𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟐𝟖

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Emilia

Sterben? Was meinte er mit Sterben? Meine Augen suchten wieder nach seinen, doch sein Blick galt längst nicht mehr mir. Silvan schaute Roberto so kalt an, wie ich es noch nie erlebt habe. Keine seiner Gesichtszüge bewegte sich und ich fragte mich, was gerade in ihm vorging. War er wütend? Enttäuscht? Traurig? Ich schluckte und schaute stumm zwischen den beiden hin und her.

Roberto legte den Kopf schief und blickte Silvan provozierend an. „Hast du wirklich geglaubt, ich würde dich nicht finden?", bitter lachte er auf. „Hast du wirklich eine Sekunde lang gedacht, du würdest mir entkommen? Ich dachte du wärst schlauer, Silvan", enttäuscht schüttelte er den Kopf und widmete seine Aufmerksamkeit wieder mir. Etwas in mir zog sich zusammen, als er anfing leicht zu grinsen. „Elias!", rief er und ich blickte fragend zu Silvan, doch dieser war gerade damit beschäftigt Löcher in Robertos Kopf zu starren.

Die Tür öffnete sich und ein Junge betrat die Halle. Er hatte blonde Haare und eine schmale Figur. Mit jedem Schritt, den er in unsere Richtung machte, stieg die Nervosität in mir. Sein Blick traf meinen und ich schaffte es nicht wegzuschauen. Jedoch konnte ich nicht hinter seine Fassade blicken. Etwas sagte mir, dass er nicht anders war als Silvan. Alle hier trugen Masken. Es schien mir so, als hätten sie Angst. Angst davor erkannt zu werden. Als wollen sie nicht, dass man ihnen ihre Schwäche anmerkt. Sie haben Angst zu verlieren.

Der Junge blieb ungefähr drei Meter von uns entfernt, stehen und schenkte seine ganze Aufmerksamkeit Roberto. Seine Arme verschwanden hinter seinem Rücken und seine Gesichtszüge verblieben neutral. Genauso wie die von jedem anderen in dieser Halle.

Außer mir. Wie soll sowas auch gehen? Seine Emotionen verstecken? Auf stark machen, selbst wenn es das Letzte ist, dass einem in solch einer Situation helfen könnte? Ich passe. Manche Menschen waren einfach nicht dafür gemacht. Sie waren wie offene Bücher. Blumen, die viel früher geblüht sind, als die anderen. Meere, die den Kampf aufgeben und die Menschen in Ruhe ließen, sollten sie sich währen.

Und ich hasste es. Denn manchmal ist es einfach besser mit dem Strom zu schwimmen, als die Richtung zu wechseln. Alle sprechen von Veränderungen und wie gut sie sein sollen. Doch manchmal ist es einfach besser zu akzeptieren. Sich einfach dem hinzugeben, dass einem angeboten wird.

Stärke kann man sich angewöhnen. Oder auch, man wird damit geboren. Es gibt unendliche Optionen, doch keine trifft auf mich zu. Keine Einzige.

„Wo sind die anderen?", Robertos Stimme riss mich aus den Gedanken und ich blickte zögernd auf. „Sie sind auf dem Weg", antwortete Elias und nickte in die Richtung der Türen. Roberto nickte zurück und ließ seine Augen wieder zu Silvan gleiten. Tief atmete er ein und ließ den Kopf nach hinten fallen. „Darauf habe ich so lange gewartet." Seine Worte waren laut und seine Stimme leise. Mein Kopf fing an Spielchen mit mir zu spielen.

Die Tür öffnete sich erneut, nur diesmal traten zwei Jungs ein. „Malik. Miguel. Kommt her! Ich will euch unseren neuen Gast vorstellen", rief Roberto und blickte noch nicht einmal in die Richtung der beiden. Wie zwei kleine Schoßhündchen kamen sie auf uns zu und blieben genau hinter Elias stehen. Nun galten alle Augenpaare dieser Halle mir. Selbst Silvans. Ich konnte seinen Blick nicht definieren. Während ich hier gerade die Fassung verlor, sah er so aus, als wäre er die Ruhe selbst.

„Na? Was sagt ihr? Hübsches Mädchen, oder?", seine amüsierte Stimme drang ein und ich spürte die Wut in mir aufkochen. Was fällt ihm ein? Doch diese Emotionen war nichts im Gegensatz zu meiner Angst, die ich in Moment spürte. Roberto hörte immer noch nicht auf mich anzustarren. Die beiden Jungen, die gerade dazugekommen sind, haben bereits die Blicke gesenkt. Elias starrte Silvan an.

Mein Kopf war überfüllt und es fiel mir schwer die Konzentration zu bewahren.

Ich war so vertieft in Gedanken, dass ich zu spät registrierte was passierte. Ein lauter Knall ertönte und ich zuckte erschrocken zusammen. Wie auf Knopfdruck schossen meine Augen zurück zu Roberto. Doch sein Blick galt nicht mehr mir. Er galt dem Boden. Dann den Wänden. Letztendlich verschwanden sie komplett und rollten nach hinten. Er verlor das Gleichgewicht und landete mit einem harten Aufprall auf dem Steinboden. Dieser wurde zum Echo.

𝐒𝐢𝐥𝐯𝐚𝐧 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt