Ich gehe nervös auf und ab. Seit einer Stunde warten wir. Das etwas passiert.
Irgendetwas.
Ich halte es kaum aus vor Anspannung.
Ich sehe rüber zu Lucas und Max, die miteinander tuscheln.
"Hey Ed, setz dich bitte hin, du machst mich nervös",sagt Robin und ich wende mich ihr zu.
"Ich kann nicht still sitzen",antworte ich wahrheitsgemäß.
Robin erhebt sich.
"Ed, es wird alles okay sein",sagt sie ruhig und sieht mich mit schief gelegtem Kopf an.
"Woher willst du das wissen?!",frage ich ungewollt schnippisch.
"Ich kann es spüren",sagt sie und legt sich eine Hand auf die Brust.
"Du etwa nicht? Spürst du sie nicht, Ed?"
Ich seufze und schließe die Augen.
"Ich...ich weiß nicht",sage ich leise.
"Es geht ihnen gut.",sagt Robin und ich will ihr glauben. Ich will es so sehr.
Doch die Angst in mir lässt es nicht zu.Ein Geräusch lässt mich zusammenzucken.
Robin scheint es auch gehört zu haben, denn sie dreht den Kopf in die Richtung, aus der es kam.
Wir schauen uns besorgt an.
"Shhh!",mache ich laut genug, damit auch Max und Lucas verstummen und lege mir einen Finger auf die Lippen.
Da ist es wieder.
Es klingt wie ein Knarzen.
Schritte.
Auf der Treppe.
Langsam ziehe ich das Jagdmesser aus der Scheide und gehe auf die Tür zu.
"Ed!",zischt Robin und ich schüttle den Kopf, bedeute ihr zu Schweigen.
Ich will gerade meine Hand auf den Türknauf legen, als er sich zu drehen beginnt.
Schnell positioniere ich mich neben der Tür, sodass, wer auch immer auf der anderen Seite ist, mich nicht sieht, ich ihn aber schon.
Die Tür geht auf und Carver geht hindurch.
Er entdeckt Max, Lucas und Robin und verzieht zornig das Gesicht.
"Wo sind sie?!",brüllt er und stürmt ohne Vorwarnung auf Robin zu.
Ich packe ihn am Kragen und ziehe ihn zurück, er kommt ins Straucheln und fällt rücklings zu Boden.
Robin wirft sich auf ihn und fixiert seine Arme unter ihren Knien.
"Lucas!",brüllt sie und streckt einen Arm aus, "Die Handschellen!"
Lucas löst sich aus seiner Starre und sprintet auf Robin zu. Auf halber Strecke, wirft er ihr die Handschellen zu und Robin fängt sie auf.
Sie kommt ins Straucheln, weil Carver sich unter ihr windet.
Ich eile ihr zur Hilfe.
"Patrick!",brüllt Jason und ich drehe ihn grob auf den Bauch, hocke mich über ihn und halte ihm den Mund zu, während Robin seine Arme nach hinten biegt und versucht, ihm Handschellen anzulegen.
"Er wird dir nicht helfen, Carver",knurre ich und Jason versucht mir in die Hand zu beißen.
Ich verstärke meinen Griff.
"Mach schon, Rob! Wie lange dauert das denn?!"
"Schon mal jemandem Handschellen angelegt, der sich wehrt, Munson?! Ich mach ja schon so schnell ich kann!"
Dann endlich höre ich das klicken und erhebe mich Haare raufend.
Sofort beginnt Jason wieder zu brüllen und ich greife nach dem Bandana in meiner Hosentasche und binde ihm damit den Mund zu.
"Halt's Maul, Arschloch",knurre ich und lasse mich neben der Tür auf den Boden sinken. Ein brennender Schmerz bereitet sich von meiner Schulter aus.
"Was machst du denn?! Wir müssen seine idiotischen Kumpel finden!",ruft Robin fassungslos und will mich auf die Beine ziehen.
"Nicht nötig, sie kommen bereits",sage ich und deute auf mein Ohr.
Robin legt den Kopf schief und lauscht.
Es ertönen polternde Schritte, die aus dem Untergeschoss zu kommen scheinen.
Mindestens zwei Personen kommen die Treppen hinauf.
Jason versucht derweilen, anscheinend unter höchster Anstrengung, denn sein Kopf ist bereits rot wie eine Tomate, irgendwie auf die Beine zu kommen.
Ich erhebe mich schwerfällig und packe ihn an den Handgelenken um ihn an einen der Stützbalken zu ziehen.
Ich lehne ihn mit dem Rücken dagegen und sehe mich suchend um.
"Haben wir kein scheiß Seil mitgenommen?!",frage ich angestrengt und fahre mir mit dem Ärmel über meine schweißnasse Stirn.
"Doch, ich hab eins",sagt Robin und ihre Stimme klingt irgendwie anders. Ängstlich.
Sie greift nach ihrem Rucksack und zerrt das Seil heraus, während die Schritte immer näher kommen.
Max und Lucas sind inzwischen zu uns gestoßen und halten jeweils einen Baseballschläger in den Händen.
Robin wirft mir das Seil zu und ich beginne, Jason zu fesseln, der sich dumpf protestierend wehrt.
Als ich fertig bin atme ich hörbar aus und lasse mich auf meinen Hosenboden fallen.
Meine Schulter brennt wie Feuer.
"Alles in Ordnung, Ed?",fragt Robin besorgt, "Du bist ganz blass."
Ich schlucke schwer und nicke.
"Alles okay",presse ich hervor und ringe mir ein Lächeln ab.
In dem Moment, als Patrick den Dachboden betritt, taucht eine Tür mitten im Raum auf.
Patrick bleibt wie angewurzelt stehen und seine Augen weiten sich.
Jason verstummt und hört auf zu zappeln.
Ich rapple mich stöhnend auf und gehe auf die Tür zu.
Knarzend fliegt sie auf und Joyce schiebt Hopper ächzend hindurch.
Sie stützt ihn mit all ihrer Kraft.
Ich laufe auf sie zu und lege Hoppers freien Arm um meine Schultern.
Gemeinsam schleppen wir ihn zu einem Pfeiler und lehnen ihn dagegen.
"Was ist passiert?", frage ich mit einem Blick auf den bewusstlosen, tot geglaubten Sheriff.
"Sheriff Hopper?!",murmelt Patrick und sein Kumpel schaut mit großen Augen über seine Schulter.
Robin stellt sich vor die beiden, mit Max und Lucas in ihrem Rücken.
"Verschwindet!",sagt sie zornig und Patrick hebt, mit einem flüchtigen Blick zu Jason, beschwichtigend die Hände.
"Schon gut! Ganz ruhig!"
Jason beginnt laut zu knurren und zerrt erneut an seinen Fesseln.
Patricks Blick wandert zu ihm und er schaut ihn verunsichert an.
"Vergiss es, der bleibt hier",sage ich zu ihm, während Joyce Hoppers Wange tätschelt, um ihn aufzuwecken.
Als das nicht funktioniert, holt sie aus und verpasst ihm eine schallende Ohrfeige, woraufhin er sofort die Augen aufreißt.
"Au!",stöhnt er und reibt sich die Wange.
"Joyce! Was soll denn das?!",flucht er und Joyce fällt ihm in die Arme.
"Gott sei Dank! Ich dachte, ich hätte dich schon wieder verloren!",schluchzt sie an seiner Brust.
"Was ist passiert?!",frage ich erneut und das Monster Namens Angst in mir frisst sich bereits wieder einen Weg an die Oberfläche.
"Es war verdammt knapp, das ist passiert! Scheiße nochmal!",knurrt Hopper und hält sich stöhnend den Kopf.
"Wo sind Jonathan, Steve und Murray?!",will Robin ängstlich wissen und Joyce hebt erschrocken den Blick.
"Scheiße!",ruft sie aus und stürzt zur Tür, die noch immer offen steht.
Sie steht noch offen.
Das bedeutet, Izzy muss auf der anderen Seite sein.
Ohne darüber nachzudenken springe ich auf und folge Joyce die Tür hindurch.
"Ed!",höre ich Robin rufen, doch ich beachte sie nicht.
Mit weit aufgerissenen Augen sehe ich mich um.
Ich stehe im Innenhof des Gefängnisses.
Es wirkt wie eine Art Arena oder so etwas.
Um mich herum lodern überall Flammenherde.
Kreuz und quer verteilt liegen Kreaturen, die ich noch nie zu zuvor gesehen habe.
Monster.
Ich höre einen lauten Schrei und darauf folgend eine Salve.
Ich drehe mich um und folge dem Geräusch.
"Hey! Nicht so schnell, Junge!",ruft Joyce und zerrt an meinem Arm.
"Nimm die!",sagt sie und drückt mir eine Pistole in die Hand.
"Ist geladen",sagt sie und schiebt sich an mir vorbei, geht voran.
Ich straffe meine Schultern und atme tief durch, bevor ich zu Joyce aufschließe.
Erneut ertönt eine Folge mehrerer Schüsse und wir beschleunigen unsere Schritte.
Wir gehen durch zwei große, völlig verbeulte, halb geöffnete Sicherheitstüren und ich schaue den Gang hinab, der vor uns liegt.
Ich höre Schritte, die schnell auf uns zu kommen und hebe mit zitternden Händen die Waffe. So, wie Izzy es mir gezeigt hat.
Izzy kommt um die Ecke gesprintet und ich habe nur den Bruchteil einer Sekunde Zeit, mich über ihren Anblick zu freuen, denn sie ruft uns etwas zu, das wir nicht verstehen.
Dann ertönt ein lautes, schnarrendes Brüllen und eine dieser Kreaturen auf vier Beinen schlittert ebenfalls um die Ecke, knallt gegen die Wand, rappelt sich auf und nimmt erneut Fahrt auf.
"Schießt!",brüllt Izzy und dieses Mal verstehen wir.
Ich richte die Waffe auf die Kreatur und ziele.
Während ich noch versuche, die Waffe gerade zu halten, gibt Joyce bereits mehrere Schüsse aus dem Gewehr in ihren Händen ab.
Eine Kugel trifft ihr Ziel und die Kreatur schreit auf.
Als Izzy hinter mir zum Stehen kommt, herumfährt und ihre Magnum auf das Vieh richtet, drücke ich endlich ab und treffe es an der Schulter.
Es strauchelt und schlittert ein paar Meter über den Boden, ehe es sich wieder aufrichtet und sein Maul aufreißt.
Dadurch entblößt es unzählige spitze Zähne und ich mache einen Schritt zurück, während Izzy einen nach vorn tut und mit der Magnum auf das Monster feuert.
Die Wucht, mit der die Kugeln ihr Ziel treffen, wirft die Kreatur zurück.
Plötzlich ertönt ein lautes, animalisches Gelächter und ich muss mein Gesicht von der irrsinnigen Hitze, die plötzlich den schmalen Gang erfüllt, abwenden.
"Lauft!",brüllt Joyce und wir drehen auf dem Hacken um und rennen zurück in den Innenhof.
Atemlos stehen wir nebeneinander und warten angespannt.
Die Schreie des Monsters schwellen an und erstummen dann plötzlich.
Es herrscht für einen Moment eine erdrückende Stille.
"Wooooouuuhhuuuuu!",ertönt es dann und Murray kommt, mit Jonathan und Steve im Schlepptau, durch die Türen auf uns zu.
In seinen Händen hält er einen Flammenwerfer und grinst breit.
"Das hat Spaß gemacht!",ruft er und jubelt erneut.
Ich atme erleichtert aus.
Ich ziehe Izzy an mich und drücke meine Lippen auf ihren Scheitel.
Sie presst sich an mich.
"Wir haben es geschafft, Eddie",sagt sie dann und klingt, als würde sie weinen.
Ich drücke sie ein wenig von mir und sehe sie an.
"Wir haben es geschafft?!", wiederhole ich erstaunt ihre Worte und sie nickt.
"Vecna ist tot, Eddie. Er ist tot!",presst sie hervor und beginnt haltlos zu weinen.
Auch mir steigen die Tränen in die Augen und ich ziehe Izzy erneut an mich, halte sie.
Und mit einem Mal fällt die Last von mir ab, die so tonnenschwer auf mir gelegen hat.
Vecna ist tot.
Das war's.
Wir haben es geschafft!
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Die Zeitreisende, Izzy & Eddie Part 2
FanfictionSPOILERWARNUNG! Wenn du den ersten Teil noch nicht gelesen hast, solltest du dies nachholen, bevor du dich Part 2 widmest! Nach den Ereignissen im Jahr 86 beschließt du nach Hawkins zurück zu kehren, um Geschehens rückgängig zu machen. Es gilt nun...