18. Everly

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Hi, ich melde mich aus der ersten Uni-Woche zurück, die ich Gott sei Dank überlebt habe😅. Ich hätte eine Frage an euch: Habt ihr eigentlich Interesse, dass ich mal eine Lesenacht mache?🙈

Das Abendessen verläuft wie erwartet katastrophal. Keine Ahnung wieso Drew so nett heute früh zu mir war, aber meine Hoffnung, dass diese Nettigkeit noch eine Weile anhält, war vergebens. Er spricht während des gesamten Essens kein Wort mit mir, außer als er mich anherrscht ihm die Soße zu reichen. Ich bin kurz davor ihm die Soße auf sein weißes Shirt zu kippen, weiß aber, dass das Verhalten eher Kindergartenmäßig, als reif und erwachsen wäre, weshalb ich mich schlussendlich doch dagegen entscheide. Die Stimmung zwischen uns ist wie beim Getränkekauf, obwohl ich wirklich gehofft habe, dass es nach Silvester und dem heutigen Tage besser werden würde.

Dafür unterhalte ich mich mit seiner Schwester ziemlich gut. Auch wenn sie drei Jahre jünger ist als ich, ist Lilly unglaublich nett und wir scheinen ähnliche Interessen zu haben. Ich frage sie über ihre neue Schule aus und gebe ihr Tipps bezüglich der Lehrer, da sie auf dieselbe High-School geht, auf die Tyler und ich auch gegangen sind. Ich wünschte er wäre jetzt hier, dann wäre dieses Abendessen weit aus erträglicher. Zudem habe ich keine Ahnung warum meine Eltern überhaupt so oft mit den Morgans essen wollen. Ich meine klar, sie sind nett und unsere neuen Nachbarn, aber so viel haben wir mit den vorherigen Leuten, die hier gewohnt haben in den gesamten fünf Jahren, die sie unsere Nachbarn waren, nicht gemacht und die waren auch nett. Der einzige Lichtblick ist, dass wir morgen Abend zu Tylers Eltern zum Essen gehen. Bethany und Toby sind so etwas wie zweit Eltern für mich und ich vermisse sie. Da wird das Abendessen garantiert nicht so unangenehm werden.

Nach dem Essen will mich gerade verabschieden, um mich in mein Zimmer zu flüchten, damit ich wenigstens noch etwas für die Uni aufholen kann, als meine Eltern auf die grandiose Idee kommen, wir könnten ja auch alle zusammen zum Pier gehen, weil die Morgans anscheinend noch nie da waren. Meine Begeisterung für diesen Vorschlag hält sich in Grenzen und auch Drew sieht so aus, als würde er seinen Abend am liebsten ganz anders verbringen. Warum wir beide trotzdem mitgehen, ist mir ein Rätsel, da wir eigentlich alt genug sind, um so einen Vorschlag abzulehnen, aber, da ich meine Eltern nicht enttäuschen möchte, stimme ich schließlich zu und schnappe mir meine Jacke. Wir sind zwar in Santa Monica, aber es ist trotzdem erst Januar und damit für meine Verhältnisse verdammt kalt. Wie Drew nur in Jeans und Shirt rumlaufen kann, ist mir ein bloßes Rätsel.

Während unsere Eltern sich fröhlich unterhalten und Lilly ein Foto von jedem zweiten Gebäude schießt, weil es so toll aussieht, trotten Drew und ich in eisigem Schweigen hinter unseren Familien her. Nach weiteren fünf Minuten halte ich es nicht mehr aus und packe ihn am Handgelenk, sodass er stehen bleiben muss.

„Was ist eigentlich jetzt schon wieder dein Problem?", fahre ich ihn an, woraufhin Drew nur gelangweilt eine Augenbraue nach oben zieht.

„Was habe ich dir denn getan? Du bist den ganzen Abend echt scheiße zu mir gewesen und ich habe dir wirklich keinen Grund dafür gegeben."

„Vielleicht gehst du mir einfach nur gewaltig auf den Keks und das Abendessen war definitiv nicht meine Idee, also warum sollte ich nett zu dir sein?"

„Vielleicht weil ich dich heute mit zur Uni genommen habe, dich an den freien Tagen meinen Freunden vorgestellt habe und mich wirklich bemüht habe nett zu dir zu sein."

„Ich brauch keinen Babysitter und auch niemanden der mich rumführt, weil er Mitleid mit mir hat und außerdem war ich heute Morgen nett zu dir, also spiel dich nicht so auf.", erwidert er gereizt. Das kann doch wohl nicht sein Ernst sein.

„Das heißt du bist nur nett zu mir, wenn ich dich herumfahren soll und du irgendetwas von mir willst, und ansonsten kannst du mich behandeln wie den letzten Dreck? Außerdem bin ich bestimmt nicht dein Babysitter und warum sollte ich Mitleid mit dir haben?", fauche ich ihn an.

„Glaub mir, ich will gar nichts von dir und du hast angeboten mich mitzunehmen, also wirf mir das jetzt nicht vor. Und ich habe dich nicht gebeten Zeit mit mir zu verbringen. Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass du mich in Ruhe lassen sollst. Wenn du das nicht kapierst, ist das nicht mein Problem.", meint er, entzieht sich meinem Griff und lässt mich einfach stehen. Ich schaue Drew einen Moment sprachlos hinterher, bevor ich mich ebenfalls in Bewegung setzt und mich ihm erneut in den Weg stelle.

„Das Gespräch war noch nicht beendet."

„Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte es nicht mal angefangen, also was willst du?", sein Blick wirkt gehetzt und irgendetwas sagt er, dass er nicht wirklich sauer auf mich ist, sondern ich nur die Person bin, die seine Wut abbekommt. Da ich allerdings das Temperament meines Vaters geerbt habe und ich mich bereits viel zu sehr in diesen absolut unnötigen Streit hineingesteigert habe, denke ich nicht mal daran jetzt aufzuhören und klein beizugeben. Auch wenn das definitiv der intelligentere Weg wäre.

„Was ich will ist, dass du aufhörst mich so scheiße zu behandeln. Ich habe keine Ahnung auf wen du wütend bist, aber das musst du nicht an mir auslassen."

„Wer sagt denn, dass ich nicht wirklich auf dich wütend bin, sondern auf jemand anderen? Vielleicht bist auch einfach du mein Problem?", meint er und in seine Augen tritt ein angriffslustiges Funkeln. Mir wird erst in diesem Moment klar, wie nah wir uns gegenüberstehen müssen, da es draußen mittlerweile so dunkel ist, dass ich es sonst gar nicht erkennen würde. Hinzukommt, dass unsere Familien schon lange außer Sicht- und Hörweite sind und wir ganz allein auf dieser Straße stehen.

Und in diesem Moment kommt mir eine teuflische Idee. Ich weiß, dass Drew ziemliche Orientierungsprobleme hat und dass mein Vorhaben wirklich fies ist, aber wer mich so behandelt, muss fühlen. Rache ist eben süß. Grinsend stelle ich mich auf die Zehenspitzen und beuge mich noch ein Stück weiter zu ihm nach vorne.

„Keine Sorge. Dein Problem wird sich gleich in Luft auflösen.", flüstere ich. Dann drehe ich mich um und renne los.

„Das kann nicht dein Ernst sein.", höre ich Drew hinter mir brüllen, doch ich denke gar nicht daran langsamer zu werden, oder gar umzudrehen. Das hat er davon, dass er mich den ganzen Abend so mies behandelt hat, auch wenn eine Stimme im hinteren Teil meines Bewusstseins mir versucht mitzuteilen, dass die Aktion kindisch ist. Damit hat sie vielleicht sogar Recht, trotzdem steht es jetzt eins zu null für mich.

Wie hättet ihr an Stelle von Everly reagiert?😂

Und habt ihr gedacht, dass das Abendessen so verläuft?🙈

Two broken Souls - Finding Happiness AgainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt