Die Zahnfee und das Kind im Brunnen

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Dieser OneShot basiert auf der Theorie, dass Julia die (adoptierte) Tochter der Zahnfee ist. (Genaueres dazu findet ihr in den aktuellen Theorievideos von Broady auf YouTube.)

In „Der letzte Song aus der Bohne (Akt 1)" sagt Julia zu Ju und Joon: „Wegen entschuldigen, die Sache ist so: Als ich vier war damals, als mich das erste Mal jemand Julia genannt hat – keine Ahnung wieso, und ich weiß auch gar nicht mehr wer das war – auf jeden Fall bin ich da in einen Brunnen gefallen, so komplett mit Brennnesseln voll, und da ist so ein Mann aus dem Wald gekommen – ".

Dieser OneShot spielt zu der Zeit der vierjährigen Julia und beleuchtet, wie sich die ganze Situation mit dem Brunnen abgespielt haben KÖNNTE. Wie gesagt, alles bloß auf Basis einer Theorie. Viel Spaß damit! :)







Meine Magie hatte schon immer auf merkwürdige Art und Weise funktioniert. Nicht bloß einmal hatte ich mir dafür Sticheleien von meinen Brüdern anhören müssen. Ich hatte nie etwas auf ihre hämischen Worte gegeben. Doch heute war selbst ich über meine eigene Kraft verwundert.

Ich schlug mich durch den Wald, mit jedem Schritt entfernte ich mich weiter von der Zivilisation. Und mit jedem Schritt wurde ich verwirrter. Ich konnte es ganz genau spüren, meine Magie führte mich hierher. Hatte ich mir vielleicht den Kopf angestoßen? Oder spielte Sandmann ein kindisches Spiel mit mir, und das war bloß ein sehr real wirkender Traum?

Leicht den Kopf schüttelnd stapfte ich weiter. Ich war mit meiner Magie und meinem eigenen Verstand vertraut genug, um zu wissen, dass ich nicht träumte, und dass ich mir nichts einbildete. Irgendwo hier im Wald hatte ein Kind seinen Zahn versteckt, in der Hoffnung, dass ich ihn holen würde.

Trotzdem konnte ich nicht aufhören, mir den Kopf darüber zu zerbrechen. In all den Jahrhunderten, in denen ich Zähne sammelte, war ich immer bloß in den Behausungen der Kinder gewesen, und hatte ihre Zähne unter ihren Kopfkissen hervor geholt. Und jedes Kind kannte dieses Spiel. Bis jetzt.

Mein Zepter bahnte mir auf magische Art und Weise den Weg durch das Gestrüpp, die Dornen und die Brennnessel. Und das war auch gut so, denn es war tiefste Nacht, und nur das Licht des Vollmondes beleuchtete meinen Weg. Durch das Dickicht der Blätter konnte ich hin und wieder sein kaltes Antlitz entdecken. Mit gerunzelter Stirn fragte ich mich, ob er mich gerade beobachtete. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er mich wie ein Phantom verfolgte.

Ich schüttelte den Gedanken ab und fokussierte meinen Geist. Meine Magie pulsierte nun stark genug, sodass ich mir sicher war: Ich bildete mir nichts ein. Jemand hatte hier irgendwo seinen Zahn versteckt.

Meine Spannung stieg, aber auch mein Unbehagen. Was, wenn hier tatsächlich irgendwo ein kleines Kind umher lief, ganz allein, mitten in der Nacht? Laut meinem Gefühl war ich ganz in der Nähe.

Ich durchquerte einen besonders stacheligen Busch, der vor mir zurückwich wie ein verschrecktes Tier, und endlich fand ich mich auf einer Lichtung wieder. Das Licht des Mondes füllte die gesamte Fläche aus, und ließ meinen Mantel in hellem Weiß leuchten. Ich warf einen missmutigen Blick nach oben zum Mond. Mir gefiel nicht, wie sichtbar er mich werden ließ. Ich konnte seine bohrenden Blicke praktisch spüren.

„Wär' doch bloß Neumond", fluchte ich leise gen Himmel und wandte dann die Augen ab, um mich auf der Lichtung umzusehen. Erst jetzt entdeckte ich einen steinernen, maroden Brunnen in der Mitte der Lichtung, der wohl mal zu einer Hütte gehört hatte, von der aber nur noch lose Bretter und ein zur Hälfte stehender Steinofen übrig war. Mich wunderte schon ein wenig, dass sich heutzutage sowas noch mitten im Wald fand.

Der Brunnen war vollständig von Brennnesseln und anderem Gestrüpp umgeben. Wahrscheinlich war schon seit vielen Jahren nicht mehr Wasser daraus geschöpft worden. Möglicherweise war er auch schon längst ausgetrocknet.

Der Mann im Mond kehrt zurück / JCU (Julien Bam)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt