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Schimmernd. Leuchtend. Ein Wabern, welches munter vor sich hin funkelt.
Ruby und Sebastian rennen diesem Spiel in dem Nebel hinterher. Völlig euphorisch und gespannt, was sie vorhin entdeckt haben, lassen sie ihren Lungen keine Zeit zum Verschnaufen.
Immer näher kommen sie an den ehemaligen Trollverschlag, an dem der letzte Kampf stattgefunden hat.
Sebastian ist zwei Schritte vor ihr, den Zauberstab fest in der Hand. Weiß er nicht, ob noch oder erneut Gefahr drohen kann und ist sich darüber hinaus noch unsicher, was sie dort genau erwartet.

Professor Weasley hat schließlich mit einigen Helfern nach ihm gesucht.

Ruby ebenfalls unsicher, was dort auf sie warten könnte, bleibt trotzdem dicht an ihrem Freund dran. Unter keinen Umständen will sie einen von sich alleine in dieser Situiation lassen.
Endlich an dem äußeren Eingang angekommen, bleiben beide schlagartig stehen. Die Menge an Geröll wurde offensichtlich mehrmals bewegt, hier und da liegt noch ein verbrannter Inferikörper. Doch von ihrem Freund keine Spur.
Der Nebel allerdings verteilt sich über dem Gestein in einem großflächigen Kreis und bleibt in der Luft ruhen. Die einzelnen farbigen Linien darin zeigen keine Richtung an.
Sebastian blickt fragend in Ruby Augen, die ebenso zurück schauen. Er hebt seine Schulter und geht einen weiteren Schritt auf die Steinbrocken vor ihm zu.
Die Ohren der Beiden vernehmen nur Stille.
"Was sollen wir machen?" seine Stimme leise und angespannt.
Ruby lässt ihren Blick schweifen und ihr Herz wird erneut schwer. Was sollen sie denn hier? Hat sie doch wirklich fest daran geglaubt, dass sie Jack hier finden würden. Doch das Schlachtfeld ist bereits so zerrüttet und so oft umgewälzt worden, da kann er nicht mehr zu finden sein. Ihre Schultern beginnen zu beben, doch ihre Stimme ist klar und deutlich.
"JACK!"
Sebastian erschrickt sich kurz, als sie hinter ihm laut nach ihrem Freund ruft, doch auch sein Blick huscht eilig umher. Und nun beginnt auch er nach ihm zu rufen.
"Jack? Komm schon, Mann! Wir sind deinem Licht gefolgt! Wo steckst du denn?"
Immer wieder von Neuem versuchen sie ihr Glück mir seinem Namen - doch nichts.
Ruby geht weiter auf das Loch zu, an dem wohl die meisten Steine entfernt worden sind und richtet ihre Stimme zu Sebastian.
"War es hier? War dort die Höhle?"
Er tritt neben sie und legt ihre seine warme Hand auf ihre Schulter, nickt traurig.
"Ja.. Der Eingang war genau, wo wir nun stehen. Er hat uns praktisch rausgeworfen. Das Grollen, das kurz danach aus der Höhle kam... Es war absolut furchteinflösend. Und da brach schon alles in sich zusammen."
Ruby schüttelt ihren Kopf und hebt ihren Zauberstab nach oben. Er muss hier irgendwo sein!
"Accio, Jack!" ihre Verzweiflung hallt laut in ihrem Zauberspruch mit.
Beide haben ihre Augen und Ohren angestrengt, um nichts zu verpassen. Doch erneut geschieht nichts.
Um Fassung ringend, ruft Ruby von Neuem laut nach ihm. Ihre Stimme mittlerweile fast hysterisch, greift Sebastian nach ihr und zieht sie in seine Arme. Sie klammert sich fest an ihn und drückt ihren Kopf in seine Halsbeuge.
Sebastian legt sein Kinn auf ihrem Scheitel ab und seine Hände streichen ihr sanft über den Rücken. Ihre Stimme dringt gedämpft zu ihm hoch.
"Was soll das denn nur bedeuten...? Wenn wir ihn doch sowieso nicht finden können, warum sollten wir her kommen?"
Bevor er allerdings eine Antwort geben kann, dringt leises Gekicher an ihre Ohren.
Mit aufgerissenen Augen trennen sich die Beiden voneinander und starren sich ungläubig an. Synchron ihre Worte.
"Was war das?"
Und erneut kommt ein Kichern zu ihnen durch dieses Trümmerfeld.
Sebastian umfasst ihre Hand und zieht sie etwas näher zu sich. Seine freie Hand schützend um sie gelegt, die Andere seinen Zauberstab fest umklammert und erhoben.
"Sehr witzig... Wer ist da? Komm schon raus und zeig dich, du Witzbold!" stur blickt er umher.
Ruby lauscht ebenfalls, still und angespannt nach seiner Aufforderung.
Das Kichern wird lauter und es klingt wie ein Kind. Nein... Eine Mischung aus einem Kind und einem Erwachsenen? Völlig absurd...


"Ihr habt euch eine Menge Zeit gelassen..."

"Was? Zeit gelassen? Bei was denn?" Ruby ist völlig verwirrt.

"Eine Menge Zeit, bevor ihr nach eurem fehlenden Teil gesucht habt..."

"Unserem fehlenden Teil? Wer verdammt nochmal bist du denn überhaupt? Was soll das hier?" Sebastian ist wütend.

"Ihr kennt mich... Zum Teil. Verzeiht... Ihr gehörtet bis vor kurzem nicht zu meinen Kindern... Doch hat euer fehlender Teil mich mit euch geteilt... Wenn auch eher unbewusst... So kann dies auch nur durch wirklich aufrichtige Gefühle geschehen... Doch war ich noch nicht bereit, dies offen zuzulassen..."

"Hä?" Rubys geistreicher Kommentar erwirkt ein erneutes Kichern.
Sebastian lässt seinen Stab etwas sinken. Seine Stimme nicht mehr ganz so wütend.
"Soll das heißen, du bist die alte Magie, die jetzt mit uns spricht?"
Wieder Kichern. Doch diesemal scheint es viel näher zu sein.

"Du scheinst zu begreifen, Junge... Ja und nein... Lasst es mich so erklären... Ich bin ein Teil davon... Von allem... Und zur Zeit wache ich über euren Teil, der sich bereitwillig für euch geopfert hat... Er zeigte mir mehr als deutlich, dass er bereit war, sein Leben für eures zu geben... Deshalb wundert es mich, das ihr so lange gebraucht habt, um endlich zu mir zu kommen... Scheint er euch nicht so wichtig gewesen zu sein, wie ihr ihm... Oder wie darf ich euch verstehen?"

Sebastian fällt gerade aus allen Wolken.
"Ist das dein Ernst? Wir dachten, Jack sei tot! Begraben unter den ganzen Felsen hier! Wir haben getrauert und tun es noch immer! Wir haben ihn doch deswegen nicht weniger geliebt!"
"Du wachst über ihn? Das heißt er lebt? Wo ist er?" Rubys Stimme bebt.

"Er ist hier bei mir... Leben kann man es zu diesem Zeitpunkt aber so wie ihr es kennt nicht nennen... Und was eure Trauer angeht... Andere waren hier und haben ihn gesucht... Diese Fremden sind aber nicht so mit ihm verbunden, wie ihr es seid... Warum also musste ich euch erst her rufen...? Wenn ihr ihn doch immer noch liebt und nie damit aufgehört habt...? Was ist er euch wert...? Wenn man bedenkt, dass er euch mit mir und dieser Magie verbunden hat..."

Die Beiden sind geschockt. Das ist eine berechtigte Frage, wenn sie ehrlich zu sich sind. Doch Ruby versucht zu erklären.
"Du hast recht... Es war falsch, nicht nach ihm zu suchen... Doch beantworte mir eine Frage und bitte sei ehrlich... Kannst du wirklich und wahrhaftig lieben?"
Sebastian sieht seine Freundin mit gehobenen Augenbrauen an. Was will sie damit erreichen?

"Ehrlich und aufrichtig... Wie er dich in seinen Erinnerungen trägt... Und nein... Ich liebe nicht... Nicht wie ihr... Doch sind mir meine Kinder teuer... Deshalb sind wir hier..."

Ruby nickt dankend und fährt fort.
"Verstehe... Glaub ich. Wenn du weißt, was Jack wirklich empfindet, dann kannst du erahnen, was wir beide auch für ihn empfinden. Wenn ein Mensch einen anderen geliebten Menschen verliert, verschließt sich das zurückgelassene Herz aus Trauer, Kummer, Angst, Verzweiflung und noch so vielen negativen Gefühlen mehr. Die Seele leidet, der Körper fühlt sich absolut taub an. Niemand kann es wohl genau beschreiben, denn jeder Mensch auf dieser Welt ist einzigartig, leidet unterschiedlich. Doch genau das war es, was uns und besonders mich zurück gehalten hat. Es war falsch, ja. Aber dieser Schmerz war so unerträglich für mich. Zu wissen, dass er einfach weg ist und... Sebastian wollte noch in der selben Nacht suchen, doch ich war es, die ihn davon abhielt... Du kannst ihm das nicht zum Vorwurf machen! Wir haben beide einen Teil unseres Herzen und unserer Seele verloren und trauerten gemeinsam. Menschen haben so viele Gefühle und sind manchmal auch einfach damit überfordert. Wir haben Fehler... Aber eben diese machen uns doch zu dem was wir sind! Ich kann dir mit reinem Gewissen gegenüber stehen und dir sagen, dass ich Jack liebe! Ich war und bin bereit, alles für ihn zu tun! Doch genauso würde ich das für Sebastian hier tun! Keiner der Beiden ist mir lieber. Sind sie beide der größte Teil meines Seins. Als Jack plötzlich weg war... Sebastian war die Hälfte, die mir half, damit klar zu kommen. Auch er litt unter dem Verlust, leidet immer noch. Keiner von uns hat Jack vergessen oder wollte ihn vergessen. Im Gegenteil... Also sag mir... Wenn du auch mit uns verbunden bist... Erkennst du die Wahrheit? Denn die tragen wir in uns!"

Sebastian hat ihr seine Hand auf die Schulter gelegt, lauscht ihren Worten und ist ihr dankbar. Ihre Worte so offen und sie spricht auch ihm aus der Seele. Seinen Blick nimmt er von ihr und lässt ihn nach oben schweifen.
"Ruby! Da!"

Sie sieht ihn an und folgt dann seinem Blick. Ihre Augen werden größer. Der Nebel hat sich über ihnen zu einer schwebenden Gestalt geformt. Trotzdem nicht zu erkennen, was genau sie darstellt, aber sie haben einen Punkt, an dem sie sich orientieren können.
Die Beiden lächeln dieser Gestalt zu.

"Ich verstehe... Und ja, ich weiß um eure Gefühle... Auch wenn diese erst mit dem Verlust offenbart wurden... Du sagtest, du wärst bereit alles zu tun... Ist das der Grund, warum du dich für diese beiden geopfert hast...? Warum du nicht aufgegeben hast...? Der Schmerz war offensichtlich stark... Tun Menschen das aus Liebe...? So wie euer Jack...?"

"Ja... Menschen tun so einiges, wenn sie ehrlich und aufrichtig lieben... Am Ende sind sie bereit, ihr Leben für die Liebe zu geben..." Sebastians Stimme ist ruhig und leise. Doch so deutlich, dass es jeder verstehen kann.
Ruby ergreift seine Hand und lächelt ihm liebevoll entgegen.

"Würdest auch du dein Leben geben...? Für einen von diesen beiden...? Ich weiß, dass du einen dunklen Teil in dir verbirgst... Deine beiden verbundenen Teile dich allerdings im Licht halten... Auch mit unterschiedlichen Meinungen... Warst nicht du es, der euren Jack gequält hat...? Und doch empfindet auch er diese Liebe..."

Er wird bei dieser Frage blass und die Erinnerungen brechen über ihm zusammen. Die Hand, welche in seiner liegt entzieht sich ihm. Doch nur um im nächsten Augenblick an seinem Gesicht zu verweilen. Die grünen Augen so voller Liebe und die Stimme voller Güte.
"Wir alle haben Fehler gemacht... Aber sieh genauer hin! Sebastian hat auch sein Leben riskiert... Er mag vielleicht einen dunklen Fleck auf der Seele haben. Das ist uns allerdings egal! Denn wir wissen, dass der größte Teil von ihm gut und hell ist. Man kann die Vergangenheit nicht mehr ändern. Aber wir lernen aus ihr! Ständig und anhaltend, denn genau das ist es, wofür sie da ist!"
Ruby zieht ihn zu sich und gibt ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. Mit einem ehrlichen Lächeln dreht sie sich wieder zu der Nebelgestalt um.
Die bunten Linien erstrahlen nun ebenfalls um sie herum und lassen die Augen von ihr und Sebastian leuchten.

"Was würdet ihr mit eurem Jack denn tun, wenn er euch erneut begleiten könnte...? Würdet ihr etwas ändern...? Und wenn ja, was wäre das...?"

"Ich würde nichts ändern, wenn ich ehrlich sein soll... Ich wüsste nicht mal was?" Ruby denkt angestrengt nach.
Sebastian hingegen ist unsicher, doch muss er wohl ehrlich sein, wenn das hier vorwärts gehen soll. So fasst er sich ein Herz und antwortet aufrichtig.
"Ich wäre ehrlich zu ihm... Was das zwischen uns angeht. Ich bin zwar selbst noch unsicher, was das wirklich bedeutet, aber ich würde es ihm zeigen."
Rubys Blick wird größer und sie dreht sich freudig zu Sebastian um.
"Das würde ich ändern! Ich würde euch beiden unter die Arme greifen... oder eher in die Hintern treten! Tut mir leid, dass ich nicht gleich darauf gekommen bin..." verlegen lächelt sie ihm zu.
Kopfschüttelnd grinst er schief zurück.
"Wenn ich selbst vorher nichts wusste, wie hättest du es denn wissen können..."


Der Nebel entlässt erneut ein Kichern. Dabei leuchten die farbigen Linien grell und dringen in die jeweiligen Körper.

Mit Wucht werden Ruby und Sebastian von weiß und braun von ihren Füßen gefegt. Schwer schnaufend kommen sie auf dem Boden auf und haben die Augen geschlossen. Erinnerungen dringen in ihre Gedanken, lassen sie einen Teil von dem, was hier geschieht, verstehen.


Der Nebel lässt sie an Jacks Erinnerungen teilhaben.
Wie er sich ebenfalls mit diese Stimme unterhalten hat, während seinem Kampf mit Hector.
Er ging bereitwillig auf das Angebot ein, hat diese Kraft ihm doch wirklich einiges offenbart und ihn freiwillig beschützt. Ihn noch mehr unterstützt, als sonst.
Es blitzen kurze Bilder auf, in denen sie sich selbst beobachten können. Ihre Unterhaltungen, ihre Zusammenkünfte und die Intensität der Gefühle, die dabei entstanden sind.


"Euer Jack besaß als Einziger die Kraft, mit mir zu interagieren... Doch sind sein Herz und seine Seele mit dir verbunden gewesen, Mädchen... Und du bist wiederrum ebenfalls mit diesem anderen Jungen verbunden... Da ihr eure Seelen bereitwillig aufgeteilt habt, nutzte ich dies... Mein Kind wollte es... So ließ ich mich durch ihn in dich pflanzen... Die Aufsplittung in Menschen ist während ihrer Verbundenheit erstaunlich leicht... Und so konnte ich durch dich auch gleich in dem anderen Jungen verwurzeln... Auch wenn seine Seele sich am meisten dagegen gewehrt hat... Doch als dein Körper solchen Schaden erlitt, musste ich dich schützen... Da der Dritte ohne dich nicht bestehen kann... Wegen eurer Verbindung durch mich... Würde mein Kind sonst daran zerbrechen... Doch eure Hüllen sind zu schwach... Ihr brauchtet euren Jack zum Austausch... Aber wolltet diesem nicht nachgeben... Ich musste euch drängen... Ich entschloss mich, mich zu offenbaren... Aber nur mein Kind konnte die Verbundenheit erkennen... Ihr verwirrtet mich und doch akzeptierte ich euch... Ich lernte von euch... Bei euch müssen starke Gefühle hervor treten, damit ihr mich erkennen könnt... Auch dies habt ihr geschafft... Konntet meinem Weg zu eurem Jack so folgen..."

"Also hast du mir diesen Traum eingepflanzt? Als ich von Jack geträumt hatte?"
Sebastian sieht verdutzt nach oben.

Erneut dieses Gekicher.

"Nein, Kind... Eure Gefühle kann selbst ich nicht in diesem Maße beeinflussen... Das warst du selbst... Doch es ist mir durchaus dienlich, wenn auch du und euer Jack mich dirket unter euch austauscht... Ich kann euch nur anheizen, euch zu verbinden, wenn ihr Gefahr lauft, dass meine Kräfte euch aufzehren... Es interessiert mich, wie ihr euch entwickelt... Ich werde jedoch weiterhin über eure Verbundenheit wachen... Ich kenne die Entwicklung des Menschen... Dies ist bis auf weiteres allerdings hinderlich... Die Verbindung soll vorrangig nur euch dienen... Und somit mir..."


Ruby und Sebastian sehen sich an und ein Rotschimmer erscheint auf ihren Wangen. Hat ihnen diese Magie gerade erklärt, dass sie ohne Konsequenzen fürchten zu müssen, weiterhin zügellos miteinander...

Das Kichern schallt laut über ihre Köpfe hinweg.


"Das bedeutet es wohl... Kein Zauber könnte mich aufhalten... Sorgte dieser doch nur für meinen Ehrgeiz... Euer Jack hatte zu diesem Zeitpunkt allerdings keine Kontrolle über mich... War es meine Entscheidung... Ich erkenne, dass ihr aufrichtig seid... Wenn gleich auch noch so unerfahren... Jedoch ehrlich liebend... Auch ihr teilt nun meine Kräfte... Aber beherrschen lasse ich mich nicht von euch... Ihr werdet euch beweisen müssen... Da ich bei eurer Geburt gegen eine Verbindung zwischen uns war... Werde ich dies nun neu beurteilen... Dank meinem Kind, welches sich für euch opferte..."

Eine Stille legt sich über die beiden Freunde. Jeder hängt seinen verwirrten Gedanken nach.

Sebastian ergreift als erstes wieder das Wort.
"Wie können wir dir beweisen, dass wir Jack oder den Umgang mit dir verdient haben? Immerhin hast du selbst gesagt, dass wir uns zu viel Zeit gelassen haben..."
Ruby sieht von ihm zu dem Nebel. Eine berechtigte Frage, dachte sie doch, sie hätten es bereits vermasselt.

"Lasst mich weiter lernen... Ich werde euch gestatten, euren Jack zurück zu bekommen... War das letzte was er wollte, ihre beide..."

Ein Ziehen geht durch ihre Körper, als würde jemand einen Faden von seinem Pullover abreißen wollen. Dieser allerdings noch viel zu fest hängt.
Während sich die Beiden aufrichten entkommt ihnen ein Keuchen. Ist der Faden offensichtlich endlich gerissen.
Der Nebel wirbelt wild in sich umher, die unterschiedlichen Farblinien vereinen sich mit diesem und ein grelles Licht blendet die beiden Freunde.
Ihre Augen mit den Armen geschützt, erkennen sie fast nichts.
Als das Leuchten schwächer wird und sich auf einen kleinen Punkt am Boden konzentriert, blinzeln vier Augen dort hin.
Sebastian entkommt ein ungläubiges Schnauben, doch er bewegt sich vorerst nicht.
Ruby lässt ihre Hände an ihre Lippen wandern. Diese bebt verräterisch und ihr Wimmern klingt viel zu laut in dieser Szene.

Sein Körper liegt neben ihnen. Er sieht aus, als würde er einfach friedlich schlafen. Keine Wunden oder der Gleichen sind auf seinem Körper. Es scheint fast so, als sei er gerade erst frisch aus dem Schloss hierher gekommen.
Seine Haare etwas durcheinander, das Gesicht wirkt völlig entspannt und zufrieden.
Rubys Tränen entfliehen ihren Augen und sie rennt auf ihren Freund zu. Glücklich, ihn absolut unversehrt zu sehen.
Direkt hinter ihr Sebastian. Auch er wirkt erleichtert und unendlich froh.
Jeder von beiden zu einer Seite neben Jacks Körper auf den Boden gekniet, berühren ihre Hände seine Schultern.
Ruby richtet ihren Blick nach oben zu der Nebelgestalt.
"Was müssen wir tun? Ist er denn wirklich unverletzt? Er wirkt, als würde er nur schlafen..."

"Das tut er im Moment noch... Ich kann euch nicht sagen, wie ihr euren Jack aus dieser Starre holen könnt... Das müsst ihr selbst herausfinden... Ist es jetzt an euch, eure Treue zu ihm unter Beweis zu stellen... Sollte euch das allerdings nicht gelingen... Dann werde ich ihn mit mir nehmen... Ein für alle Mal... Er hat nicht verdient, allein gelassen zu werden..."

Sebastian lässt seine Augen über Jacks Körper wandern, um dann zu Ruby zu sehen. Ein sanftes Lächeln umspielt seine Mundwinkel.
"Heißt es nicht in Märchen, dass die Prinzessin durch einen Kuss geweckt wird? Du solltest es mal versuchen, Wildfang..."

Sie sieht ihn skeptisch an.
"Er ist doch keine Prinzessin... Und ich kein strahlender Held, Sebastian."

Mit einem leisen amüsierten Lachen antwortet er ihr.
"Nein natürlich nicht... Ich meine auch im übertragenen Sinne, Ruby. Du hast es bei mir damals auch geschafft, mich aus meiner Dunkelheit zu befreien... Auch wenn es bei ihm keine Finsternis ist, er muss wohl zu uns geführt werden. Einen Versuch ist es wert oder?"

Ihr Blick immernoch unsicher, sieht sie nun zu Jack. Sie schluckt hart und senkt dann ihre Lippen über seine. Leise haucht sie dagegen.
"Jack... Bitte komm zu uns zurück... Wir brauchen dich, du fehlst uns so sehr! Ich liebe dich! Immer!" und damit versiegelt sie ihre Lippen miteinander.

Er fühlt sich nicht kalt an. Bis auf die Tatsache, dass er sich nicht bewegt, ist es, als wäre er wirklich nur schlafend.
Als Ruby sich nach ihrem Kuss, in den sie alles an Liebe gesteckt hat, was sie aufbringen kann, von Jack erhebt - passiert nichts.
Ihre Finger gleiten sanft über sein ruhiges Gesicht, streichen die vorwitzige Strähne zur Seite, die ihm immer wieder nach vorne fällt und fleht ihn an.
"Jack bitte... Mach deine Augen auf..."

Sebastian legt seine Hand über ihre, sieht sie liebevoll an.
Und da macht sie große Augen. Erkenntnis flackert darin auf.
"Du bist dran! Vielleicht braucht er ja wirklich einen Helden...!"
Sein verwirrter Blick lässt sie schmunzeln.
"Ich werde ihm auch nichts verraten, sollte es klappen... Das ist deine Aufgabe! Sebastian... Wir haben so viel geteilt, denkst du wirklich, dass das etwas ändern würde? Ich nämlich nicht! Im Gegenteil... Vielleicht ist es genau das, was wir brauchen! Bitte... versuch du es!"
Kopfschüttelnd lehnt er sich etwas zurück. Ist er bereit dazu? Seine Freundin steht zu ihm, egal was passiert. Dessen ist er sich absolut bewusst. Doch auch wenn er diese Gefühle offen zu lässt bedeutet das noch lange nicht, dass ihr Freund hier vor ihnen, diese ebenfalls hat oder sie zulassen würde.
Ein tiefes Seufzen entkommt seiner Kehle und sein Blick legt sich in die grünen Augen ihm gegenüber. Ihr Blick so voller Vertrauen und Liebe, dass ihm ein kurzes Lächeln entwischt.
Erneut wandern seine Augen zu der schlafend wirkenden Gestalt vor ihm und er schließt diese ergeben. Seinen Kopf zu dem am boden Liegenden geneigt, senkt er seine Lippen zaghaft auf die seines Freundes. Kurz danach lehnt er seine Stirn gegen die von Jack und flüstert ihm zu.
"Komm schon, Mann... Ich mach mich hier echt zum Fwuuper für dich... Wir sind ohne dich aufgeschmissen! Wir lieben dich beide, also mach bitte endlich die Augen auf, ja?"
Ruby umfasst Sebastians Hand, die auf Jacks Brust zum Liegen gekommen ist und mit der Anderen greift sie die von Jack neben seinem Körper.
Ihre Gedanken bei den beiden jungen Männern vor ihr, wie sehr sie die beiden braucht, vermisst und liebt.
Das entfernte Kichern umhüllt ihre Körper und der Nebel senkt sich behutsam auf ihnen nieder.

"Meine Kinder... Ihr sollt weiterhin vereint bleiben... Verbunden bis zum endgültigen Ende... Ihr werdet mit mir wachsen... Ich werde euch begleiten... Euch behüten... Dafür sorgen, dass ihr euch auf das vorerst wichtigste fokussieren könnt... Ich werde immer da sein... Passt auf euch auf...!"

Der Nebel verschwindet und das Kichern nimmt ab, verstummt ganz plötzlich.
Die Beiden sehen sich verunsichert an, bis ein leises Keuchen unter ihnen ertönt.


Er blinzelt mehrmals, seine Augen klären sich viel zu langsam auf.
Verwirrt blickt er umher, bis er etwas erkennen kann.
Braun und Grün. Seine Iriden wechseln schnell zwischen diesen beiden Farben hin und her.
Seine Hand greift nach seinem Kopf. Das Dröhnen darin unfassbar laut.
Er will seinen Körper aufrichten, doch weigert sich dieser zum jetzigen Zeitpunkt, auch nur einen weiteren Muskel zu rühren.
Seine Stimme kämpft sich kratzend und rau aus seinem viel zu trockenen Hals. Löst die klebrige Zunge von seinem Gaumen.
"Was macht ihr hier? Ihr solltet doch abhauen!"
Sein Körper wird von vier Armen so heftig und fest umschlungen, dass es ihn schmerzt.
Noch verwirrter als vorher, wird seine Stimme brüchig.
"Was ist denn in euch gefahren? Ihr tut mir weh..."
Rubys Schluchzen lässt seinen tauben Körper beben und Sebastian scheint die Taubheit mit Gewalt aus ihm vertreiben zu wollen.
Ihre Stimmen dringen in seine Ohren, lassen ihn trocken schlucken. Scheint sein Gehör noch nicht richtig zu funktionieren. So gequält und gleichzeitig erleichtert die Stimmen seiner Freunde. Mit seinem Namen zeitgleich auf ihren Lippen.
"JACK!"

Du musst dich nicht entscheiden! (Sebastian Sallow/OC Fanfiktion)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt