39 | De somno excitare

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In den nächsten zwei Monaten bemühte ich mich, nicht noch mehr Schaden anzurichten. Ich meldete mich mehr oder weniger freiwillig bei den Maispielen der dritten Stufe an, trainierte sowohl mit Kathi als auch Frau Schwab und versuchte, noch ein wenig zur Schwarzen Königin herauszufinden. Letzteres scheiterte, aber ansonsten schaffte ich es halbwegs unbeschadet durch die Zeit.

Was Lorenzo betraf, ging ich ihm aus dem Weg. Nach dem Vorfall im Musikraum hatte ich mich tagelang mit verschiedensten Zukunftsvorstellungen geplagt, bis ich zum Schluss kam, dass ich ihm glaubte. Es war nichts, aber auch gar nichts in der letzten Zeit passiert. Und ich hatte nicht vor, mein sorgfältig neu aufgebautes Leben gerade von ihm zerstören zu lassen.

Ich musste mir jedoch selber eingestehen, dass es keine einfache Angelegenheit war, ihn zu ignorieren. Jedes Mal, wenn ich an die Situation im Musikraum dachte, meldete sich mein Gewissen zu Wort. Ich hatte wirklich überreagiert, war aber noch lange nicht bereit, ihm erneut unter die Augen zu treten. Selbst als er mich bei einer Magie-Stunde offen ansprach und sich erst nach mir und dann nach der Geheimgesellschaft erkundigt hatte, wimmelte ich ihn so schnell wie möglich ab. Obwohl ich furchtbar gerne gewusst hätte, woher er davon erfahren hatte.

Als es nach langer Zeit endlich mal wieder eine gute Nachricht gab, war ich gerade mit ein paar Leuten aus allen Stufen im Garten. Die Maispiele waren nur noch ein paar Wochen entfernt und eine allgemeine Trainingspanik war ausgebrochen. Ich saß zusammen mit Tina auf einem Mäuerchen und feuerte Leonie an, die gerade ein Übungsduell gegen Emilie machte.

Nach einer relativ geringen Zeit hatte Emilie Leonies Verteidigung vollkommen vernichtet und die nächsten stellten sich bereits an den Rand des Feldes. Tina stand ebenfalls auf, ihr Blick auf ihrem Handy.

„Ich muss mal kurz was überprüfen, bin in zehn Minuten wieder da", informierte sie mich und ging mit schnellen Schritten von der Wiese. Dafür gesellte sich nun Leonie zu mir. Sie sah eindeutig frustriert aus.

„Das war doch gut", versuchte ich, sie aufzumuntern. „Du hattest die richtigen Ideen. Nur an der Umsetzung hat es noch ein wenig gefehlt."

Sie schnaubte. „Siehst du, genau das ist das Problem. Sie sind in der Technik alle viel besser, da kann ich kaum mithalten."

„Wenn du möchtest, können wir Mittwochabend mal üben", bot ich an.

„Da ist Umwelt-AG. Und mit einem Abend werde ich auch nicht besonders weit kommen."

„Du hast noch fast einen Monat. Mach dir da mal keine Sorgen, wenn du dir jede Woche zwei Stunden Zeit nimmst, wird das schon klappen."

„Zwei Stunden." Sie stöhnte frustriert auf, den Blick auf ein paar Zweitklässlern, die gerade einige sehr improvisatorisch aussehende Angriffe durchführten. „Wo soll ich die denn herbekommen? Demnächst fängt auch noch die Klausurphase an, ich bin im Organisationskomitee der Maispiele, meine Reli-Note muss ein bisschen verbessert werden und dann wollen die Leute von der Umwelt-AG noch ein Gemüsebeet anlegen. Und die Duelle sind ja auch nicht das Einzige, das nicht klappt."

Warum sie sich auch bei allen Wettbewerben eingetragen hatte, verstand ich bis heute nicht. Aber das sprach ich nicht aus. Genau über dieses Thema hatten Tina und sie letztens einen handfesten Streit gehabt.

„Sieh die Duelle doch einfach als Spaß an", sagte ich vorsichtig. Ich deutete auf die Gruppe Zweitklässler. „Genau wie die da drüben. Die haben keine wirklich reellen Chancen, zu gewinnen, und wissen das selber auch. Trotzdem machen sie mit und lassen sich einfach dahin treiben, wohin es sie bringt."

Einen Moment lang sah Leonie ihnen zu, dann schüttelte sie resigniert den Kopf. „Ach, vergiss es einfach."

Ich bezweifelte, dass es das für sie gewesen war. Doch genauso wusste ich nicht, wie sich ihre Situation verbessern sollte, wenn sie so an die Sache dranging. Alle, die die Duelle der Maispiele wirklich gewinnen wollten, nahmen sich mindestens dreimal die Woche Zeit fürs Training. Ich selbst war da keine Ausnahme. Mittlerweile hatte ich ausnahmslos jeden Tag irgendetwas mit meiner Magie zu tun.

Der Ruf der ErdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt