmt...Belph erwähnte es. Wie hast du das gemacht, ist er nicht irgendwie die mächtigste Person die es hier gibt?", fragt er neugierig. Raven nickt und klopft sich selbst auf die Schulter,
"Auch Menschen wie er müssen mal schlafen. Ich habe das gesehen, was er allen verheimlicht. Etwas was ihn angreifbarer macht, als alles andere.
Seine Tochter."
Xander schaut sie überrascht an.
"Er stellte einst die Macht der Dunkelheit, über seine eigene Tochter. Dadurch verlor er sie an den Tod. Ich weiß was er vor hat.", ergänzt sie sofort.
"Und das wäre?", möchte Xander wissen. Raven ist am zögern und sagt nichts. Sie geht durch den Raum und schaut aus dem Fenster.
"Weißt du, eine Sache habe ich dir nicht vergessen. Du warst ein Dämon und all' deine Gefühle waren praktisch unzugänglich für dich selbst. Aber trotzdem hast du dich um mich gekümmert.", sagt sie ruhig. Xander erinnert sich an seinen Besuch in der Villa.
"Ich weiß nicht wie das möglich war, aber..es ist passiert. Ich werde dir helfen, aber dafür musst du mir einen Gefallen tun.", bittet sie ihn. Xander schaut sie fragend an.
"Streck deine Hand aus.", befiehlt sie ihm.
"Nein.", antwortet er sofort aus Reflex und sie wendet sich von ihm ab.
"Warte. Okay.", korrigiert er sich und streckt seine Hand nun doch aus.
"Konzentrier dich. Denk an einen Moment des puren Glücks. Und dann wenn du deine Gefühle zugelassen hast an einen Moment der tiefsten Trauer.", weist sie ihm an und verwirrt den Prawl damit gänzlich.
Trotzdem schließt er seine Augen und tut was sie sagt.

Vor seinem inneren Auge - tief in seiner Seele - sieht er einen schon lange vergangenen Tag. Er und seine ganze Familie sitzen an einem langen Esstisch und speisen die verschiedensten Gerichte. Es ist ein Tag aus seiner Kindheit. Sogar sein Vater und seine Mutter waren noch dabei. Die Kinder waren aber auch dementsprechend klein.
Sofort als die Gefühle Xander durchströmen sieht er den Leichnam von Nick, wie er tot in dem Brunnen liegt, in dem er von seinem eigenen Vater ertränkt wurde.
Seine ausgestreckte Hand beginnt zu zittern.
"Jetzt wiederhole meine Worte...'Inflammare'..", flüstert Raven Xander in's Ohr, welcher stark angestrengt scheint.
"I...Inflammare.", spricht Xander und in seiner ausgebreiteten Handfläche erscheint eine große Feuerflamme. Er reißt seine Augen auf und sieht das warme Licht der Flamme. Aber er spürt keine Schmerzen.
Raven schaut ihn lächelnd an,
"Es hat geklappt.", lacht sie und schnippst mit den Fingern, was das Feuer zum erlischen bringt.
"Was zur Hölle war das?!...", stammelt Xander erschrocken vor sich her.
"Magie..du kannst Magie anwenden.", antwortet sie, aber ihr Gespräch wird durch ein starkes Wackeln im Boden unterbrochen. Die beiden schauen sich an und verstehen nicht was passiert.

Raven schaut aus dem Fenster und sieht wie ein grelles rotes Leuchtfeuer aus der Stadt in den Himmel schießt. Xander eilt ebenfalls zum Fenster.
"Was passiert da?", fragt er die Königin und kann nicht zuordnen um was es sich bei dem Leuchtfeuer handelt.
"Belphegor...ich gab ihm den Kelch von Shiva, in Austausch dafür, dass er mit seiner Macht, welche er dann wiedererlangt, Joshua zurück bringt.", erklärt sie ehrlich und sprintet aus der Villa.
Xander steht nur verwirrt neben sich.
"Wieso sagst du mir das?", fragt er sie, da es nie einen Grund für das Vertrauen gab, welches sie nun in ihn hat.
"Er hat das Buch über Blutsmagie gestohlen. Ob Joshua zurückkommen würde, oder nicht, es macht keinen Unterschied. Wenn er das durchzieht, was ich denke, sind wir in ein paar Stunden alle tot.", antwortet sie ausnahmsweise mal selbstlos.
"Kommst du?!", fragt Raven und Xander nickt entschlossen.

ROSEWOOD - Erben der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt