𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟐𝟑

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Silvan

20 Minuten

Mehr hat es nicht gebraucht bis dieses Mädchen eingeschlafen ist.

Ich schaffte es seltsamerweise nicht die Augen von ihr zu nehmen. Sowas passierte mir noch nie. Dass ein Mädchen es geschafft hatte meine Aufmerksamkeit zu erregen. Ich verstand es anfangs nie. Damals, wo ich noch etwas jünger war. An sowas habe ich noch nicht einmal gedacht. Ich habe zugesehen wie andere Menschen sich getroffen haben. Sich geliebt haben. Die andere Person so angeschaut haben als wäre sie die noch einzige Überlebende.

Ich verstand es nicht.

Ich meine warum? Warum solltest du sie wie der letzte Bastard anstarren? Bekommt man so nicht Angst? Das hat doch nichts mit Interesse zu tun? Sowas is krank.

One Night Stands. Das war das Einzige was mich mit Frauen verbunden hat damals. Mehr war da nicht. Ich wollte einfach nur den Kopf frei kriegen und von meinem beschissenen Leben eine Pause nehmen. Mehr war da nicht dabei.

Dann traf ich auf sie.

Schon damals in dieser einen Gasse, in der ich auf sie treffen durfte, schaffte sie es auf einer seltsamen Art und Weise mir den Atem zu rauben. Das erste worauf mein Kopf sich konzentrieren konnte, waren ihre Augen. Sie waren so hell, trotz ihrer braunen Farbe. Anders als meine. Sie waren nicht kalt. Nicht abwesend. Sie waren warm. Das Schlimmste?

Sie erinnerten mich an meine Mutter.

Ein sanftes leises Brummen brachte mich aus den Gedanken und meine Augen schossen wieder zu ihr. Meine Schultern sackten ein. Sie bewegte sich unruhig hin und her, während sich eine Falte auf ihrer Stirn bildete. Hatte sie einen Albtraum?

„Bitte nicht! Bitte nicht! Bitte. Hör auf", murmelte sie und hörte nicht auf zu zappeln. Vorsichtig stand ich auf und bewegte mich auf sie zu. Es war schwer das Gleichgewicht zu behalten, da mein Herz nun so schnell schlug, dass ich eine Sekunde lang die Befürchtung hatte, es würde aus meiner Brust platzen. Vor ihr kam ich zum Stehen und kniete mich zu ihr runter. Ihr Zustand hatte sich verschlechtert. Rote Wangen und zusammengezogene Augenbrauen. Symptome von extremem Stress und großer Unruhe.

„Emilia", sprach ich zögerlich und fasste sie sanft an der Schulter, doch sie wich nur wimmernd zurück. „Emilia", versuchte ich es ein weiteres Mal und lehnte mich vor um ihr ein paar Strähnen wegzustreichen. Ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, während ihre Mundwinkel runter zuckten. Was träumte sie nur?

So langsam als käme es mir vor wie in Zeitlupe, öffneten sich ihre Augen. Zuerst musste sie ein paar Mal blinzeln um sich an die Umgebung zu gewöhnen, doch sie setzte sich schlussendlich mit einem fix und fertigem Gesichtsausdruck auf. Ihre müden halb offenen Augen trafen auf meine und ich spürte wie mich die Besorgnis übernahm. Genau das meinte ich.

Schwäche.

Sie machte mich schwach.

„Silvan", flüsterte sie verwirrt und blickte sich fraglich um. „Was...was ist passiert?", stellte sie mir die Frage, auf die ich selbst nicht antworten konnte. „Das musst du mir sagen", sprach ich und bereute meinen kalten Ton sofort als ich ihre ängstliche verunsicherte Reaktion bemerkte. „Du hattest einen Albtraum", stellte ich fest und zog eine Augenbraue nach oben. „Kannst du dich erinnern?", fragte ich sie und schaute zu wie sie gedankenverloren den Blick abwendete.

„Ich...ich glaube ich habe-", der Rest des Satzes blieb ihr im Hals stecken, bevor ihre Augen sich weiteten. Jetzt war ich selber verwirrt. „Emilia", sprach ich und wollte aufstehen, doch ihre Hand griff nach meinem Handgelenk um mich zu stoppen. Ohne das ich es aufhalten konnte, fing die Stelle, an der sie mich berührte, an zu brennen. Mit behutsamen Augen blickte ich auf sie runter. Sie hob den Kopf an und erwiderte meinen Blick halbwegs. Sie reagierte beinahe schüchtern.

„Kannst-kannst du mit mir schlafen?", fragte sie und riss keine Sekunde später erschrocken die Augen auf. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte anders reagiert.

„Nein! Nein, oh Gott! Das meinte ich nicht! Ich meinte nur, dass-dass du vielleicht hier- na ja du weißt schon- ach egal, vergiss es einfach", stotterte sie herum und blickte schlussendlich mit dunkelroten Wangen nach unten auf die Bettdecke. Ohne, dass ich was dagegen tun konnte, fingen meine Mundwinkel an hoch zu zucken.

Ihre Schüchternheit machte etwas mit mir, dass ich nicht entziffern konnte.

„Du willst, dass ich neben dir liege?", fragte ich sie und hoffte, dass ich sie fehlverstanden habe. Neben ihr zu schlafen würde den letzten Tropfen Selbstkontrolle eliminieren und von dieser Welt bringen. Es war zu riskant. Ich schaute zu wie sie zu mir aufschaute und dann vorsichtig mit dem Kopf nickte. Ihre braunen Augen waren etwas geweitet und die rote Farbe ihrer Wangen hatte sich nur noch mehr verbreitet.

Ich seufzte auf und wusste nicht mehr weiter. Nein sagen war keine Option. Nicht bei ihr. Außerdem musste sie ja irgendwie einschlafen. Morgen müssen wir weiter.

Langsam schaute ich wieder auf und traf auf ihre wunderschönen Augen die mich fraglich musterten. Dann passierte es. Ohne auf den innerlichen Kampf der sich in mir ausbreitete, einzugehen, nickte ich.

Wie der letzte Bastard.

Ihre Schultern sackten ein und die Unsicherheit auf ihrem hübschen Gesicht wurde ersetzt mit Erleichterung. Ein kleines Lächeln legte sich auf ihre Lippen und es fiel mehr schwerer als gedacht den Blick von ihnen abzuwenden. Nachdem sie von mir abgelassen hatte, rutschte sie nach rechts und machte mir Platz. Trotzdem schaffte ich es nicht mich von der Stelle zu rühren.

Ihre Unsicherheit kehrte zurück. „Wenn-wenn du nicht willst, dann musst du auch-", ich legte mich neben sie, bevor sie die Chance hatte den Satz zu beenden. Sofort wurde sie ruhig und blickte mit behutsamen Augen zu mir runter. Vorsichtig aber sicher, ließ sie sich auch nieder und landete mit ihrem Rücken auf der Matratze. Ich konnte spüren wie sie weiterhin Löcher in meinen Kopf brannte doch ich konnte mich nicht dazu bringen ihre offensichtlichen Blicke zu erwidern.

Starr lag ich auf meinem Rücken und blickte die weiße Decke an, während sich mein ganzer Körper auf Knopfdruck anspannte.

Ich sag doch.

Sie hat mich um ihren Finger gewickelt.

Und ich ließ es zu, weil ich schwach für sie bin.

Für ein Mädchen.

𝐒𝐢𝐥𝐯𝐚𝐧 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt