Kapitel 10

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Es ist früh am Morgen und du sitzt, einen Joint rauchend, am Fenster. Dein Blick ruht auf Chrissy, die in deinem Bett liegt und schläft. Du hast gestern kein Wort mehr aus ihr herausbekommen. Stattdessen hast du sie in dein Bett gebracht und dich neben sie gesetzt. Es hat eine Weile gedauert bis ihr Schluchzen aufhörte und sie einschlief. Du hast kein Auge zugetan, ununterbrochen fragst du dich, was sie so aus der Fassung gebracht hat. Du bist ihr völlig fremd und doch hat sie es zugelassen, das du sie mit zu dir nimmst. Irgendwas schlimmes muss vorgefallen sein.

Du erschrickst fürchterlich als Eddie sich plötzlich am Fenstersims hochzieht. Sein Gesicht nur Zentimeter von deinem entfernt grinst er dich an. Dir stockt der Atem, als du seinen Atem auf deiner Haut spürst.
"Mach mal Platz, Rotschopf",sagt er und schiebt dich mit dem Oberkörper zur Seite.
"Eddie, warte..."sagst du schnell, doch er hat sich bereits auf deinen Schreibtisch gesetzt.
Eddies Blick fällt auf dein Bett und er erstarrt.
"Ist das da Chrissy Fucking Cunningham in deinem Bett?!",fragt er entgeistert und klettert vom Schreibtisch.
Er geht zum Bett und beugt sich neugierig über Chrissy.
"Eddie, lass das sein!",sagst du streng, "Weck sie ja nicht auf!"
"Hatte ich nicht vor",murmelt er und betrachtet Chrissy, für deinen Geschmack ein wenig zu lang.
"Was zum Teufel tut sie hier?",fragt er und wendet sich langsam von ihr ab. Er setzt sich wieder neben dich auf den Schreibtisch, nimmt dir den Joint aus der Hand und zieht daran, ohne seinen Blick von Chrissy abzuwenden.
"Lange Geschichte",murmelst du.
Eddie zuckt mit den Schultern.
"Ich hab Zeit."
"Würdest du bitte aufhören sie so anzustarren?!",sagst du etwas zu forsch. Doch es sticht dich, wie er sie ansieht. Denn genau so hat er dich auch Mal angesehen.
Eddie reißt sich von Chrissy los und sieht dich an.
"Entschuldige, es ist nur...",sagt er und deutet auf Chrissy, "Da liegt Chrissy Cunningham. Die Königin der Hawkins High. In deinem Bett!"
"No Shit, Sherlock",sagst du und verdrehst die Augen.
"Okay, du hast meine volle Aufmerksamkeit, Izzy",sagt er und lehnt sich an den Fensterrahmen.
Du erzählst ihm, was auf der Party vorgefallen ist und wie du Chrissy am Straßenrand aufgelesen hast.
"Warte Mal,"unterbricht er dich unwirsch," Mitch hat was getan?!"
Du antwortest nicht. Du willst es nicht nochmal aussprechen müssen. Eddie starrt dich, aus vor Zorn funkelnden Augen, an.
"Den Wichser mache ich kalt!",knurrt er wütend und ballt die Hände zu Fäusten.
"Nein, das wirst du nicht tun, Eddie",sagst du ruhig aber bestimmt.
"Oh doch und wie! Was fällt ihm ein?! Diesem kleinen Pisser schlag ich die Zähne aus!"
"Schluss damit!",fauchst du und deine Augen füllen sich mit Tränen.
Eddies Gesichtszüge werden weicher.
Vorsichtig legt er eine Hand auf deine. Dieses Mal zuckst du nicht zusammen und ziehst deine Hand auch nicht weg.
"Lass es einfach gut sein, okay?",sagst du leise und senkst den Kopf.
"Ich will es einfach nur vergessen!"
Du beginnst zu weinen. Augenblicklich zieht Eddie dich an sich. Du weißt, das er es gut meint, aber seine plötzliche Nähe macht alles nur noch schlimmer. Du weinst haltlos. Eddie streicht dir sanft über das Haar.
Dein Herz verkrampft sich schmerzhaft und du löst dich ruckartig aus seiner Umarmung.
"Entschuldige, aber ich kann nicht...",sagst du und Eddie nickt verständnisvoll.
Ihr schweigt eine Weile. Eddie reicht dir den Joint rüber. Du zündest ihn wieder an und nimmst einen tiefen Zug.
"Nochmal lasse ich dich nicht alleine auf so eine Party gehen",sagt Eddie leise. Er sieht hundeelend aus.
"Es ist nicht deine Schuld, Eddie",sagst du sanft.
"Ich hätte dich begleiten sollen, ich wusste gleich, dass das nicht gut ausgehen wird",sagt er und rauft sich die Haare.
"Hör auf damit!",sagst du und Eddie verstummt. Er spielt nervös mit seinen Ringen.
Du legst eine Hand auf seine.
"Es ist okay, Eddie. Es geht mir gut",sagst du sanft und Eddie nickt kaum merklich.
Chrissy gibt einen Laut von sich und dreht sich auf die Seite.
Eddies Blick wandert augenblicklich wieder zu ihr.
"Und Steve Harrington hat sich ernsthaft mit Jason geprügelt?",fragt Eddie und du grinst.
"Er hat sich nicht mit ihm geprügelt, er hat in verprügelt!",korrigierst du ihn.
"Oh Gott, wie gern ich das gesehen hätte!",seufzt Eddie und lehnt seinen Kopf an den Fensterrahmen.
"War auch wirklich kein schlechter Anblick. Du hättest Jasons entsetzten Gesicht sehen sollen, als Steve ihm die Nase gebrochen hat",sagst du kicherst.
"Echt? Er hat ihm die Nase gebrochen? Das wird ja immer besser!",grinst Eddie.
"Scheint ja doch kein so schlechter Kerl zu sein."
"Er wirkte auf mich eher nett",sagst du.
"Jap, diese Wirkung hat er auf Frauen, hab ich mir sagen lassen"
"Ach, ist das so?",fragst du neckisch.
"Ja, er ist ein Weiberheld. Sei bloß vorsichtig",sagt Eddie und zwinkert dir zu.
"So wie du?"
Eddie schaut dich überrascht an.
"Ich? Wie kommst du denn darauf?"
"Hab die Kleine gesehen, die du neulich abgeschleppt hast",sagst du und ziehst am Joint.
"Ach du meinst Jasmin. Naaa, das ist nichts ernstes. Nur ab und an Mal ein bisschen Druck abbauen",sagt er lässig und du starrst ihn an.
"Was denn? Ich hab Bedürfnisse,"sagt er schulterzuckend.
Du brichst in schallendes Gelächter aus und hälst dir sofort eine Hand vor den Mund, als Chrissy sich murrend wieder auf die andere Seite dreht.
Eddie schüttelt schmunzelnd den Kopf.
"Und Steve soll der Weiberheld sein, ja?",sagst du und unterdrückst ein Lachen.
"Ich bin kein Weiberheld! Sonst hätte ich es längst bei dir versucht, Rotschopf",sagt Eddie und dein Herz setzt einen Schlag aus.
"Ist das so?"
"Allerdings. Du bist schön, witzig und klug. Da zu widerstehen ist gar nicht so leicht. Aber ich glaube, wir können gute Freunde werden. Das ist mir eine Nacht bedeutungslosen Sex nicht wert."
Du antwortest nicht. Deine Kehle schnürt sich zu. Ein Gefühl der Leere breitet sich in dir aus. Du beobachtest, wie Eddies Blick unwillkürlich zu Chrissy wandert. Du presst die Lippen aufeinander und schluckst den Kloß in deinem Hals herunter.
"Und sie?",platzt es aus dir heraus.
Eddie zuckt zu deiner Überraschung mit den Schultern.
"Das ist Chrissy Fucking Cunningham",sagt er leise und du spürst, wie dir die Hitze in die Wangen steigt.
"Und?"
"Sie ist...",beginnt Eddie, doch in dem Augenblick wird Chrissy wach und ohne ein Wort zu sagen springt Eddie aus dem Fenster.
"Wo willst du hin?",fragst du erstaunt.
"Ich glaube nicht, das sie es so cool findet, das ich da bin. Versuch erstmal herauszufinden, was passiert ist. Kannst ja später vorbei kommen und es mir berichten",sagt Eddie zwinkernd und zieht von dannen.
Du schaust ihm hinterher. Am liebsten würdest du laut schreien. Eddies Worte haben dich so sehr verletzt, das du kaum Luft bekommst. Du schließt für einen Moment deine Augen, presst eine Hand an deine Brust und atmest tief ein und aus. Dann wendest du dich Chrissy zu.

Die Zeitreisende, Izzy & Eddie Part 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt