Kapitel 46

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Ihr stolpert durch die Tür und du schließt sie hinter euch.
Lucas ist leichenblass im Gesicht und wischt sich mit der flachen Hand den Schweiß von der Stirn.
Du siehst zu Eddie, der deinen Blick erwidert. Er funkelt dich aus zornigen Augen an.
"Das ist alles nur deine Schuld!",sagt er und dir rutscht das Herz in die Hose.
"Eddie...ich...",beginnst du, doch er unterbricht dich, kommt langsam auf dich zu.
Du weichst unwillkürlich einen Schritt zurück. Irgendetwas an Eddie wirkt bedrohlich auf dich. Noch nie hast du in seiner Nähe Angst gehabt, bis jetzt.
"Du bist so egoistisch, das du nicht einmal eine Sekunde verschwendest, um über die Konsequenzen deiner Taten nachzudenken! Wegen dir werden wir alle noch sterben! Wegen dir ist Chrissy jetzt tot! Du hast sie umgebracht!"
Deine Augen füllen sich mit Tränen und mit zitternder Stimme setzt du zu einer Antwort an. Doch Eddie fährt unbeirrt fort, während er dich immer weiter nach hinten drängt.
"Ich hätte mich niemals von Chrissy trennen dürfen! Nicht für dich! Du bist all das hier nicht wert, Izzy!"
"Eddie...sag das nicht...",presst du schluchzend hervor.
Plötzlich packt er dich an der Kehle.
"Eddie!",krächzt du verzweifelt und versuchst panisch seinen Griff zu lockern. Doch seine Finger legen sich wie ein Schraubstock um deinen Hals.
"Du hast uns schon einmal umgebracht! Hat dir das nicht gereicht?! Was tot ist, sollte tot bleiben!"
Und in diesem Moment begreifst du.
Das ist nicht Eddie!
"Vecna",keuchst du, deine Stimme bricht, die Luft wird immer knapper und du spürst, wie das Leben langsam aus deinem Körper weicht.
Nein!
Du kannst jetzt nicht sterben!
Nicht heute!
Nicht so!
Mit deiner letzten Kraft hebelst du deine Finger unter Vecnas und mit einem Ruck befreist du dich aus seiner Umklammerung. Du fällst zu Boden und dir entweicht ein Schmerzensschrei. Panisch ringst du nach Luft. Deine Kehle brennt wie Feuer und du hustest unwillkürlich.
Du krabbelst rückwärts von Vecna weg, Tränen laufen dir heiß die Wangen hinab.
Du schaust auf und noch immer blickst du in Eddies Augen.
Sie sind voller Verachtung.
"Bitte...hör auf!",brüllst du und schüttelst verzweifelt den Kopf.
"Das hier ist alles deine Schuld, Izzy!",dröhnt Eddies Stimme in deine Ohren.
"Du bist eine Mörderin!"
"Nein!",brüllst du und versuchst dich aufzurappeln.
Vecna greift nach deinem Bein, erwischt deinen Knöchel und zieht sich daran zu sich zurück.
Du schreist panisch auf.
Versuchst dich mit deinen Fingern in den Boden zu krallen, findest keinen Halt.
"Lass mich deinem Leid ein Ende setzen!"
Du bekommst kaum noch Luft, alles um dich herum verschwimmt. Deine Verzweiflung steigt ins unermessliche.
Du wirst hier sterben.
Plötzlich hörst du eine dir bekannte Melodie.
Du hebst deinen Kopf und entdeckst einen Riss in der Kulisse, einige Meter von dir entfernt.
Er wird immer größer und die Klänge von The End werden immer lauter.
Vecna hält inne.
Du drehst deinen Oberkörper, siehst ihn an.
"Du glaubst, das rettet dich, Izzy?"
Du beginnst dich mit aller Kraft zu wehren, brüllst und schreist, stemmst deine freie Verse in den Boden.
Du schaust dich panisch um, entdeckst einen Stein, greifst nach ihm, beugst dich vor und lässt ihn auf Vecnas Hand niederschnellen.
Ein heißer Schmerz durchzuckt dich und du schreist auf.
Vecnas Griff lockert sich und erneut schlägst du mit dem Stein zu, brüllst den Schmerz hinaus.
Endlich lässt Vecna stöhnend von dir ab und du richtest dich auf.
Humpelnd rennst du auf den Riss zu, die Klänge von The End in den Ohren. Es beflügelt dich.
Hinter dir ertönt ein wütender Schrei und noch bevor Vecna es verhindern kann, fällst du durch den Riss.
Du knallst auf den Boden und schnappst panisch nach Luft.
"Izzy...!",hörst du Eddies tränenerstickte Stimme, spürst seine Arme, die sich um deinen Körper legen, dich an ihn drücken.
"Ich dachte, ich hätte dich verloren",presst er hervor und du schüttelst den Kopf.
"Ich bin noch da... ich bin noch hier...",schluchzt du.
Über dir taucht Steves sorgenvolles Gesicht auf.
"Heilige Scheiße, Izzy! Das war verdammt knapp!",sagt er und atmet hörbar aus.
"Dein Knöchel!",fügt er erschrocken hinzu  und in diesem Moment, bricht der Schmerz über dich herein.
Stöhnend legst du den Kopf in den Nacken.
"Scheiße!",presst du durch zusammengebissene Zähne hervor und schaust an dir herunter.
Blut tropft neben deinem Fuß stetig auf den Boden und eine große Wunde klafft über deinem Knöchel. Deine Converse sind bereits blutgetränkt.
"Fuck...",entweicht es Eddie.
"Das war's entgültig! Du wirst nie wieder durch eine Tür gehen!",knurrt er und du kannst die Verzweiflung in seiner Stimme mitschwingen hören.
Du erwiderst nichts.
Du bist noch immer starr vor Angst und der Schmerz vernebelt deine Sinne.
"Wir müssen die Wunde versorgen",sagt Steve und Eddie nickt.
Er hebt dich in seine Arme und du stöhnst schmerzerfüllt auf.
Erst jetzt bemerkst du Lucas, der mit über dem Kopf verschränkten Händen und vor Schreck geweiteten Augen da steht, die Szenerie beobachtet.
Doch du kannst dich nicht auf ihn konzentrieren. Bei jedem Schritt, den Eddie tut, durchzuckt dich ein brennender Schmerz.
Du presst die Lippen aufeinander und unterdrückst einen weiteren Schmerzensschrei.
"Bring sie da drüben hin, ich komm sofort wieder!",ruft Steve und im Augenwinkel entdeckst du eine Gartenlaube.
"Sinclair! Beweg deinen Arsch hier her!",brüllt Eddie über seine Schulter und wenige Sekunden später erscheint Lucas in deinem Blickfeld. Er öffnet die Tür der Gartenlaube und Eddie setzt dich behutsam auf einem Stapel Säcke ab.
Dabei bemerkst du die Kopfhörer, die um deinen Hals baumeln und aus denen noch immer leise Musik dringt.
"Eddie...woher?",presst du hervor und siehst ihn an.
"Sinclair",sagt er.
"Das Mixtape habe ich bei mir, seit du mir deinen Lieblingssong gesagt hast",gibt er zu und du schließt dankbar lächelnd deine Augen.
Du versuchst dich ein Stück aufzurichten und zischend entweicht Luft aus deinen Lungen, als der Schmerz dich erneut durchzuckt.
"Fuck, tut das weh",stöhnst du und Eddie fährt sanft mit der Hand durch dein Gesicht.
"Wie ist das passiert?",will er heiser wissen.
"Argh...",stöhnst du und atmest tief durch,"Vecna hat mich festgehalten und ich hab mit einem Stein nach ihm geschlagen, dabei habe ich mich selbst verletzt. Es war die einzige Möglichkeit, ihm zu entkommen",erklärst du und eine kleine Schweißperle rinnt deine Schläfe hinab.
Polternd fliegt die Schuppentür auf und Steve kommt mit Elfi und Mike im Schlepptau herein.
Elfi kniet sich besorgt neben dich. Mike schaut über ihre Schulter.
"Izzy",sagt Elfi und betrachtet dich.
"Ist alles okay?"
"Nein",stöhnst du, "Aber ich lebe noch...also...",fügst du hinzu und zuckst schwach mit den Schultern, während du dir ein Lächeln abringst.
"Gerade so!",fährt Eddie dich an und rauft sich die Haare.
Du kannst sehen, das es ihn beinahe zerreißt.
"Eddie, beruhige dich",sagst du gequält und Eddie zischt.
"Ich soll mich beruhigen?! Du bist doch nicht mehr ganz dicht!",flucht er und ihm entfährt ein gedehntes Stöhnen.
"Geh Mal da weg",sagt Steve und drängt Eddie beiseite.
Steve wirft dir einen prüfenden Blick zu und du nickst mit zusammengebissenen Zähnen.
Vorsichtig zieht Steve an deinem Schuh und du schreist auf.
"Tut mir leid!",sagt Steve noch, bevor er den Schuh mit einem Ruck von deinem Fuß löst.
Für einen Moment siehst du Sterne und der Schmerz bringt dich der Ohnmacht nahe.
"Ich hoffe, er ist nicht gebrochen. Sieht aber nicht so aus. Vermutlich geprellt und da ist eine ordentliche Platzwunde",murmelt Steve, während er deinen Fuß betrachtet.
"Okay, Izzy. Das wird jetzt verdammt weh tun",kündigt er an und du nickst mit schweißnasser Stirn.
Steve öffnet eine Flasche Vodka und kippt den Inhalt über deine Wunde, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern.
Erneut schreist du auf und hörst, wie Eddie hörbar ausatmet.
Steve öffnet ein Paket Verbandszeug und wickelt es stramm um deinen Knöchel.
"Ist das okay so? Oder zu stramm?",will er wissen und sieht dich fragend an.
Du schüttlest den Kopf.
"Ist okay...",presst du hervor und wirfst gequält den Kopf in den Nacken.
"Das sollte zumindest die Blutung stoppen. Ich hab keine Ahnung, ob das besser genäht werden sollte...",sagt Steve und betrachtet sein fertiges Werk.
"Danke",krächzt du und lässt dich nach hinten fallen.
Du vergräbst dein Gesicht in deinen Händen. Die Wunde puckert schmerzhaft, aber du wirst es überleben.
Dieses Mal.



Die Zeitreisende, Izzy & Eddie Part 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt