Du nimmst mit zitternden Hände das Glas entgegen, das Murray dir hinhält.
"Trink das, Kleine. Das beruhigt die Nerven",sagt er und stürzt den Inhalt seines Glases in einem Zug herunter.
Du betrachtest die klare Flüssigkeit und schwenkst das Glas geistesabwesend hin und her.
"Hey!",ruft Murray und beginnt vor deinem Gesicht mit den Fingern zu schnippen.
"Trink!",befiehlt er und du gehorchst.
Der Vodka brennt in deiner Speiseröhre und Wärme breitet sich in dir aus.
Du schließt die Augen und leerst das Glas.
"So ist's gut",sagt Murray und nimmt dir das Glas aus der Hand.
"Geh, und wasch dir die Hände, Mädel",sagt er.
Langsam, wie in Trance, legt sich dein Blick auf deine Hände.
Eddies Blut klebt an ihnen und sofort steigen dir Tränen in die Augen.
"Hey, nicht weinen! Deinem Freund geht es gut! Er wird schon wieder, mach dir keine Sorgen!",sagt Murray und du nickst kaum merklich.
Als du dich nicht rührst stöhnt Murray auf.
"Komm mit",sagt er und setzt sich in Bewegung, als du keine Anstalten machst ihm zu folgen, dreht er sich zu dir herum.
"Mach schon!",sagt er und du erhebst dich wie ferngesteuert.
Du folgst ihm zu einer Tür, die Murray für dich öffnet.
"Er müsste gleich aufwachen. Er wird sich sicher freuen, dich zu sehen, wenn er die Augen aufmacht",sagt er und deutet auf den Stuhl neben dem Bett, auf dem Eddie liegt.
Mit wackeligen Beinen setzt du dich und hörst, wie die Tür hinter dir ins Schloss fällst.
Deine Augen füllen sich mit Tränen.
Eddie liegt reglos da. Eine Decke bedeckt seinen nackten Oberkörper. Der Verband um seiner Schulter sieht professionell aus. Murray scheint zu wissen, was er tut.
Eddies Brust hebt und senkt sich unter seiner regelmäßigen Atmung. In den Spitzen seiner dunklen Locken klebt Blut.
Vorsichtig greifst du nach seiner Hand, verschränkst deine Finger mit seinen und beginnst haltlos zu weinen.
Du siehst auf, als Eddies Finger sich um deine schließen.
"Hey...",sagst du schnell und ringst dir ein Lächeln ab, während du mit der freien Hand die Tränen aus deinem Gesicht wischst.
"Du bist ja wach."
Es gelingt dir nicht, das Zittern in deiner Stimme zu verbergen.
Eddie öffnet seine Augen und sieht dich an.
"Hallo, Rotschopf",sagt er und du lachst tränenerstickt.
"Wieso weinst du denn?",fragt er und grinst gequält, "Ist wer gestorben?"
"Du bist nicht so lustig, wie du denkst",presst du hervor, bevor dir ein Schluchzer entfährt.
"Nicht, nicht weinen",sagt Eddie und stöhnt auf, als er versucht, sich aufzurichten.
Schnell erhebst du dich und setzt dich auf die Bettkante, legst eine Hand auf seine Brust.
"Bleib liegen, Eddie",sagst du heiser und legst lächelnd den Kopf schief.
Eddie hebt seine Hand und legt sie an deine Wange.
"Du bist wunderschön, selbst wenn du weinst",sagt er leise und du schließt deine Augen.
"Sieh mich an",sagt er und du öffnest sie wieder.
"Geht es dir gut?",will er wissen und du schmunzelst.
"Du bist der mit der Schusswunde und fragst mich, wie es mir geht?",merkst du an und Eddie lächelt.
"Muss sich ja gelohnt haben, das ich mich hab durchlöchern lassen um die Prinzessin in Not zu retten",sagt er aus zusammengebissenen Zähnen.
"Hast du Schmerzen? Soll ich Murray Bescheid sagen?",sagst du besorgt und Eddie schüttelt den Kopf.
"Nein, geh nicht weg. Bitte",sagt er.
Einen Moment lang seht ihr euch in die Augen, dann beugst du dich langsam vor und legst deine Stirn an Eddies.
"Es tut mir leid",sagst du traurig, "Ich hätte Jason nicht provozieren sollen."
"Warum hast du es getan?",will Eddie flüsternd wissen und seine Hand an deiner Wange vergräbt sich in deinen Haaren.
"Ich weiß es nicht...ich...",du schluchzt und Eddie streicht dir mit dem Daumen die Tränen aus dem Gesicht.
"Schon gut, Rotschopf. Ist okay. Es geht uns gut. Alles ist gut",sagt er und du nickst, presst deine Lippen aufeinander.
Nach dem ihr eine Weile geschwiegen und die Nähe des anderen genossen habt, drückt Eddie dich ein Stück von sich und sieht dich mit gerunzelter Stirn an.
"Sag Mal",sagt er und du legst den Kopf schief, "Wo sind wir hier eigentlich?"
Du kicherst leise.
"Bei Murray",sagst du und Eddie sieht dich noch immer fragend an.
"Er ist...oder war...Journalist. Schräger Typ, aber er hat ein gutes Herz",erklärst du und Eddie nickt.
"Hat mir das Leben gerettet, schätze ich",sagt er.
"Gut, das Joyce so geistesgegenwärtig war und ihn angerufen hat. Hätten wir dich in ein Krankenhaus bringen müssen, wärst du bereits in Untersuchungshaft",sagst du.
Eddie seufzt.
"Falls wir diese ganze Scheiße lebend überstehen, werden wir wohl für den Rest unseres Lebens auf der Flucht sein",sagt er traurig.
Du kommst nicht umhin, dich darüber zu freuen, das er von wir spricht. Auch wenn du weißt, das es nichts zu bedeuten haben muss.
Aber zumindest scheint Eddie noch zu hoffen, das auch du überlebst. Das konnte bedeuten, das für euch noch Hoffnung besteht. Nichts wünschst du dir in diesem Moment mehr, als das Eddie und du wieder zueinander findet. So wie in diesem Moment, in dem es sich beinahe anfühlt wie früher.
"Vielleicht kann uns Hopper helfen",sagst du hoffnungsvoll.
"Hoffen wir das Beste",sagt Eddie und sieht dich aufmunternd an.
"Ob sie uns dann einen anderen Spitznamen verpassen?",fragst du schmunzelnd und hoffst, das Eddie den Wink mit dem Zaunpfahl versteht.
"Gollum und Smeagol?",fragt er amüsiert und du lachst laut.
"Das wäre schon beinahe cool",sagst du kichernd.
"Du wärst Gollum. Dein Aggressionsproblem ist größer als meins",sagt Eddie, lacht und stöhnt sogleich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf.
"Stimmt überhaupt nicht! Du prügelst dich doch andauernd",sagst du neckisch.
"Dafür hast du diese unbändige Wut in dir, bei der ich mich immer frage, wo sie wohl herkommt",sagt Eddie und klingt ernst.
Du schweigst einen Moment, erwiderst Eddies stechenden Blick.
"Ich glaube, sie kommt daher, das ich der Teufel bin",sagst du so ernst wie du kannst und verziehst keine Miene.
Eddies Lippen formen sich zu einem breiten Grinsen.
"Scheiße ja, das bist du!",erwidert er und du lachst, verbirgst dein Gesicht in Eddies Halsbeuge.
Er streicht dir sanft über dein Haar und du schließt unwillkürlich die Augen.
Du hast seine Nähe so sehr vermisst, das dir beinahe Tränen in die Augen steigen, als du seinen Duft inhalierst.
"Fertig geschnüffelt?",fragt Eddie nach einer Weile und du kannst hören, das er lächelt.
Wiederwillig hebst du deinen Kopf und siehst ihn schmunzelnd an.
"Du riechst einfach viel zu gut",sagst du leise.
"Wonach rieche ich denn?",will er lächelnd wissen.
"Nach Gras, Zigaretten, Leder und ein wenig nach Esoterikladen",sagst du und beißt dir grinsend auf die Unterlippe.
"Esoterikladen?",fragt er lachend, gefolgt von einem gequälten Stöhnen.
"Okay, entschuldige. Ich höre auf witzig zu sein, damit du nicht mehr lachen musst. Denn so wie du immer guckst, tut das wohl ziemlich weh",sagst du und Eddie atmet schnaufend aus.
"Das ist es Wert",sagt er erstickt, "Es hat mir gefehlt, mit dir zu lachen, Rotschopf",fügt er liebevoll hinzu und dein Herz macht einen Salto.
Eddies Blick veranlasst deinen Puls dazu, sich augenblicklich zu beschleunigen und auch dein Atem geht schneller.
Eddie scheint es zu bemerken, denn er presst die Lippen aufeinander und wendet seinen Blick von dir ab.
Du seufzt leise, lehnst dich ein Stück zurück.
"Das hier fühlt sich an...,",flüsterst du und Eddie wendet sich dir zögerlich wieder zu, "...als könntest du deine Meinung über uns vielleicht doch eines Tages ändern",beendest du deinen Satz und siehst ihn aus traurigen Augen an.
"Vielleicht kann ich das auch. Eines Tages",murmelt er kaum hörbar und dein Herz setzt einen Schlag aus.
"Kinder! Essen!",hört ihr Murray rufen und ihr lacht laut los, woraufhin Eddie wieder schmerzerfüllt stöhnt.
"Komm schon, Munson",sagst du kichernd und richtest dich auf, "Hoch mit dir! Du hast lange genug faul herumgelegen."
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Die Zeitreisende, Izzy & Eddie Part 2
FanfictionSPOILERWARNUNG! Wenn du den ersten Teil noch nicht gelesen hast, solltest du dies nachholen, bevor du dich Part 2 widmest! Nach den Ereignissen im Jahr 86 beschließt du nach Hawkins zurück zu kehren, um Geschehens rückgängig zu machen. Es gilt nun...