Der Mann im Mond kehrt zurück

406 21 45
                                    

Der Mann im Mond. Das letzte Kapitel.


















Die Arme vor der Brust verschränkt lehnte ich im Schatten eines Baumes, mit gutem Blick auf den Rest der Straße. Meine Augen waren zu Schlitzen verengt, während ich Julien fixiert hatte. Ich war ihm und Julia bis vor die Tür eines Wohnhauses gefolgt, mit genügend Abstand natürlich. Stirnrunzelnd beobachtete ich, wie die Haustür geöffnet wurde und die beiden mit einer kleinen, älteren Frau sprachen. Beim Anblick des Lächelns, das sich auf Juliens Gesicht bildete, während er mit der Frau sprach, verkrampften sich meine Hände zu Fäusten. Dann verschwanden sie im Inneren des Hauses und die Tür schloss sich wieder.

Frustriert atmete ich durch den Mund aus. Nichts wollte ich in diesem Augenblick mehr, als einfach in dieses Haus zu stürmen, und Juliens Genick zu brechen. Aber das ging nicht. Wenn ich nicht die Aufmerksamkeit meiner Brüder auf mich lenken wollte, musste ich Abstand wahren. Nichts war im Moment so schwer, wie Geduld zu haben. Aber es war der einzige Weg, um am Leben zu bleiben.

Gedankenverloren zog ich den leuchtenden Stein aus meiner Jackentasche und drehte ihn in meiner Hand. Für einen Moment stand ich unschlüssig da und starrte darauf herab.

Missmutig rieb ich die Backenzähne aufeinander. Ich musste mir eingestehen, dass es nichts brachte, Julien zu verfolgen, wenn ich mich ihm sowieso nicht nähern konnte. Wenn ich an ihn ran kommen wollte, musste ich herausfinden, wie ich meine Kräfte aus diesem verdammten Stein bekam. Das war die einzige Möglichkeit, um in jedweder Form erfolgreich zu sein.

Entschieden steckte ich den Stein zurück in die Tasche. Mit Schwung warf ich mir die Kapuze des dunkelblauen Mantels über, den ich von einer Wäscheleine geklaut hatte, und wandte mich ab, um davon zu gehen.

Erschrocken zuckte ich zusammen, als mir der Weg von einer Gestalt versperrt wurde – Oskar, der Maskenboss. Er grinste mich spöttisch an.

Ich hob die Hand zu meinem wild klopfenden Herzen.

„Bist du wahnsinnig?", zischte ich verärgert. „Musst du mich jedes Mal so erschrecken? Du wirst noch zur Zahnfee!"

Oskars Grinsen wurde breiter und innerhalb eines Wimpernschlages verwandelte sich seine Gestalt zurück in die dunkle Version des Sandmanns. Jetzt musste ich immerhin sein schadenfreudiges Grinsen nicht mehr sehen, da sein Gesicht wie der Rest seines Körpers vollständig vermummt war.

Kopfschüttelnd schritt ich an ihm vorbei und lief schnellen Schrittes über den Gehweg neben der Straße davon. Der Vermummte folgte mir.

„Du weißt aber schon, dass es mein Job ist, Leute zu erschrecken, oder?", spottete der Vermummte, als er zu mir aufholte.

„Aber nicht mich!", fauchte ich zornig. „Falls du es noch nicht mitbekommen hast, wir arbeiten zusammen!"

„Das hält mich nicht davon ab ein wenig Spaß zu haben", erwiderte der Vermummte mit seiner dunklen Stimme.

Ich warf ihm einen vernichtenden Seitenblick zu. „Du hattest deinen Spaß. Du hast dich in Julias Kopf gepflanzt."

„Ich hab mich nicht in ihren Kopf gepflanzt. Ich musste ihre Angst nur in ein paar Worten verpacken und schon hat sie getan, was nötig war."

„Nur leider lief es nicht so ab, wie ich wollte", schimpfte ich verbittert und stopfte die Hände in die Jackentaschen.

„Du hast die Zahnfee aus dem Weg geräumt, ist das nicht etwas?"

Ein unwohles Gefühl breitete sich in mir aus, als ich daran dachte. Meine Hände ballten sich im Inneren der Jackentaschen zu Fäusten. „Aber jetzt bin ich ständig auf der Flucht vor meinen Brüdern. Und in diesem verdammten Stein stecken immer noch meine magischen Kräfte."

Der Mann im Mond kehrt zurück / JCU (Julien Bam)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt