𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟓𝟕

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Emilia

Ich hasste mich manchmal dafür, dass ich so unerfahren war. Manche wären vielleicht stolz darauf oder würden sogar damit angeben, aber mich nervte es einfach. Es enttäuschte mich. Mir war es peinlich.

Nur Gott wusste, was die Mädchen in meinem Alter trieben.

Und dann schau mich an. Ich will diese Dinge erleben. Ich will nicht so verklemmt sein. Aber wenn es dann darauf ankommt, weiche ich zurück. Aus Angst.

Was wird mich erwarten? Diese Frage stelle ich mir jedes Mal genau bevor ich aufgebe.

Gerade war es nicht anders.

Ich mied Silvan. Ich weiß es war falsch. Erst recht nach dem schönen Moment, den wir gestern gemeinsam erleben durften. Aber ich kann nicht anders. Was wenn ich etwas falsch mache? Was wenn ich ihn langweile? Ihm zu verklemmt bin? Ich weiß was Jungs heutzutage von Mädchen wollen und erwarten. Ich weiß, dass sie auch mal intimer werden wollen.

Aber sowas kann ich ihm nicht geben. Nicht jetzt. Nicht in diesem Alter.

Ich fühlte mich immer noch so, als käme ich frisch aus der Grundschule. Klar, ich rede anders und denke anders, aber alles hat seine Grenzen. Ich wollte eigentlich bis zur Ehe warten. Egal welche Person auch auf mich treffen wird.

Aber kann ich dieser Perspektive treu bleiben? Jetzt wo ich Silvan hatte? Ein Junge, der etwas anders war, als die anderen Jungs, die auf meine Schule gingen?

Er ist weiter. Mit allem. Mit seinem Körper, seinen Gedanken und seinen Bedürfnissen. Das kann ich ja nicht ändern.

Aber etwas zu tun, wozu ich selbst noch nicht bereit war, war genauso falsch.

„Was machst du da?" Seine Stimme riss mich aus den Gedanken und ich blickte erschrocken von meinem Buch auf. Ich habe gar nicht bemerkt wie er reingekommen ist.

„Lesen", piepste ich.

„Das kann ich sehen", entgegnete er kalt und kam mit langsamen Schritten auf mich zu. „Ich meinte eigentlich was anderes."

Er kam vor mir zum Stehen und duckte sich zu mir runter, bevor er mir das Buch aus der Hand nahm und mit einem Ruck und der Hilfe von zwei einzelnen Fingern schloss. Seine unglücklichen Augen trafen auf meine und ich schluckte nervös auf. „Ich habe dir die Bücher gekauft, damit dir nicht zu langweilig ist. Nicht, damit du jede freie Sekunde des Tages an ihnen verbringst", seine Stimme wurde mit jedem Wort ernster und er schaute die Bücher so an, als würde er sie verbrennen wollen.

„Bist du eifersüchtig auf ein Buch, Silvan?", fragte ich ihn belustigt und ließ das kleine Lächeln auf meinen Lippen wachsen.

„Ja", gab er trocken von sich und legte das Buch zur Seite, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder mir widmete. „Ich bin auf alles eifersüchtig, dass dich zum lächeln bringt."

„Oha", rief ich lachend und verschränkte die Arme vor meiner Brust. „Wer hätte gedacht, dass du so romantisch sein kannst?"

Seine Hände griffen nach meiner Hüfte und zogen mich so schnell an ihn ran, dass ich erst blinzelte, sobald seine Nase meine streifte. „Spaß bei Seite, Emilia", sagte er und blickte mich ernst an. „Du redest nicht mehr mit mir. Wieso?"

Ich blieb still und war gerade dabei mit meiner rechten Hand mein linkes Handgelenk zu umgreifen, da griff er schon nach meinen Händen und verschränkte sie mit seinen. „War ich zu schnell? Habe ich etwas falsches gesagt?", fragte er und blickte mich besorgt an.

Mein Herz ging auf und ich schüttelte schnell den Kopf, bevor er zu sehr in die falsche Richtung dachte. „Das ist es nicht", sprach ich.

„Was ist es dann, Emilia? Sag es mir. Ich hasse es wenn du davon rennst, anstatt mir zu sagen was das Problem ist", erwiderte er und schien große Mühe dabei zu haben, seinen Ton ruhig zu behalten.

𝐒𝐢𝐥𝐯𝐚𝐧 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt