Seelennarben!

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Schwindelig zurückgerissen, von all diesen Gefühlen und Gedanken, war ich wieder in der Wirklichkeit. Ich hatte nicht mehr im Mund und lag stattdessen noch immer auf seiner Brust. Sein Herz überschlug sich nun fast und vor mir sah ich seine Shorts, die sich aufgebäumt hatte und das direkt vor meiner Nasenspitze. Das hätte aber verdammt ins Auge gehen können und ich wollte mir gar nicht ausmalen, was damit alles passieren hätte können, wenn wir nicht so abrupt aufgewacht wären. Stinksauer griff Haven neben sich und sah auf sein Handy fummelte an seinem Handy- Display. Es leuchte der Name SAM auf und wie eine Tarantel gestochen, schleuderte das Ding voller Wut direkt gegen die Wand. Ich erschrak. So aggressiv hatte ich ihn noch nie erlebt. Er ließ sich aufs Bett zurück fallen und starrte die Decke an. "Ist alles Ok?", fragte ich leise. Noch übellauniger sah er mich jetzt an, stand ruckartig auf und ging in Richtung Bad. „Haven?...Kann ich dir irgendwie helfen?" Ich saß komplett verunsichert und ängstlich auf dem Bett, aber er beachtete mich nicht mehr. Unheimlich wütend stampfte er in Richtung Bad, sah auf das was von seinem Handy übrig geblieben war, knurrte „Du hast mir schon genug geholfen. Ich geh jetzt duschen .....EISKALT!" und stampfte hinaus.

Was war das denn jetzt bitte gewesen? Was hatte ich denn getan? Seine Antwort hallte mir noch immer in den Ohren und kam ich mir irgendwie dumm und ausgenutzt vor. Warum hatte ich mich auch dazu überreden lassen? Wieso war ich bloß so weit gegangen? Ich war so dumm und vor allem so unerfahren. Das Rauschen im Badezimmer gab mir einen Ruck und nahm meine Klamotten, dass ich hier verschwinden konnte. So schnell wie es ging, zog ich mich an, nahm meine Sachen und die Unsicherheit die sich in mir anbahnte und verließ die Suite. Es war genau das gleiche Gefühl, das in mir hochkam, wie das damals, bei Paul. Dieser Mistkerl hatte mich im angetrunkenen Zustand dazu überredet, eine Ängste zu überwinden und einfach mal auszuprobieren, was andere Sexpraktiken betraf, wie der eigentliche Beischlaf. Es wurde zur Katastrophe. Ich wusste nicht was ich tun sollte und er ging kein Stück auf mich ein. Im Gegenteil. Dieser Arsch hielt mir sogar später noch vor, dass meine Unschuld ein Fluch für ihn wäre und ich sogar dazu zu dämlich sei. Er schubste mich ungehalten vom Sofa und stolperte torkelnd ins Bett, während ich am Boden saß und mir die Tränen liefen. Es war ein so schreckliches Gefühl gedemütigt zu werden und jetzt fühlte ich genauso. Ich fuhr mit dem Fahrstuhl in das untere Appartement, während mein Inneres mich zerriss. Paul konnte ich noch als arrogantes Arschloch abtun, aber wohin sollte ich Haven nun stecken? Warum tat mir gerade der Mann, für den ich sogar meine Vorsätze, mich nie wieder so fest auf Gefühle ein zulassen, so weh. Der Schmerz und die Liebe die ich trotzdem für ihn empfand, nahmen mir die Luft. Das Brennen in meinen Augen und meinem Hals steigerten sich und die einzige Frage die ich mir stellte war, ob Haven mich von hinten bis vorne belogen und verascht hatte. Warum hatte ich dummes naives Kind mich nur auf ihn und das alles eingelassen? Hatte ich nichts gelernt? Ich war so ein dilettantischer bekloppter Anfänger und wusste das. Ich war zu dumm einen Mann zu befriedigen. Warum hatte ich das bloß gemacht. Tränen überströmt und völlig aufgelöst schloss ich die Tür auf und setzte mich mitten in den Raum. Selbstzweifel und Hassgefühle überkamen mich und mit jeder weiterer Erinnerung, schaukelte ich mich selber hoch. Wie ein Kind, wog ich mich eng umschlugen hin und her, in der Hoffnung, dass es nur noch aufhören sollte. Ich wollte an all das nicht mehr denken und wollte aufhören Haven zu lieben. Mein Handy Klingelte. Ich erschrak und schaute auf die Anzeige. Es war Sam. Zitternd nahm ich ab. „Hallo Abbie, Sam hier! Ich hoffe ich hab euch nicht bei irgendwas gestört? Ich sollte nur Bescheid geben, dass wir früher heim kommen, als geplant! Clair' ist es zu kalt und sie fühlt sich nicht wohl!" Stille. „Hallo....Abbie...hallo....Bist du noch da?!" Geistesabwesend hörte sich seine Worte, aber konnte nicht antworten. Die Tränen kamen mir wieder und ich begann zu schluchzen. Sam rief noch mehrfach ob etwas passiert sei und warum ich so weinte, aber ich konnte keine Worte für meinen Schmerz finden. Er gab den Hörer weiter. „Abbie, ich bins Clair'! Beruhig dich und sag mir einfach was passiert ist!" Ihre Worte und die Stimme meiner Freundin brachten mir leichten Trost. Ich riss mich zusammen und fing an ihr zu erklären was vorgefallen war und wie ich mich jetzt fühlte. Was hat der getan? Ich, ich, ich bin fassungslos!" Clair' klang fast hysterisch und jetzt brach ich wieder in Tränen aus. Ich konnte nicht mehr sprechen und hörte nur wie sie Sam, sagte er solle sofort jemanden auftreiben der sie salieren könnte. „Abbie, Liebes, bleib da wo du bist, wir kommen gleich!", waren ihre letzten Worte und sie legte auf.

parallel Lost&Found! Band1 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt