Silvan
Nachdem sie sich beruhigt hatte, hat sie sich hingelegt und ihren Kopf auf meinen Schoß gelegt. Meine erste Reaktion verlief stumm und harmlos. Mein ganzer Körper spannte sich an und ich konnte nur blinzelnd zu ihr runter schauen. Ihre plötzliche Geste hat mich etwas aus der Fassung gebracht. Als ich dann sehen konnte, wie sich ihre Augen langsam schlossen und sie langsam einschlief, erlaubte ich mir selbst, mich zu entspannen.
Das ganze ist schon knapp eine ganze Stunde her. Und ich schaffte es immer noch nicht, die Augen von ihr zu nehmen. Ich hasse es, wie sie Dinge mit mir anstellte, ohne es überhaupt zu bemerken.
Sie duftete sogar nach Vanille und Erdbeeren.
Wie benommen ließ ich meine Augen über ihre perfekten und weichen Gesichtszüge wandern. Ich konnte nicht wegschauen. Ich konnte nur starren. Ohne, dass ich realisierte, was genau ich da tat, strich ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und legte meine Hand auf ihre warme Wange ab. Ich wusste nicht, wie sie es schaffte, doch sie war immer warm. Jedes Mal, wenn meine kalte Haut Kontakt mit ihrer machte, spürte ich wie mein Herz schneller wurde.
Ich schüttelte den Kopf. Das alles war falsch. So verdammt falsch. Wie hat sie das geschafft? Ich wollte diesem Mädchen helfen. Sie retten. Dafür sorgen, dass sie nicht zu tief in dieses ganze Geschäft mit reinfällt. Ich wollte, dass sie nicht so endet wie ich.
Doch während ich versuchte, ihr zu helfen, machte ich alles nur noch schlimmer. Ich ließ zu, dass sie sich mir näherte. Ich ließ zu, dass sie den Schlüssel zu meinem Inneren fand und meine Wände durchbrach. Bitter lachte ich auf.
Ich schaute sogar einen verfickten Disney Film mit ihr.
Sie begann sich rum zu wälzen und für eine Sekunde dachte ich sie hätte wieder einen Albraum, doch dann sah ich zu, wie sie sich langsam wieder beruhigte und aufhörte sich hin und her zu bewegen.
Ich verfluchte mein pochendes Herz. Wieso hatte ich so Angst bekommen?
Ich ließ meinen Kopf nach hinten fallen, ohne die Augen von ihr zu nehmen. Ich war nicht der Einzige mit Geheimnissen gewesen. Das stellte ich nach ihrem kleinen Emotion Ausbruch vorhin fest.
Deswegen wollte sie also nicht, dass ich zu viel rauche. Sie hatte Angst, dass mir das Gleiche passieren könnte wie ihm. Sie befürchtete, dass sie auch zu spät sein wird und nicht in der Lage sein wird, mich aufzuhalten. Sie hat Angst, nochmal jemanden zu verlieren.
Und ich habe die Hinweise wie ein Bastard ignoriert.
Ich hasse es wie ich es schaffe sie jedes Mal wieder aufs Neue zu verletzten. Egal ob es mit meinem Verhalten oder auch mit meinen Worten geschieht, ich schaffe es immer sie mit unsichtbaren Messern zu erstechen.
Doch dann kommen diese Momente, in denen ich in ihren hellen braunen Augen versinke und ihr am liebsten jeden Wunsch von den Lippen ablesen will.
Sie möchte nach Hause. Selbst ein Idiot konnte das sehen. Sie will sehen und sichergehen, dass es ihrer Mutter gut geht, doch das ist im Moment einfach nicht möglich. Sobald sie jemand sieht, ist es vorbei. Ich weiß wie Roberto ist. Er ist ein Mann mit einem großen sturen Kopf. Er befolgt Regeln genauso wie ein Löwe nach seinem nächsten Opfer sucht.
Ich habe Code rot gebrochen. Wenn er uns in die Hände bekommt, dann können wir uns das Zurückkehren komplett abschminken. Er wird uns eine Kugel durch den Kopf jagen, bevor wir die Chance haben werden, zu registrieren, was passiert.
Solange die Chance darauf besteht, dass ihr etwas zustoßen kann, werde ich sie nicht raus lassen. Vielleicht irgendwann wenn es sicherer ist, aber nicht jetzt.
Eine zarte Berührung an meiner Hand ließ mich aufzucken und ich setzte mich aufrechter hin. Ich runzelte die Stirn und blickte zu ihr runter, nur um überrascht fest zu stellen, dass sie bereits wach war. Ihre Augen waren jedoch nicht auf mich fokussiert. Mit einem schief gelegenen Kopf lag sie auf meinem Schoß und ließ ihre Fingerspitzen über die Haut meiner Hand gleiten, als sei es das Normalste der Welt.
„Wieso das Tattoo?", fragte sie leise und blickte mit großen Augen zu mir auf. Wie benommen starrte ich zurück und schaffte es nicht den Mund aufzumachen.
Die Neugier in ihren Augen vermischte sich mit Unsicherheit. „Du musst es mir nicht sagen, wenn du dich nicht wohl genug-"
„Meine Mutter liebte Rosen", meine Stimme war leise, als ich sie unterbrach. Dieses Mädchen war viel zu höflich.
„Sie war süchtig nach ihnen", sprach ich und presste die Zähne zusammen. Meine Mutter war unschuldig und trotzdem wurde ihr alles genommen.
Ein trauriges kleines Lächeln legte sich auf ihre Lippen und sie schaute zurück zu dem Tattoo. „Es ist schön", sprach sie und legte ihre Hand komplett auf meine, bevor sie sich aufrecht hinsetzte und ihren Kopf in meine Richtung drehte. Etwas Neues schimmerte in ihren Augen und ich bereitete mich auf die nächste Frage vor. Dieses Mädchen konnte reden.
„Vermisst du es nicht?", fragte sie mich und legte den Kopf schief und ich konnte nicht anders, als das Gleiche zu machen. Was meinte sie?
Sie schien meinen inneren Kampf zu bemerken und rutschte näher. „Ich meine das Leben, dass du vor dem Ganzen hier geführt hast", sprach sie. Ihre Stimme wurde leiser und eine Falte legte sich auf ihre Stirn. Ich las sie wie ein offenes Buch. Sie war sich unsicher.
„Nein", antwortete ich knapp und bereute den kalten Ton sobald ich das Fallen ihres Gesichts bemerkte.
„Du lügst", sprach sie und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
„Das weißt du nicht", gab ich zurück.
Sie war stur. Das stand fest.
„Doch."
Ich schloss die Augen und versuchte meine Wut zu kontrollieren. Ist das ihr Ernst?
„Emilia", warnte ich sie ohne in ihre Richtung zu schauen.
„Silvan", gab sie in einem deutlich weniger dunklen Ton zurück.
„Benimm dich."
Stille folgte und ich spürte wie sich das scheiß Gefühl von Reue in mir ausbreitete. Habe ich sie schon wieder verletzt?
Ich machte die Augen und setzte mich gerader hin, bevor ihr Blick wieder meinen traf. Doch statt mit gesenktem Kopf nach unten zu blicken, fand ich sie nur mit dem breitesten Lächeln auf, dass ich je gesehen habe.
„Nö. Mir gehts gut so", sprach sie und zog ihre Worte in die Länge.
Ich schüttelte den Kopf.
Sie wird mich noch umbringen mit diesem Mund.
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𝐒𝐢𝐥𝐯𝐚𝐧 ✓
RomanceSilvan wird von jedem gefürchtet. Seine dunkle Aura und seine distanzierte Persönlichkeit lassen die Leute zurückschrecken und bereuen, je in seine Richtung geschaut zu haben. Er lebt ein Leben in der Dunkelheit und versucht das gute Herz, dass in s...