Der Ruf der Erde

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Am nächsten Tag konnten wir immer noch nicht aus dem Zimmer. Das Essen wurde wie am Abend zuvor vorbeigebracht, mein Treffen mit Frau Schwab verschoben. Zwischendurch bekamen wir alle eine kleine Krise, die darin endete, dass Leonie ausrastete, sich mit Thea anlegte und die beiden einen kurzzeitigen kalten Krieg führten.

Gegen Mittag war das aber wieder vorbei, denn endlich war das Schloss wieder freigegeben. Gleichzeitig entdeckten wir aber auch, dass es nun offizielle Sicherheitskräfte gab. Zusätzlich waren noch mehr Leute vom Rat eingetroffen. Wie unpraktisch das war, erfuhren Thea und ich, als wir von einer ziemlich überfordert wirkenden Beamtin auf der Fensterbank in der Bibliothek bei Dingen gestört wurden, bei denen wir auch darauf hätten verzichten können.

***

Einen weiteren Tag später gegen Abend löste sich eines unserer Probleme in Luft auf. Theas Eltern holten sie nicht nach Norwegen zurück, da sich die Elite-Schule gegen das ganze Hin und her gestellt hatte. Laut Thea wäre der einzige Weg gewesen, eine neue Sporthalle zu spenden, doch da waren die Ansprüche zu hoch für das doch relativ mittel-riesige Vermögen ihrer Familie.

Es versetzte uns alle in einen kurzzeitigen euphorischen Zustand. Der wurde allerdings schnell wieder getrübt, als Gerüchte die Runde machten. Kathi war die Mörderin. Die Leiche war wieder blutleer. Sowohl Schüler als auch Lehrer verloren so langsam die Hoffnung in die Menschheit. Und immer mehr Leute wurden misstrauische, allen voran Tina. An diesem Tag überhörte ich gleich zwei Gespräche, die sich darum drehten, warum die Morde in Wirklichkeit geschahen.

***

„So, was jetzt?", fragte Max.

Das war eine äußerst gute Frage. Gerade hatte ich allerdings keine Idee, was ich darauf antworten sollte.

„Wir könnten damit anfangen, Frau Schwab nach der Wasserbändigerin zu fragen", sagte Thea.

„Weil sie sie eventuell kennt? Gute Idee."

„Ja, aber nicht nur. Habt ihr schonmal darüber nachgedacht, dass der Rat ihre gestellten Morde immer als Wahrheit annimmt, obwohl sie die scheinbaren Mörder manipuliert hat?"

Ich runzelte die Stirn. „Das war der gesamte Sinn dieser Manipulationen."

„Ja, aber denkt mal ein bisschen weiter. Anscheinend kann man die Anwendung von Magie nachverfolgen, wie bei Sarahs Fall. Und jetzt wahrscheinlich auch bei Kathis. Aber sie haben nie Magiespuren an ihnen festgestellt. Die müssten da nämlich eigentlich sein, wenn sie manipuliert worden sind."

„Das heißt, das ist alles eine ganz große Verschwörung vom Rat und der Wasserbändigerin?", vermutete Max.

„Möglich", räumte Thea ein. „Genauso kann es sein, dass Kathi die Beeinflussung einfach erfunden hat und wir auch komplett falsch gefolgert haben. Aber was auffällig ist, sind die Parallelen zum Phoenix-Dokument zu Frau Schwab. Sie hat auch behauptet, von einem Wasserbändiger manipuliert sein zu worden und trotzdem hat man bei ihr keine Spuren gefunden."

„Was wiederum bedeuten würde, wir haben es hier mit jemandem aus dem Kreis der Schwarzen Königin zu tun, wenn auch nicht mit ihr selbst." So langsam begann es, Sinn zu machen. Auch wenn es mittlerweile viel zu verschlungen für mich wurde. Ich bewunderte wirklich, wie Thea noch den Überblick über die Situation behalten konnte.

„Genau dasselbe dachte ich auch. Wann ist dein nächstes Treffen mit Frau Schwab?"

Ich sah auf die Uhr. „In drei Stunden."

„Perfekt. Der nächste Punkt, den ich vorher noch gerne besprechen würde: Das Motiv. Irgendwas passt da nicht."

„Reden wir über die Sache mit der Diskriminierung von Menschen mit erwachter Magie?", hakte Max nach. Ich war wirklich erleichtert, dass er mittlerweile mindestens genauso verwirrt war wie ich.