59 | Quem dei diligunt, adulescens moritur

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Obwohl ich es bereits geahnt hatte, hatte es ausgesprochen noch einen ganz anderen Effekt. Ich saß hier unten mit dem Entdecker des Steins der Weise. Er war eine Legende. Und es kam bekanntlich nicht so oft vor, dass man denen begegnete.

„Hast du wirklich als Erster den Stein der Weisen gefunden?", platzte ich heraus, ohne dass ich es verhindern konnte. „Und heißt das, Perenelle ist auch unsterblich?"

„Ich sagte, ich habe keine Lust, darüber zu reden. Selbst wenn ich es hätte, ginge es dich trotzdem nichts an." Nicholas klang griesgrämig wie eh und je, als hätte er nicht gerade groß angekündigt, dass er der Nicholas Flamel war.

„Sagt dir die Schwarze Königin etwas?", versuchte ich es weniger auffällig. „Oder weißt du etwas über den Alkahest?"

„Ich meine es ernst, ..." Er stockte. „Wie auch immer du heißt."

„Anna", sagte ich. „Bitte, es wäre wirklich wichtig."

„Gut, Anna, ich werde dir eine Sache verraten: Was auch immer du mit der Schwarzen Königin und dem Alkahest zu tun hast, pass auf dich und alles, was dir wichtig ist, auf. Du legst dich mit mächtigen Magiern an, die vor rein gar nichts zurückschrecken."

Soviel wusste ich auch schon. Trotzdem machte mich ein Teil seiner Worte aufmerksam. „Du hast dich mit ihnen angelegt, richtig? Was hast du getan?"

„Ich war anderer Meinung, wie ich dir bereits mitgeteilt habe. Nur zur Erinnerung: Wenn ich sage, ich möchte nicht darüber reden, dann meine ich das auch."

Dann nicht. Enttäuscht streckte ich meine Beine aus und machte es mir dann wieder gemütlich. Jedenfalls so gemütlich, wie es mit leerem Magen und ausgetrockneter Kehle auf einem kalten Steinboden ging.

Ein wenig ärgerte ich mich über meine fehlende Fähigkeit, ihm Informationen zu entlocken. Nur vollkommene Idioten hätten nicht bemerkt, dass Nicholas so viel mehr wusste, als er bereit war zu erzählen. So viel mehr, das mich brennend interessierte. Er wusste anscheinend so einiges über die Schwarze Königin. Wenn Mitglieder ihrer Gesellschaft mich in dieses Verlies geschleppt hatten und er schon öfter als Nicht-Gefangener hier gewesen war, bedeutete das, er hatte eng mit ihnen zusammengearbeitet. Er besaß einen Schatz an Insider-Wissen, das die Gesellschaft vermutlich auseinanderreißen konnte.

Das würde mir aber auch nichts mehr bringen, wenn ich nicht rechtzeitig hier rauskam. Und zu warten wurde von Sekunde zu Sekunde schwerer. Vor allem, da die Sorgen nun wiederkamen.

Ich wunderte mich, was gerade mit Max geschah. War er alleine oder hatte er ebenfalls Gesellschaft? Oder, um am Anfang anzufangen, war er überhaupt noch am Leben?

Ein flaues Gefühl machte sich in meinem Magen breit. Auch wenn Max uns alle mit seiner Magie getäuscht hatte, wenn noch jemand aus meinem engsten Freundeskreis wegen meiner Aktionen ums Leben kam, wäre das das Ende. Ich wusste nicht, wie ich das noch verkraften können würde. Tina allein war schon schlimm genug. Warum hatte es gerade sie getroffen? Das würde mir in diesem Raum auch niemand beantworten können. Doch es gab etwas anderes, das Nicholas für mich tun konnte.

„Kannst du mir etwas über Erdmagie erzählen?", fragte ich.

„Weshalb Erdmagie?", kam es sofort zurück.

Ich zuckte mit den Schultern, merkte dann, dass es nichts brachte. „Ablenkung."

„Hier gibt es nichts, wovon man abgelenkt werden müsste."

Doch. Die Gedanken, Erinnerungen, die von der Stille genährt wurden. „Dann rede eben über was anderes. Hauptsache, es passiert irgendwas."

Er ließ sich Zeit für seine Antwort. Ich fürchtete schon, dass er einfach nichts mehr von sich geben, mich allein in der Dunkelheit lassen würde, bis er schließlich sagte: „Erdmagie ist in Ordnung. Wie lange hast du deine Magie schon?"

Der Ruf der ErdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt