Die Mission des Sandmanns (Teil 1)

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Dieser OneShot ist eine direkte Fortsetzung zu „Ein Brief für Santa der Boss". Der Zeitpunkt ist demnach kurz vor Weihnachten im Jahr 2018. Hier treffen wir nun auf den nächsten Wächter: Den Sandmann. Wie ihr im Titel sehen könnt, ist dies nur der erste Teil von „Die Mission des Sandmanns", der zweite Teil wird in Kürze folgen. Über Feedback in den Kommentaren würde ich mich freuen. :) Viel Spaß!



„Na schön." Mit einem Ruck riss ich die Blue-Ray aus Santas Hand und versuchte mir unter gar keinen Umständen anmerken zu lassen, dass ich mich tatsächlich darüber freute. Inception, der beste Film, der jemals produziert worden war. Endlich! Meine Sammlung füllte sich langsam. „Offenbar bleibt mir ja wohl gar keine andere Wahl, als dir zu helfen."

„Richtig." Santas Grinsen ging in seinem weißen Bart unter, aber ich wusste trotzdem, dass es da war. „Und wenn du es dir nochmal überlegst mit der Statistenrolle für mein Video, sag gerne Bescheid, Bruder."

Meine Augen verengten sich zu zornigen Schlitzen. „Wenn deine Musik gut wäre, würdest du mich gar nicht danach fragen. Ich würde deinen Scheiß nur aufwerten."

„Sagt der, dessen Musikvideo gar nicht mehr existiert", lachte Santa unbeeindruckt. Ich spürte, wie die Wut in mir anschwoll, und mein Kopf explodierte mit neuen Ideen für einen Disstrack gegen Santa; wie könnte ich ihn am besten zerstören, ihm zeigen, dass er nicht der Boss ist; das Weihnachten überhaupt nicht möglich wäre ohne meinen Traumsand... Doch Santa unterbrach meine zornigen Gedankengänge:

„Da gibt es noch etwas anderes, worüber ich mit dir sprechen muss. Sagt dir der Name Julien Bam etwas?"

Ich war so überrascht, dass ich für einen Moment nicht antwortete. Nie im Leben hätte ich erwartet, dass Santa mich nach Julien Bam befragen würde. Der Name sagte mir sehr wohl etwas. Bei ihm war mir in der letzten Zeit ein hohes Level an fremdbestimmten Albträumen aufgefallen. Also Albträume, auf die ich keinen Einfluss hatte. So etwas war schon seit Jahrzehnten nicht mehr vor gekommen.

„Lass mich raten: Durch ihn weißt du, dass der Mann im Mond stärker wird?"

„Er hat mir einen Brief geschrieben. Twitter wäre zwar einfacher gewesen, oder Insta. Aber gut..."

„Nicht jeder folgt dir auf Social Media", erwiderte ich mit hochgezogenen Augenbrauen. „Und heißt es nicht, dass die Kids dem Weihnachtsmann Briefe schreiben?"

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass er kein Kind mehr ist."

„Wie auch immer!" Ich schüttelte leicht ungeduldig den Kopf. „Julien Bam hat dir einen Brief geschrieben. Verstanden. Was stand drin?"

„Dass er Albträume hat, und dass sein Haus mit ihm redet." Santas Trockenheit kam bei diesem absurden Satz wieder besonders zum Vorschein.

„Das mit den Albträumen weiß ich", entgegnete ich, „Aber bevor du fragst: Ich hab damit nichts zu tun. Mir ist schon aufgefallen, dass diese Träume von irgendwo anders herkommen müssen."

„Aber nicht vom Typ da oben, oder?" Santa streckte demonstrierend den Finger zur Decke.

„Macht eigentlich keinen Sinn, oder?", stellte ich eine Gegenfrage. „Warum sollte der Mond Warnungen aussenden? Ich glaube nicht, dass er es für gut hält, dass wir jetzt davon wissen. Außerdem glaube ich nicht, dass seine Magie den Schutzschild durchdringen kann. Zumindest hoffe ich es."

Nachdenklich warf ich mir die Kapuze vom Kopf und lehnte mich in meinem Sessel zurück. Grübelnd tippte ich mir mit einer Hand gegen das Kinn.

„Irgendwie scheint Julien mit dem Mond verbunden zu sein. Oder mit uns." Ich hob den Blick zu Santa. „Du sagtest, das Haus redet?"

„Jup. Und andere Gegenstände um ihn herum wohl auch. Irgendwas läuft komisch bei ihm."

„Sehr komisch", stimmte ich zu.

Für einen Moment saßen wir in Schweigen gehüllt einfach nur da und grübelten. Die ganze Situation war überaus eigenartig. Allein die Tatsache, dass Santa bei mir Zuhause hockte und wir gemeinsam über ein Problem nachdachten... Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich mir das letzte Mal Gedanken über ein Problem gemacht hatte. Nie vermutlich? Und Santa erst. Der Macker ließ sich nie anmerken, dass er sich Sorgen machte. Und hier saß er, das Kinn auf einer Hand abgestützt und der Blick so konzentriert, dass ich mir nur ausmalen konnte, wie sich gerade die Zahnrädchen in seinem Kopf drehten. Ein höchst ungewöhnliches Bild. Dass in Santas Kopf auch noch etwas anderes existierte als Markenklamotten und Weihnachtslieder...

Verflucht, ich war mit meinen Gedanken abgeschweift. Ich hatte mich noch nie gut auf eine Sache konzentrieren können. Träume waren so viel angenehmer, da konnten so viele Dinge auf einmal passieren, ohne dass man verwirrt war...

Moment, war nicht genau das die Lösung? Träumen?

„Vielleicht ist es an der Zeit, dass ich Julien einen Besuch abstatte.", murmelte ich mit einem triumphierenden Schmunzeln.

Santa hob den Kopf. „Also das ist keine sonderlich geniale Erkenntnis."

„Nicht im Wachzustand, du Keck. Im Traum!"

„Und was soll das bringen, du Sandschieber?"

„Wenn ich einen seiner Träume mit erlebe, kann ich vielleicht besser verstehen, woher diese kommen, und was es damit auf sich hat. Ich hab das zwar schon seit Ewigkeiten nicht mehr gemacht – es ist immer kompliziert in ein anderes Bewusstsein einzudringen – aber ich krieg das hin."

„Also kümmerst du dich um seine Träume, und ich schau mir sein Haus genauer an. Morgen bin ich ja sowieso unterwegs. Aber verpass ja nicht deine Schicht! Das würde mir noch fehlen, wenn zu Heiligabend niemand schlafen würde."

„Ja, ja, krieg dich wieder ein. Du bist nicht mein Boss."

„Ich heiße nicht ohne Grund Santa der Boss. Und ich bin der Älteste." Santa erhob sich mit einem Augenzwinkern von seinem Stuhl, ergriff seinen Louis Vuitton Sack und flitzte hinüber zu meinem Kamin.

„Du weißt schon, dass du dir den Namen selbst gegeben hast, oder?", rief ich ihm nach, da rauschte er auch schon in einer roten Staubwolke durch den Kamin nach oben und verschwand. Kopfschüttelnd starrte ich noch für ein Weilchen zu dem Kamin, bevor ich den Blick abwandte.

Also gut. Ich musste mich darauf vorbereiten Juliens Träume zu besuchen. Eigentlich war es bescheuert, dass ich noch nicht früher auf den Gedanken gekommen war. Seit Monaten wunderte ich mich schon darüber, dass sich seine Träume völlig meiner Kontrolle entzogen. Ich hätte schon viel früher erkennen müssen, dass mehr dahinter steckte, als ein unruhiger Geist.

Der Gedanke, in seine Traumwelt einzudringen, beunruhigte mich schon ein wenig. Denn wenn diese wirklich durch eine andere Person gelenkt werden sollte – den Mann im Mond zum Beispiel – hätte diese Person völlige Kontrolle über alles, was darin passierte. Und damit auch darüber, ob ich für immer darin festhängen sollte.

Okay, ganz entspannt, Sandmann. Selbst wenn das passieren sollte, du hast auch noch ein paar Tricks auf Lager, die du nutzen könntest, um dich selbst zu befreien. Nicht ohne Grund bist du der König der Träume.

Ich atmete tief durch und erhob mich dann schwungvoll aus dem Sessel. Es war an der Zeit meine Traumskills auszupacken. In einen Traum einzufallen würde kein Kinderspiel werden. Dieses Mal musste ich meine Spontanität ablegen und mich gut auf die Mission vorbereiten.

Mit einem leicht mulmigen Gefühl im Magen wandte ich mich in Richtung meines Traumlabors. Bitte, lass das keine miese Falle vom Mann im Mond sein...

Der Mann im Mond kehrt zurück / JCU (Julien Bam)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt