𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟒𝟒

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Silvan

Es war kühl an dem Tag, als ich meine Mutter in unserer Wohnung auffand. Ich kam gerade von der Schule. Der Schnee war frisch gefallen und meine Sicht war bedeckt mit schwarzen Flecken. Mein Kopf wie immer benebelt und meine Hände am frieren. Ich hatte sogar eine Kapuze auf, damit Mama mein neues blaue Auge nicht sehen konnte. Alles war wie immer. Nicht gut oder schön, aber normal. Normal für uns.

Der erste Schimmer Panik entstand, als niemand kam, um die Tür aufzumachen. Ich klingelte und klopfte, doch ich konnte die Silhouette meiner Mutter vor unserer Glastür nicht sehen.

Wo war sie?

Flashback:

„Mama!", rief ich und klopfte gegen die Tür. Es interessierte mich nicht mehr, dass Leute anfingen in meine Richtung zu gucken. Ich wollte meine Mutter. Wo war sie? Waren wieder diese Männer gekommen, wegen Papas Schulden? Vielleicht Roberto? Ich verstehe nichts mehr. Ich hatte mich doch an den Deal gehalten?

„Hey Junge!", rief eine bekannte alte Stimme hinter mir und ich drehte mich um. Die warmen Augen unseres Nachbarn trafen auf meine und ich spürte wie mir eine merkwürdige Last von den Schultern fiel. Weiß er vielleicht wo sie ist?

„Markus!", rief ich erleichtert und blickte zu dem älteren Mann auf, während er über mich ragte. „Mama macht nicht auf! Wo ist sie?"

Er legte den Kopf schief und kratzte sich am Nacken, bevor er an mir vorbeilief und anfing an die Tür zu klopfen. Als er bemerkte, dass keiner kam, um sie zu öffnen, versuchte er es mit dem Klingeln. Doch wie erwartet passierte nichts.

Mit einem mitleidigem Lächeln drehte er sich wieder zu mir um und fing an mit dem Kopf zu schütteln. „Vielleicht ist sie am schlafen?", fragte er und duckte sich zu mir runter. Ich hasste es, wie meine Augen bei seinen Worten anfingen zu brennen. Ich soll doch nicht schwach sein hat Mama gesagt?

„Nein!", sprach ich und versuchte mein Bestes meine Stimme stark zu behalten. „Mama weiß wann ich nach Hause komme. Sie würde sich jetzt nicht einfach so schlafen legen." Sicherheit steckte hinter meinen Worten. Ich weiß wie sie ist. Sie vergisst viele Dinge. Aber nicht mich. Jedes Mal, wenn ich nach Hause komme, liegt etwas zu essen auf dem Tisch. Sie ist jedes Mal zu Hause wenn ich komme. Wenn sie arbeitete, dann ist das abends. Nicht am Tag. Das macht doch keinen Sinn!

„Na gut", murmelte Mark und blickte an meinem Kopf vorbei. Er schien in Gedanken versunken zu sein. An was dachte er? „Wie wär das? Du kommst mit zu mir und wir warten." Er schaute wieder zu mir, als die Worte seinen Lippen entwichen und ich schüttelte sofort den Kopf.

Mama hat gesagt ich darf niemals mit jemandem mitgehen. Egal, ob ich die Person kenne oder nicht. Ich solle niemandem vertrauen. Niemandem außer ihr.

„Nein nein", sprach ich und zog mir die Kapuze tiefer ins Gesicht. „Ist schon okey. Geh ruhig schonmal rein. Ich kann warten."

Meine Worte machten ihn unsicher. Das konnte ich an der kleinen Falte sehen, die sich langsam auf seiner Stirn bildete. „Bist du dir sicher?", fragte er und ging sich einmal durch die grauen Haare. „Alleine hier draußen ist es gefährlich. Besonders für dich."

Seine Worte machten mich wütend. Ich konnte auf mich selbst aufpassen.

„Geh", sprach ich und betonte das Wort auch noch. „Ich pack das. Keine Sorge."

Ich war nicht respektlos. Ich duldete bloß kein Mitleid. Ich hasste das. Ich und Mama konnten auf uns selber aufpassen. Schließlich taten wir das schon die ganze Zeit.

𝐒𝐢𝐥𝐯𝐚𝐧 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt