𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟑𝟏

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Emilia

Morgens wurde ich von den Sonnenstrahlen, die auf mich runter schienen, geweckt. Die Umgebung war mir bekannt und ich bemerkte sofort, dass es das Zimmer war, in dem ich auch das letzte Mal aufgewacht bin. Alle Bilder kamen auf einmal auf mich zu und es dauerte mich ein wenig, alles zu bearbeiten. Ich war eingeschlafen. Auf Silvan. Meine Wangen fingen augenblicklich an zu brennen und ich seufzte gestresst auf. Wir haben uns beinahe geküsst. Es traf mich härter als erwartet. Ein Junge hatte mich beinahe geküsst. Ich hatte fast meinen ersten Kuss.

Etwas benommen blickte ich um mich rum und stellte fest, dass er mich hier her getragen haben musste. Nur...wo war er jetzt?

Gedankenverloren rieb ich mir über die Augen, setzte mich langsam auf und schlug die Decke von mir. Unsicher und verwirrt zugleich stand ich auf und begab mich in Richtung der Tür. Ich hatte immer noch die Jeans und das T-shirt an, dass die Jungs uns gebracht haben. Doch die Weste war weg. Silvan musste sie mir ausgezogen haben, als er mich hochgebracht hatte.

Ich betätigte die Klinke und zog eine Grimasse, als es etwas quietschte. Leise trat ich in den Flur und blickte einmal nach rechts und links. Niemand war zu sehen. Außerdem war es ziemlich still. Zu still. Wo war er nur? Die Jungs waren ja wieder zurück bei Roberto, also blieben nicht wirklich viele Optionen übrig.

"Silvan?", rief ich und lief mit heiseren Schritten in die Küche. Sie war leer. Genauso wie das Bad, die anderen Schlafzimmer und das Wohnzimmer, was ich nach langem Suchen schließlich feststellen konnte. Frustriert ging ich mir durch die Haare und verschränkte meine Arme vor der Brust. Was jetzt? Ich konnte ihn ja nicht anrufen.

Die Realisierung traf mich wie kaltes Wasser.

Ich war alleine.

Alleine in einem fremden Haus.

~

Meine Augen konzentrierten sich auf die weiße Decke über mir und ich legte den Kopf schief. Es ist schon ungefähr zwei Stunden her, seitdem ich alleine aufgewacht bin und es vergeht keine einzige Sekunde, in der mein Kopf aufgehört hatte, nach möglichen Gründen die zu Silvans plötzlichem Verschwinden führten, zu suchen. Ich hatte das Gefühl, ich werde verrückt.

Was wenn ihm was passiert ist? Was wenn Roberto ihn gefunden hat? Sofort setzte ich mich auf und blickte mit großen Augen zu dem Fernseher. Was wenn die Jungs was damit zu tun haben? Ich wusste doch, dass etwas mit diesem Elias nicht stimmt. Er ist irgendwie komisch. Still wie Silvan, aber komisch. Silvan war nicht komisch. Im Gegenteil. Er war toll. Sehr toll sogar. Toll war gar kein Ausdruck. Er war perfekt.

Okey das reicht.

Meine ganzen Gedanken verflogen auf Knopfdruck, als ich ausmachen konnte, was keine zehn Zentimeter entfernt vom Fernseher lag.

Eine Schusswaffe.

Es dauerte ein wenig, bis ich realisierte, was ich da wirklich sah und es dauerte sogar noch länger, bis ich wider zu mir kam. So langsam, als käme es mir vor wie in Zeitlupe, stand ich von dem Sofa auf und bewegte mich auf den Fernsehtisch zu. Da lag sie. Seine Waffe. Es war nicht die, die Rafael ihm gegeben hatte. Es war die, die er schon seit Anfang an hatte. Es war die, mit der er mich bedroht hatte.

Jetzt daran zurück zu denken, war seltsam. Damals hatte ich noch Angst vor ihm. Damals war er jemand anderes als jetzt. Damals hatte er andere Absichten. Damals war er der Feind in meinen Augen. Jetzt war es anders.

Jetzt war er der Jenige, der mich vor den Feinden schützte.

Vorsichtig griff ich nach der Waffe und hielt sie mit beiden Händen fest. Sie war schwer und kalt unter meiner Haut. Es war seltsam, sie mal selbst zu halten. Mein Finger legte sich auf den Abzug und ich stellte mir vor, wie es wäre abzudrücken. Wie fühlte sich sowas an? War es...befriedigend? Sofort verwarf ich diesen Gedanken. Das war nicht möglich. In meinen Händen sah es falsch aus. In seinen Händen ebenfalls. Ich wünschte nur, er würde das auch so sehen.

𝐒𝐢𝐥𝐯𝐚𝐧 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt