Du musst dich nicht entscheiden! (Sebastian Sallow/OC Fanfiktion)

42.

Tap Tap Tap Tap. Schnell. Aufgeregt, ja schon fast hibbelig.

Ihre eiligen Schritte hallen von den Wänden wieder. Ihre Atmung geht synchron und laut.

Ruby und Sebastian laufen durch die Gänge des Schlosses, müssen diesem Wink folgen. Der Drang zu erfahren, was es damit auf sich hat, einfach unerträglich stark.

Die Blicke mit denen sie konfrontiert werden, lassen Sebastian weitestgehend kalt. Es ist ihm noch nie sonderlich wichtig gewesen, was seine Mitschüler über ihn denken. Außer beim Duellieren.

Ruby dagegen hat daran zu knabbern. Ist ihr das Getuschel vor knapp einer Woche noch wirklich egal gewesen, ist die Reaktion darauf jetzt umso stärker.

Es ist ihr bewusst, dass es seltsam erscheint. Sebastian und sie fehlen beide, hängen doch sowieso immer zusammen.

Natürlich weiß auch jeder, dass Jack ebenfalls dazu gehört, sein Fehlen und was es damit auf sich hat, aber mittlerweile auch in die letzte Ecke des Schlosses vor gedrungen ist.

Ihre Ohren erkennen einige Wortfestzen und halbe Sätze und ihr Schritt beginnt etwas ins stolpern zu geraten.

Sebastian rückt ein Stück weiter zu ihr, ihre Schultern berühren sich nun beim Laufen und seine Stimme beruhigt sie.

"Lass sie... Sie haben einfach keine Ahnung und deshalb urteilen sie. Wie immer, wenn Leute etwas nicht verstehen können oder wollen..."

Ruby sieht ihn von der Seite an und erkennt den Schmerz, den seine Züge angenommen haben. Ihre Gedanken schweifen zum letzten Jahr und sie versteht, was er ihr sagen will.

Ihn wollte und konnte auch fast niemand verstehen... Nicht in diesem Ausmaß.

Ihre Hand grapscht nach seiner und sie lächelt ihm kurz schief zu.

"Die wichtigsten Menschen tun es..."

In den nächsten Gang gebogen, rennt sie fast in jemanden hinein.

Dank der guten Reflexe von Sebastian allerdings, der sie mit einem Ruck zu sich zieht, fällt sie nur unbeholfen in seine Arme.

Ihr überraschter Laut wird von seiner Schulter gestoppt und von einem schmerzerfüllten Gemecker abgelöst.

"Aua! Sag mal, musst du so grob sein? Hättest du mich nicht auch anders ziehen können?"

Sie reibt sich ihre Nase, befühlt die Wurzel und ist froh, dass es wohl nichts weiter ist und auch nicht anfängt zu bluten.

"Du musst grad reden... Wenn du Hunger hast, hätten wir auch noch in der Küche vorbei gehn können. An meiner Schulter zu knabbern finde ich in dieser Situation etwas unpassend und..."

Ein Räuspern unterbricht Sebastian und die Beiden schauen umgehend zu der Person, die ihren kleinen neckischen Streit unterbunden hat.

Sebastians Brauen wandern nach oben, doch er sagt keinen Ton.

Rubys Hand klammert sich in Sebastians Pullover. Ihr Blick geht zur Seite und wirkt gekränkt.

Seit über einer Woche hat er nichts von ihr gehört oder gesehen. Wo mag sie untergekommen sein? Der einzige geheime Ort, den sie beide gemeinsam kennen und nutzen, ist die Krypta. Allerdings war dort niemand. Er erkundigt sich zwar dauernd bei den Lehrern, doch diese geben ihm keinerlei Informationen.

Seine Erinnerung holt ihn dadurch immer wieder ein. Das ganze Blut, die schmerzerfüllten Schreie und am Ende die gepeinigte Stimme voller Trauer. Dieser qualvolle Seelenschmerz der den Verstand übersteigt.

Auf dem Weg durch das Schloss, schnappt sein sensibles Gehör immer wieder die interessantesten Gespräche auf.

"Sie ist immernoch nicht im Unterricht..."