44 | Iter longum

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Thea, Max und ich saßen in Theas und meiner Stammecke in der Bibliothek. Max hockte mir gegenüber auf dem Fensterbrett und Thea hatte sich neben mich gequetscht, sodass ich halb an der Scheibe klebte. Meine Gedanken waren ein einziges Chaos, dass ich den beiden zuliebe versuchte zu entwirren.

Es funktionierte nur mäßig. Wenige Minuten vorher war ich noch in Frau Schwabs Büro gewesen, bis wir von dem glatzköpfigen Ratsmitglied unterbrochen wurden. Anscheinend hatte ein gravierendes Ereignis stattgefunden und die Anwesenheit der Schulleiterin wurde dringend benötigt. Ohne, dass er es aussprach, wussten wir beide, worum es ging. Und so musste ich den Rückzug antreten.

Thea und Max hatten sich glücklicherweise schon am Treffpunkt in der Bibliothek befunden, als ich dort angekommen war. Die Geschichte hatte ich so schnell heruntergerattert wie es ging. Einerseits wollte ich mich nicht länger damit befassen, dass jemand aus meinem engsten Kreis ein Opfer der Geheimgesellschaft geworden war. Und andererseits erwartete ich die ganze Zeit lang, dass es eine Lautsprecheransage gab, genau wie vor drei Monaten. Die ließ aber auf sich warten.

„Also, Kathi wurde von einer Wasserbändigerin dazu gebracht, Frau Collet umzubringen und der Rat wird das genau so akzeptieren", fasste Max zusammen. „Außerdem haben wir jetzt weitere Verbündete, nämlich Matthias, Fräulein Schneider und Frau Schwab."

Ich nickte. „Und was machen wir jetzt?"

„Abwarten." Max zuckte die Schultern. „Viel mehr geht erstmal nicht, bevor sich das Chaos gelegt hat. Und dann werden wir diese Wasserbändigerin mit ihrer Geheimorganisation finden."

„Aber wie? Wir wissen nicht einmal mehr, wo sie sich treffen."

„Wir werden das schon irgendwie herausfinden. Lasst uns erstmal noch über ein paar andere Probleme reden."

„Bitte, deine verhauene PoWi-Klausur tut jetzt gerade nichts zur Sache." Davon hatte er uns schon gestern oft genug erzählt. Leider hatte ich derzeit absolut keine Nerven mehr für solche Kleinigkeiten. Nicht, wenn einer meiner Freunde für nichts und wieder nichts für Mord belangt werden sollte.

„Das meinte ich nicht, auch wenn es im großen Ganzen natürlich auch wichtig ist. Ein anderes Problem sind zum Beispiel Theas Eltern. Irgendeinen Vorschlag, wie wir sie trotzdem hierbehalten können?"

Hitze schoss mir in die Wangen. Natürlich, wie hatte ich das nur vergessen können? Noch so eine Sache, um die wir uns kümmern mussten, aber niemand eine Idee hatte, wie. Automatisch suchte meine Hand Theas, die eiskalt war. Schlimmer konnte diese Situation echt nicht werden.

„Wir können sie kidnappen", schlug ich vor. „Oder erpressen."

„Und mit was willst du sie erpressen?"

Das war eine andere Sache. „Gut, ihr könntet nach Norwegen fliegen und sie mit euren Wasserkräften manipulieren."

„Vorausgesetzt, wir kommen früher als die Mails von der Schule."

„Auch wieder wahr. Ich könnte zu Frau Schwab gehen und fragen, ob sie Theas Eltern einfach keine Mail schreiben kann."

„Wie soll das denn funktionieren?"

„Ganz einfach. Ich habe heute Abend nochmal ein Treffen mit ihr, da kann ich sie fragen."

„Aber vermutlich ist es dann auch zu spät."

Das stimmte wohl. Doch mehr fiel mir gerade nicht ein, das irgendeine Chance hatte, zu funktionieren.

„Lasst es einfach", mischte sich nun Thea mit dünner Stimme ein. „Wir warten ab, wie sie reagieren. Mehr können wir doch ohnehin nicht tun."

Der Ruf der ErdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt