Zwischen Traum und Tod

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Ein neues Kapitel für euch, und das deutlich schneller als ich erwartet hatte. XD

Durch die Falle des Mondes (siehe Kapitel „Eine Falle für den Sandmann") steckt der Sandmann in einem unendlichen Nichts fest. Doch er bekommt unerwarteten Besuch...

Wie immer: Ich freue mich über eure Kommentare! <3



















Die Einsamkeit war eine Folter. Das schwarze Nichts machte mich wahnsinnig. Ich wusste nicht, wie lange ich schon in meinem eigenen Kopf eingesperrt war, doch es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Wenn ich wenigstens Träumen könnte, wäre das alles gar kein Problem – aber ich war nur umgeben von Schwärze. Die Träume um mich herum waren tot. Genauso wie der Osterhase.

Ich lag auf dem Rücken, wie so häufig, und starrte ins Nichts. In meinem Inneren war es leer, wie um mich herum. Ich war an einen Punkt gekommen, in dem ich mir einfach nur wünschte, tot zu sein. Denn eingesperrt zu sein in diesem Nichts, ohne Hoffnung auf Flucht, war schlimmer als der Tod es je sein könnte. Im Tod hätte ich wenigstens Frieden. Frieden vor mir selbst, vor meinen eigenen Gedanken und Gefühlen, die ich sich in mir aufstauten, da sie keinen Raum hatten, los gelassen zu werden.

Ich drehte mich auf die Seite. Ich wünschte mir, dass der Mann im Mond kommen würde und mich erlöste. Er hätte mich keiner schlimmeren Strafe aussetzen können, als dieser hier. Wo war er? Warum kam er nicht, und tötete mich? War sein Plan schief gegangen, und er war doch nicht auf die Erde gelangt? Oder fand er mich einfach nicht?

In meiner Einsamkeit wäre ich über jedes Gesicht glücklich, das ich sah. Sogar über seines.

Ich hatte viel Zeit gehabt, um über alles nachzudenken. Über mich. Über die Welt. Vor allem über meine Brüder. Ich vermisste sie. Alle vier. Und da war so viel Reue. Mein jüngerer Bruder war tot – was mit den anderen drein war, wusste ich nicht einmal. Vielleicht waren sie auch schon tot. Vielleicht hatten sie sich gegenseitig vernichtet. Vielleicht war ich dazu verdammt, auf ewig in dieser schwarzen Hölle zu verweilen.

Ich drehte mich auf die andere Seite. Wo ich auch hinblickte, da war nichts als Schwarz. Nichts als Nichts.

Ich wollte raus hier. Nichts sehnlicher wünschte ich mir, hier weg zu kommen.

Die Menschen sagten, es gab fünf Phasen der Trauer. Ich glaubte, ich hatte alle fünf bereits einmal durch gemacht. Vielleicht auch alle gleichzeitig. Manchmal wusste ich nicht, wann ich wütend war, und wann deprimiert, wann ich meine Situation akzeptiert hatte und wann ich sie leugnete. Ich versuchte in meinem Kopf eine Liste zu machen, um meine Emotionen festzuhalten, damit ich etwas zu tun hatte und nicht den Verstand verlor. Dabei hatte ich diesen vermutlich längst verloren.

Um was trauerte ich eigentlich? Um meine verlorene Freiheit vielleicht. Vielleicht auch um meine verlorene Familie. Natürlich um den Osterhasen, meinen Bruder. Er hatte versucht mich zu retten, in seinen letzten Momenten. Aber am meisten trauerte ich um meine Naivität. Wie ein Kind hatte ich nicht an Verlust und Tod geglaubt und war so in die Falle getappt. War ich in all den Jahrhunderten nicht erwachsen geworden?

Mama hatte immer gesagt, dass wir zu etwas bestimmt wären. Dass wir unsere Kräfte nutzen sollten, um den Menschen ein Licht in der Dunkelheit zu sein. Jetzt konnte ich jemanden gebrauchen, der mein Licht in der Dunkelheit war. Warum hatte Mama nicht daran gedacht? Wer kümmerte sich um uns, wenn alles schief ging? Was passierte, wenn wir verloren waren?

Mama, hast selbst du mich im Stich gelassen?

Nein. Ich habe dich im Stich gelassen. Ich weiß nicht einmal, ob du noch lebst. Also welchen Grund hättest du mir zu helfen?

Der Mann im Mond kehrt zurück / JCU (Julien Bam)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt