Kapitel 15

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Du schiebst die Kassette in den Videorekorder und drückst auf Play. Eddie entledigt sich seiner Jacke und du kommst wieder einmal nicht umhin, ihn anzustarren. Bevor er es bemerken kann, reißt du dich von seinem Anblick los und lässt dich neben ihm aufs Sofa fallen.
Eine Weile konzentriert ihr euch schweigend auf den Film.
Plötzlich greift Eddie nach deiner Hand.
Er betrachtet den Ring an deinem Finger und du spürst, wie dein Puls sich augenblicklich beschleunigt.
"Der ist hübsch",sagt er und dreht ihn an deinem Finger hin und her.
"War ein Geschenk",sagst du leise und deine Stimme klingt dir fremd.
"Von ihm?",fragt er und du schließt für einen Moment die Augen.
"Mmh", ist alles, was du hervorbringst.
"Er muss dich sehr geliebt haben",sagt Eddie leise. Dir steigen Tränen in die Augen.
"Das hat er. Und ich ihn",presst du hervor.
Eddie sieht dich an.
"Entschuldige, ich wollte keine alten Wunden aufreißen",sagt er und streicht dir mit dem Daumen eine Träne von der Wange.
"Schon okay",sagt du mit bebender Stimme, "Ich fürchte, es wird niemals leicht sein, über ihn zu sprechen."
"Hilft es dir denn? Über ihn zu sprechen, meine ich?"
"Manchmal schon",sagst du und Eddie streicht dir sanft eine Strähne deines Haares hinter dein Ohr.
"Wie war er so?",fragt er und du seufzt mit bebenden Lippen.
"Du musst mir nichts über ihn erzählen, wenn du nicht möchtest",sagt Eddie schnell.
"Schon gut...es ist nur...wo soll ich anfangen?",flüsterst du und Eddie nimmt deine Hand in seine, verschränkt seine Finger mit deinen.
"Er war witzig, hatte einen großartigen Humor. Er hat mich immer zum Lachen gebracht, selbst wenn mir zum weinen zumute war. Er war fürsorglich und liebevoll. Gleichzeitig war er aufbrausend, temperamentvoll, leidenschaftlich. Er war...er war mein zu Hause",sagst du und Tränen laufen über deine Wangen.
"Das klingt nach einem besonderen Menschen",sagt Eddie.
Du nickst stumm.
"So wie du einer bist",fügt er hinzu und du blinzelst erstaunt.
"Ich?",fragst du und siehst ihn an.
Er nickt lächelnd.
"Ja, du bist besonders, Izzy",sagt er und dein Herz macht einen Satz.
"Ich bin froh, dich kennengelernt zu haben. Ich verbringe gerne Zeit mit dir. Man trifft nicht oft Menschen, die genauso ticken wie man selbst",sagt Eddie und legt den Kopf schief.
Dein Atem geht schneller und du spürst, wie dir die Röte ins Gesicht steigt.
"Vorsicht, deine Gesichtsfarbe passt sich gerade der deiner Haare an, Rotschopf",sagt Eddie zwinkernd.
"Du bist ein Arsch",sagst du und kicherst erstickt.
"Ich bin gerne ein Arsch, wenn es dich zum Lachen bringt."
Einen Moment lang seht ihr euch in die Augen und du meinst so etwas wie Zuneigung in seinen aufblitzen zu sehen. Doch so schnell dieser Moment gekommen ist, so schnell geht er vorüber. Eddie lässt deine Hand los, lehnt sich auf dem Sofa zurück und wendet sich wieder dem Film zu.
"Schauen wir doch Mal, ob Ted Samantha am Ende kriegt."

"Deine Plattensammlung ist beeindruckend",sagt Eddie und fingert gerade eine Platte von Accept aus der Kiste. Du bist froh, das du die meisten deiner Platten aus dem Jahr 2022 im Schlafzimmer aufbewahrst. 
Er zieht die Platte bedächtig aus dem Cover und legt sie vorsichtig auf den Plattenspieler.
Seine Finger greifen nach der Nadel und setzen sie auf die Platte.
Die ersten Töne von Turn me on erklingen und auf Eddies Gesicht legt sich ein breites Grinsen.
"Oh ja, das ist Musik!",sagt er und beginnt im Takt zu nicken. Du kicherst, als er sich mit einer ausladenden Handbewegung zu dir umdreht.
Er beginnt mitzusingen und du beißt dir lächelnd auf die Unterlippe.
Er nimmt dich bei den Händen, zieht dich an sich und legt eine Hand an deine Taille. Dann beginnt er mit dir zu tanzen. Du legst lachend den Kopf in den Nacken.
"Ich wusste gar nicht, das du tanzen kannst",sagst du kichernd.
"Ich stecke voller Überraschungen",sagt Eddie und wirbelt dich herum. Dann lässt er dich los als das Solo erklingt und beginnt Luftgitarre zu spielen.
Er wirft den Kopf in den Nacken und stellt ein Bein auf dem Couchtisch ab.
Das Lied endet und Eddie hebt die Nadel von der Platte.
Dann nimmt er dich bei der Hand.
"Komm mit,"sagt er und zieht dich hinter sich her.

Kurz darauf findest du dich in Eddies Trailer wieder. Er zieht dich in sein Schlafzimmer und für einen Augenblick vergisst du zu atmen.
"Was wird das?",presst du hervor.
"Setz dich",sagt Eddie und deutet auf sein Bett. Du zögerst.
"Ganz ruhig, Rotschopf. Ich werd schon nicht über dich herfallen",sagt Eddie schmunzelnd.
Schade.
Du setzt dich im Schneidersitz auf sein Bett und schaust dich neugierig im Raum um. Dabei fällt dir auf, das du noch nie in Eddies Schlafzimmer warst. Außer in der Schattenwelt und da hattest du Dringenderes zu erledigen und konntest dir nicht die Zeit nehmen, dich umzusehen.
Also holst du das jetzt nach. An den Wänden hängen einige Poster, überall im Raum verteilt liegt Kleidung. Die Schränke stehen voll mit irgendwelchem Krims Krams. Gegenüber vom Bett hängt ein Spiegel an der Wand. Seine Gitarre hängt davor.
Deine Augen bleiben an den Handschellen, die an der Wand neben dem Bett an einem Nagel baumeln, hängen. Dir wird heiß und kalt gleichzeitig und du zuppelst wieder nervös an dem Bund deines Shirts.
Eddie verfolgt deinem Blick, er räuspert sich und seine Augen treffen deine. Dein Pulsschlag beschleunigt sich. Deine Brust hebt und senkt sich unter deiner Atmung. Eddies Blick streift kurz über deinen Körper, er beginnt nervös von einem Fuß auf den anderen zu treten.
Oh Gott.
Du atmest hörbar aus und Eddie zieht kaum merklich die Augenbrauen hoch.
Unwillkürlich beißt du dir auf die Unterlippe.
Eddies Blick wandert zu deinen Lippen. Einen Moment lang bleibt er an ihnen hängen.
Du hälst es kaum aus. Du spürst das Verlangen nach ihm in dir brodeln.
Deine Finger krallen sich unangenehm in deine Oberschenkel.
Dein Herz schlägt beinahe schmerzhaft gegen deine Rippen.
Eddies Augen treffen erneut auf deine. Auch in ihnen meinst du Verlangen aufblitzen zu sehen.
Erschrocken fährst du zusammen, als klappernd eine kleine Dose zu Boden fällt, die Eddie, bei dem Versuch sich an der Kommode hinter sich abzustützen, heruntergeworfen hat.
Zitternd atmest du aus. Deine Lippen beben.
Du brauchst einen Moment um dich zu sammeln, faltest deine schweißnassen Hände in deinem Schoß.
Eddie, scheinbar genauso nervös wie du, bleibt mit seinem Schuh an einem T-Shirt hängen, stolpert und fängt sich mit einer Hand an der Wand ab.
Du kicherst leise.
"Nicht frech werden, Rotschopf",sagt er mit belegter Stimme.
Dann greift er nach seiner Gitarre und du kommst nicht umhin, das Zittern seiner Hände zu bemerken.
Er setzt sich vor dich auf das Bett und beginnt zu spielen.
Du erkennst den Song auf Anhieb. Eddie beginnt zu singen.

Die Zeitreisende, Izzy & Eddie Part 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt