𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟐𝟐

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Emilia

Etwas rüttelte an mir.

Ich wusste aber nicht was es war.

Ich murmelte etwas unverständliches und schlug den Gegenstand weg, der immer noch nicht von mir abgelassen hatte. Ich will doch nur schlafen.

„Emilia", zischte eine bekannte Stimme leise. „Mhm", murmelte ich und kuschelte mich mehr in den warmen Sitz rein. „Wach auf", die Stimme wurde immer wütender. Mama?

„Emilia!", jetzt schrie die Person schon fast. Ich brummte auf und schlug die Augen auf. Müde blickte ich in die Augen von einem sehr sehr aggressiv aussehenden Silvan und fing an leicht zu lächeln. „Du hast echt schöne Augen, Silvan."

Geschockt blickte er mich an. Seine Gesichtszüge entspannten sich und die dunkle Farbe in seinen Augen wandelte sich in etwas helleres um. Er räusperte sich leise und ich musste breiter grinsen. „Steig aus", befahl er kalt und ich verschränkte die Arme vor meiner Brust. „Keine Lust", sagte ich leise und schmollte. „Keine Lust?", fragte er mich, als wäre ich nicht mehr dicht und blickte mich scharf an. „Raus da. Jetzt", seine Stimme wurde mit jedem Wort zittriger, als versuche er die Geduld zu bewahren. Es machte mir aber keine Angst.

Was mir aber Angst machte, war mein plötzlicher Mut. Dieser Typ war doppelt so groß wie ich.

„Nö", murmelte ich stur und drehte mich weg. Ein Schnauben entwich seinen Lippen, dass sich so anhörte, als könnte er nicht glauben, wie ich mich benahm. Tja, das hast du davon wenn du ein normales Mädchen komisch nennst.

Idiot.

„Emilia", warnte er mich. „Das ist das letzte Mal, dass ich dir sage, dass du aussteigen sollst. Raus jetzt!" Als ich mich immer noch nicht bewegte seufzte er wutgebrannt auf und ging sich gestresst durch die Haare. Ohne das mein Kopf die Chance hatte zu registrieren was passierte, griffen seine kalten Hände schon nach meinen Oberschenkeln und ich wurde grob hochgehoben. Mit einem Ruck landete ich auf seiner Schulter und keuchte erschrocken auf.

Stumm machte er die Tür zu und lief auf ein großes Gebäude zu. Seine Schritte waren so schnell, dass ich mich an seinen breiten Schultern festhalten musste, um mich vor dem Hinfallen zu bewahren. Was fällt ihm ein?

Drinnen angekommen entwich mir ein erleichtertes Seufzen. Wenigstens war es warm hier drinnen. Wir kamen an der Rezeption an und die Frau musterte uns schräg. Es hielt jedoch nicht lange an. Ein warnender Blick von Silvan reichte aus und sie blickte sofort wieder runter. Mit heiserer Stimme überreichte sie uns einen Schlüssel, nachdem er ein Zimmer buchte und rannte praktisch in das Nebenzimmer.

Der Riese der mich immer noch nicht runter gelassen hat trug mich in Richtung Fahrstuhl und ich gab so langsam die Hoffnung auf, dass er mich heute noch runter lassen würde.

Zwei Stöcke höher angekommen ließ er mich endlich runter und ich griff noch rechtzeitig nach seinem Arm als ich anfing zu schwanken. Er blickte zu mir runter und verpasste mir einen düsteren Blick, was mich dazu brachte einen Schritt zurückzuweichen. Er griff nach meinem Arm und zog mich mit sich. Währenddessen ließ ich meine Augen durch die Umgebung gleiten. Das Hotel war wunderschön. Die Töne der Wände gleichen den Möbeln und die Fenster waren geöffnet um den Flur einen frischen Duft zu schenken.

Vor einer Tür blieben wir dann stehen. Silvan kramte den Schlüssel raus, den die Frau und vorhin gegeben hatte und schloss auf. Ohne groß auf mich zu achten, betrat er das Zimmer und schmiss den Schlüssel auf den kleinen Tisch. Zögerlich trat ich ein und machte die Tür hinter mir zu. Unsicher blickte ich durch das Zimmer. Es war relativ groß.

An der Decke hing ein kleiner altmodischer Kronleuchter und vor den Fenstern hingen rote Vorhänge. Ich kam mir vor wie in einem Film. Braunes Holz in Form von Fliesen bedeckten den Boden und weiße Tapeten dekorieren die Wände dieses Zimmers. Ein weißes Sofa stand unter dem Fenster und ein kleiner Teppich war davor platziert worden.

Links konnte man den Eingang eines Flurs erkennen. Dort mussten sich wohl das Bad, die Küche und so weiter befinden. Meine Augen blickten weiter durch das Zimmer und stoppten bei dem Bett. Ich schluckte.

Nur eins?

Sein Duft umhüllte mich und ich spürte wie sich eine gewisse Wärme mir näherte. Ohne mich umzudrehen wusste ich, dass er genau hinter mir stand.

„Gibt es ein Problem?", fragte er und ich schüttelte stumm den Kopf. Seine Schritte kamen näher und ich spürte wie er vor mir zum Stehen kam. Zwei kalte Finger griffen nach meinem Kinn und ich wurde gezwungen aufzuschauen. Nervös schluckte ich. „N-nein", sprach ich diesmal.

Unzufrieden brummte er auf und ließ von mir ab bevor er einen Schritt auf mich zukam. Seine dunklen Augen brannten sich in meine und ich spürte wie mir immer wärmer wurde. „Keine Angst", sprach er und nickte in die Richtung des Sofas. „Ich schlafe da."

Sofort fühlte ich mich furchtbar. „Das ist es nicht", sprach ich und schüttelte den Kopf. „Ich-ich war nur überrascht."

Er zog eine Augenbraue nach oben und verschränkte die Arme vor seiner Brust. Ich versuchte nicht runterzuschauen. „Was ist es dann?", fragte er und überrumpelte mich etwas mit seiner Frage.

„Ähm...also", sprach ich und räusperte mich leise. Ich wollte einfach nur im Erdboden versinken. „Es ist nur das...", meine Stimme wurde mit jedem Word leiser und ich schaffte es nicht den Satz zu beenden.

Wie sollte ich ihm bitte erklären, dass ich noch nie neben einem Jungen geschlafen habe oder ansatzweise gemeinsam mit einem in einem Bett lag? Wie? Er würde mich doch nur auslachen. Genauso wie die anderen.

„Emilia", seine tiefe Stimme brachte mich aus den Gedanken und ich blickte verwundert auf. Eine bekannte Emotion schwamm in seinen Augen und ich konnte sofort erkennen was es war. Besorgnis.

Ich hätte nicht gedacht, dass ich diesen Blick mal so vermissen würde.

„Hör auf dir so groß Kopf zu machen", sprach er und nickte wieder in die Richtung des Sofas. „Ich schlafe da."

Ich machte den Mund auf um ihm zu widersprechen, doch ein warnender Blick seinerseits brachte mich zum Verstummen.

Er lief an mir vorbei und ging auf den Flur zu. Meine Augen verließen ihn nicht bis er aus meiner Sichtweite war.

Ich fühlte mich furchtbar.

Und das Schlimmste?

Kein einziger Schimmer Erleichterung braute in mir auf. Stattdessen fühlte ich nur Enttäuschung.

Pure Enttäuschung.

𝐒𝐢𝐥𝐯𝐚𝐧 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt