24 | Contra vim mortis non est medicamen in hortis

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Der Tag, an dem der nächste Mord geschah, war düster und eiskalt. Nach einem ziemlich warmen Weihnachten hatte niemand wirklich erwartet, dass es doch noch schneite. Aber schon seit Stunden war der Himmel mit grauen Wolken bedeckt und weiße Flocken häuften sich draußen zu immer größeren Hügeln an.

Es war der Sonntag nach dem zweiwöchigen Betriebspraktikum, das wir hatten machen müssen. Insgesamt einen Monat nach den Winterferien. Und da heute regulär kein Magietraining war, war ich zusammen mit einigen anderen Schülern in der Sporthalle und fror mir trotzdem den Hintern ab.

„Wisst ihr was", verkündete Elaine, eine Feuerbändigerin aus dem dritten Jahr, „Das ist ja kaum auszuhalten hier, da können wir gleich nach draußen gehen."

„Entweder das, oder du spielst Heizung", sagte Matthias.

Sarah grinste. „Das fände er wohl in mehr als einer Weise nicht schlecht."

Ihre Freundin stupste sie rügend an, musste jedoch selber kichern. Gefühlt jeder an der Schule wusste, dass Matthias ein Auge auf die hübsche rothaarige Feuerbändigerin geworfen hatte. Alle, außer ihr selbst.

„Ganz sicher nicht", gab Elaine zurück. „Da hast du bessere Chancen, wenn du Fräulein Schneider fragst, ob sie die Heizung kurzfristig reparieren kann."

„Gut, dann eben nach draußen."

Sie sah ihn entgeistert an. „In den Schneesturm?"

„Warum nicht?" Er grinste teuflisch, dann machte er sich auf den Weg zum Ausgang. „Kommt schon, so viel schlimmer als das hier kann es nicht werden."

Und wie viel schlimmer es werden konnte. Draußen war es nicht nur kalt, sondern auch noch nass. Trotzdem dauerte es keine zwei Minuten, bis die Halle komplett leer war. Einige blieben davor stehen, einige andere wie Sarah und ihre Freundin machten sich auf den Rückweg zum Schloss.

Der Schnee lag mittlerweile so hoch, dass man mit jedem Schritt ein paar Zentimeter einsank. Dafür verlieh er der Akademie ein unwirkliches Aussehen. Die Dächer und Turmspitzen waren mit einer weißen Schicht bedeckt, die es wie ein Märchenschloss aussehen ließ. Und auch sonst sah das Gelände mehr aus wie das Filmset von Drei Haselnüsse für Aschenbrödel als die altbekannten Gärten.

„Es ist immer noch arschkalt", stellte Elaine fest. „Und ich habe absolut nicht die richtigen..."

Was genau sie sagen wollte, bekamen wir nicht mehr mit. Aus Matthias' Richtung kam ein Klumpen Schnee geflogen, der sie am Oberschenkel traf. Entsetzt sah sie an ihrer nun nassen Jeans hinunter. Ihr Ausdruck verdunkelte sich.

Blitzschnell griff sie nach einer Handvoll Schnee, schmiss sie in seine Richtung. Zu unser aller Überraschung schmolz der Schnee jedoch sofort und klatschte als Wasserschwall gegen Matthias' Jacke. Und als wäre das der Startschuss gewesen, fingen auf einmal auch andere an, sich zu beteiligen.

Es brauchte nicht mal eine Viertelstunde, bis alle von oben bis unten durchnässt waren. Nicht nur das, auch das Schneegestöber wurde immer dichter.

„Ich glaube, wir gehen jetzt besser auch wieder rein", sagte Matthias. „Nicht, dass wir alle noch eine Erkältung bekommen."

„Als ob wir die nicht schon längst hätten", murmelte jemand neben mir.

Doch da man mittlerweile kaum mehr die Hand vor den Augen sehen konnte, überquerten wir wohl oder übel den Platz und betraten das Schloss. Auf der Treppe traf ich auf Tina, die mich mit zusammengekniffenen Augen musterte.

„Jetzt sag nicht, du warst bei dem Wetter draußen."

„Doch. Hat sich herausgestellt, dass Erdbändiger in Schneeballschlachten zu nichts gut sind."

Der Ruf der ErdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt