𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟐𝟗

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Emilia

Drei Stunden.

Solange war ich schon wach. Das erste was ich wahrnahm, als ich wieder aufwachte, war die Stille. Es war tot ruhig. Zu ruhig, um mich alles vergessen zu lassen. Das war mein Brechpunkt. Alles in mir zog sich zusammen, als ich mich daran erinnerte, was passiert war. Jede Zelle meines Körpers verfiel in Panik und ich setzte mich abrupt auf. Dann bemerkte ich, dass ich garnicht mehr im Wagen saß. Ich saß auf einem Bett. Einem wildfremdem Bett um genau zu sein. Das Zimmer war modern gestalten und die helle Sonne, die durch das Fenster rein schien, betonten die Wände nur noch mehr.

Es befanden sich nicht viele Möbel hier. Alles was ich ausmachen konnte, war ein Schrank, zwei Türen, die abgeschlossen waren und das Bett worauf ich lag. Ich klopfte und rief nach Silvan. Doch niemand antwortete oder kam. Ein paar Versuche später versuchte ich es sogar mit Rafael und den anderen Jungen, an die ich mich erinnern konnte. Doch keiner kam. Keiner antwortete. Schlussendlich gab ich es auf und setzte mich beinahe den Tränen nahe auf den alten Holzboden. Ich weigerte mich auf das Bett zu setzten. Wer hatte mich überhaupt hierher verschleppt?

Drei Stunden klangen nicht lange. Doch ganz alleine und in einem wildfremden Zimmer kommt es einem vor wie eine Ewigkeit. Erst recht mit eine laut tickenden Uhr. In der ersten Stunde konnte ich an nichts anderes denken, als an das, was passiert war. Ich dachte an Silvan und Elias. An Malik, Rafael und Miguel. Ich fragte mich wo sie gerade waren und wo ich mich überhaupt befand. Und ich dachte an Roberto. An den Mann, der an dem Ganzen Schuld war. Ob er jetzt schon wach war und nach uns suchte? Die Jungs waren ja nicht die Einzigen, die für ihn arbeiteten. War der Rest auch auf unserer Seite oder haben sie genauso böse Absichten wie Roberto? Wieso die vier uns überhaupt geholfen haben, verstand ich auch nicht. War das Silvans Plan? Der von dem er sprach, als sie uns gefunden haben? Haben sie die Tasche besorgt?

In der zweiten Stunde wechselten meine Gedanken zu Mama. Ich habe sie so vermisst. Obwohl die Vorstellung daran zurückzukehren mir garnicht gefiel, sehnte ich mich so sehr nach ihrer Wärme. Sie war immer die Person, die mich am meisten verstand. Es gab nie einen Jungen oder irgendeine Freundin, der oder dem ich Dinge anvertraute. Sie war immer die Person, die alles wusste. Sie war die Person, der ich vertrauen konnte. Nie ließ sie mich im Stich. Und jetzt? Da wo sie weg war? Mit wem sollte ich da reden? Wem sollte ich mich öffnen? Wem konnte ich vertrauen?

Mama führte zu Silvan und so kamen wir schon in der dritten Stunde an. Ich schätze, ich suchte immer in ihm nach dem was mir andere nicht geben konnten. Natürlich würde es ihm irgendwann zu viel werden. Ich konnte es ihm noch nicht einmal übel nehmen. Er hat so viel für mich getan. Mehr als genug. Doch seine plötzliche Kälte war etwas anderes. Habe ich etwas falsch gemacht? War er fertig mit mir? Müde? Ohne, dass ich etwas dagegen tun konnte, fing mein Kopf an zu dröhnen.

Ich muss hier raus.

Abrupt stand ich auf und versuchte den Schmerz so gut wie möglich zu ignorieren. Ich lief auf den Schrank zu und schlug ihn auf. Er war leer. Ich kniete mich runter und suchte in den Schubladen im unteren Fach nach etwas, doch in ihnen befand sich genauso nichts. Frustriert seufzte ich auf und ging mir durch die Haare. Etwas hartes streifte meinen Finger und ich hielt sofort in meiner Bewegung inne. War das eine Haarklammer? Sofort riss ich die Augen auf und rappelte mich wieder auf. Ich holte sie raus und musterte sie erleichtert. Das war meine einzige Fluchthilfe.

Mit festen Schritten ging ich auf die Tür zu und duckte mich leicht, um einen vollen Ausblick auf das Innere des Schlosses zu haben. Mit Leichtigkeit steckte ich die Klammer rein und drehte sie. Das Klicken der Tür brachte mich beinahe zum aufschreien. Endlich. Ich ließ die Klammer in meiner Hosentasche verschwinden und atmete einmal tief ein. Ich darf jetzt nicht zögern.

𝐒𝐢𝐥𝐯𝐚𝐧 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt